28 - Im Lande des Mahdi II
fliehe, hast du erfahren; du kannst dir also denken, daß ich auch vor diesem deinem Entsetzen nicht davonlaufe. Dein Sohn mag kommen; er wird sehen, wie ich ihn empfange.“
„Er wird dich ebenso verbrennen, wie er den Emir mit Feuer vernichtet hat!“ Es läßt sich denken, welchen Eindruck diese Reden auf die Asaker machten. Ihr Emir verbrannt, mit seinen Soldaten ermordet! Sie sprangen auf und fielen mit Fragen über mich her. Ich gebot Stille und fügte hinzu:
„Ihr sollt alles erfahren, und ich will euch schon im voraus sagen, daß ihr ruhig sein könnt. Der Triumph dieses heiligen Moslem wird nicht lange währen. Ich ritt fort, um den Raïs Effendina zu retten, und was ich mir vorgenommen habe, das pflege ich, zumal wenn es etwas so Wichtiges ist, auch auszuführen. Der Emir lebt; er ist gerettet.“
„Allah sei Dank!“ erklang es rundum.
Abd Asl aber rief: „Er lügt! Er will uns unserer Freude verkümmern; aber das soll ihm nicht gelingen. Er gönnt uns unsern Jubel nicht; aber wir werden weiter jubeln, bis der Retter erscheint, welchen wir alle Augenblicke erwarten können!“
„So warte, bis du schwarz wirst und dir das sündige Fell im Grimm der Enttäuschung zerplatzt!“ rief ihm Ben Nil zu. „Du wirst sogleich hören, ob unser Effendi seine Ohnmacht hat einsehen und seine Lächerlichkeit hat erkennen müssen! Hört, ihr Männer, ihr Asaker des Emirs; der Effendi wird sprechen!“
Aller Augen waren auf mich gerichtet. Es gab keinen, bei den Asakern sowohl wie auch bei den Gefangenen, der sich nicht in der größten Spannung befand. Die Sonne versank soeben; es war also Zeit, daß Mogreb zu beten; aber niemand dachte an die Erfüllung dieser Pflicht. Ich erzählte, und zwar berichtete ich alles ausführlich bis zum Augenblick, an welchem wir drei die Flucht von der ‚Eidechse‘ ergriffen hatten. Bis hierher konnten, ja sollten die Gefangenen alles hören; das Spätere mußte ihnen verschwiegen bleiben. Hätten sie erfahren, welche Falle ich Ibn Asl stellen wollte, so konnte es ihnen durch irgendeinen Zufall gelingen, mir meinen Plan zunichte zu machen. Man bestürmte mich zwar, weiter zu erzählen, doch tat Ben Nil dem Drängen Einhalt, indem er sagte:
„Seid still! Ihr habt für heute genug erfahren. Der Emir ist errettet; wir waren bei Ibn Asl auf seinem Schiff; er hat uns erkannt und in Banden geschlagen; mehr als hundert Männer waren bei ihm, dennoch sind wir entkommen. Als wir im Boot nicht weit von der ‚Eidechse‘ hielten, konnten wir ihn leicht erschießen. Wir haben es nicht getan; wir sind noch einmal gnädig mit ihm gewesen. Aber wehe ihm, wenn er sich wieder treffen läßt!“
„Aber was geschah dann, als ihr vom Schiff wart?“ fragte wieder einer. „Was habt ihr dann gemacht? Wo ist dein Großvater, der Steuermann, der doch bei euch war?“
„Deine Neugierde ist viel größer als mein Mund; dennoch will ich versuchen, sie zu befriedigen. Wir sind natürlich in dem Boot nach Hegasi gesegelt und von dort mit unsern Kamelen hierher geritten. Mein Großvater aber ist in Hegasi geblieben, um dort unsere Rückkehr zu erwarten.“
„Und der Raïs Effendina? Wo befindet er sich?“
„Auch in Hegasi, denn dorthin werden wir ihm diese Gefangenen liefern.“
„Warum hat er uns keine weiteren Asaker mitgesandt?“
„Weil, du Vater der Neugierde, keine Kamele zu haben waren, und weil wir Manns genug sind, diese feigen Kröten hier zu transportieren. Abd Asl aber, der heiligste der Moslemin und die häßlichste der Kröten, mag nun fortfahren in dem Jubel, welchen er vorhin anstimmte und in dem er sich nicht unterbrechen lassen wollte!“
Das hatte Ben Nil nicht schlecht gemacht! Er hatte die Neugierde vollständig gestillt, ohne unsere weiteren Absichten auch nur mit einem Wort zu verraten. Es war jedenfalls besser, wenn selbst die Asaker noch nichts erfuhren. Eine unvorsichtige Äußerung, von einem Gefangenen gehört, hätte uns Schaden bringen können. Übrigens waren die ersteren froh, daß ich mich wieder bei ihnen befand. Sie hatten doch eine große Verantwortlichkeit zu tragen gehabt, und der alte Askari holte tief und erleichtert Atem, als ich ihm sagte, daß er nun nichts mehr zu verantworten habe. Ebenso befriedigt war der Fessarahführer davon, denn bei jedem vorkommenden Fehler hätte er auch einen Teil der Schuld auf sich zu nehmen gehabt.
Ich gab die Reihenfolge der Wachen an und legte mich dann zum Schlafen nieder. Ben Nil tat ebenso, obgleich es noch
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