28 Minuten
dich zu sehen. Wenn du nicht am Arsch der Welt wohnen würdest ...«
»Fick dich, komm mir nicht mit deinen Entschuldigungen, außerdem gefällt’s mir hier. Du kannst ja mit dem ganzen liberalen Gesocks in Steuerchusetts bleiben.« Joel verknautschte sein Gesicht zu einer übertriebenen Schau des Ekels und schnupperte. »Was ist denn das für ein Gestank? Ach ja, der Gestank des liberalen Drecks an deinen Hacken.«
Er lachte auf und streckte die Hand aus. »Wie geht’s dir, Mann?«
»Könnte besser sein.« Dan schüttelte Joels Hand und hatte das Gefühl, in einen Schraubstock geraten zu sein.
Joel Kasner stand da wie ein Hahn mit herausgedrückter Brust. Mit seinen großen Ohren, den kleinen glasigen Augen und dem dünner werdenden Haar sah er beinahe aus wie eine Zeichentrickfigur. Er deutete auf Dans Aktentasche. »Was hast du denn da?«, fragte er. »Das Geld, das du beim Backgammon gegen mich verlieren wirst?«
»Zeig ich dir nachher. Wie läuft’s bei dir?«
»Was glaubst du? Scheiße. Und selbst?«
»Wahrscheinlich noch beschissener.«
»Klar, verstehe«, sagte Joel und sein freches Grinsen verblasste. »Ist bestimmt schlimm. Tut mir leid, Mann, meine Ausgaben sind wenigstens übersichtlich, und meine Kinder sind alle volljährig und ich muss ihnen keine Kohle mehr in den Arsch schieben. Komm jetzt, das Spiel ist schon aufgebaut. Zeit, dich abzukassieren.«
Dan folgte Joel ins Haus. Es sah aus, als stamme die Einrichtung ausschließlich von Flohmärkten. Kein Möbelstück passte zum anderen, und alle sahen abgenutzt und heruntergekommen aus. Ein paar Waffenzeitschriften lagen auf dem Sofa herum.
»Wichst du mit denen?«, fragte Dan und zeigte auf die Magazine.
»Fick dich. Lass uns spielen.«
Auf einem kleinen Plastiktisch in der Küche stand ein Backgammonspiel. Joel öffnete den Kühlschrank und nahm zwei Flaschen Budweiser heraus. »Willst du eins?«, fragte er.
»Klar.«
»Einen Dollar«, sagte Joel und streckte die Hand aus.
»Ich soll es dir bezahlen?«
»Warum nicht? Ich hab schließlich auch dafür bezahlt. Und du hättest ja dein eigenes Bier mitbringen können, Arschloch.«
Dan verkniff sich zu sagen, wo Joel sich sein Bier hinschieben konnte, und vergegenwärtigte sich stattdessen, weswegen er hergekommen war, dann reichte er Joel einen Dollar und nahm eine der Flaschen. Sie setzten sich an den Tisch und würfelten, um festzulegen, wer beginnen sollte. Mitten im Spiel bekam Joel eine Zahl nicht, die er brauchte. Er starrte zur Decke und hob die Faust. »Verfickter Scheißkerl« , fluchte er. »Du gönnst mir nicht mal einen vernünftigen Wurf, was?«
»So ist das nun mal, Joel.«
»Fick dich und würfel selbst.«
Zwei Runden später hatte Joel einen Eins-zu-sechsunddreißig-Volltreffer, der ihm einen entscheidenden Vorteil verschaffte. Er lehnte sich zufrieden auf seinem Stuhl zurück. »Um was spielen wir, fünf Mäuse pro Punkt?«
»Vergiss es. Einen Vierteldollar, wie immer. Und wenn du wirklich so scharf drauf bist, den Einsatz zu erhöhen, dann nimm doch den Verdopplungswürfel!«
»Mach ich vielleicht auch.« Joels hartes Grinsen wurde etwas weicher. »Also, erzähl mal, wie läuft die Arbeitssuche?«
»Nicht gut.« Dan machte eine Pause und ließ seinen Blick in eine Ecke des Zimmers wandern. Als er ihn wieder auf Joel richtete, grinste er, aber es war nur eine leblose Grimasse. »Mein ganzes Arbeitsleben hindurch gab es immer Programmierer, die älter waren als ich. Aber wenn ich jetzt Gespräche führe, ist da niemand mehr älter als fünfunddreißig. Sie löchern mich über Programmierelemente, die es vor fünf Jahren noch gar nicht gab, und betrachten meine sechsundzwanzig Jahre Erfahrung als Witz, weil die Programmiersprachen heutzutage überflüssig sind. Diese Schweine geben mir mit achtundvierzig das Gefühl, steinalt zu sein. Was weiß ich, vielleicht stimmt das auch.«
»Ach, Unsinn, Mann. Ich hab schon die Hälfte meines JAVA -Kurses abgeschlossen, und ich verspreche dir, wenn ich das Zertifikat habe, krieg ich auch wieder Arbeit!«
Dan wollte etwas sagen, schloss aber stattdessen den Mund. Sie saßen schweigend da und spielten zu Ende. Als sie die Steine für das nächste Spiel aufbauten, schaute Joel seinen Freund müde an. »Wie schlimm ist es?«, fragte er.
»Schlimm«, sagte Dan. »Ich habe schon meine Altersvorsorge aufgebraucht, und was Carol verdient, reicht vorne und hinten nicht.«
»Ist doch deine eigene Schuld! Wer hat dich drauf gebracht,
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