28 Minuten
anzulügen, Dan. Das ertrage ich nicht.«
Dan setzte sich ihr gegenüber. Er konnte es nicht ertragen, den Schmerz in ihren Augen zu sehen. Er konnte bloß sein Gesicht in den Händen vergraben. »Wir hätten das Haus verloren. Wir hätten alles verloren, was wir hatten.«
»Also hast du eine Bank überfallen. Du hast ein Mädchen umgebracht. Dan, sie war erst zwanzig!«
»Dreiundzwanzig«, korrigierte Dan.
Carol starrte ihn mit offenem Mund an.
»Niemand sollte zu Schaden kommen«, beeilte Dan sich zu sagen. »Gordon ist durchgedreht. Ich konnte nichts machen.«
Sie saßen schweigend da. Dan fiel nichts mehr ein. Er konnte bloß warten, bis Carol etwas sagte.
Schließlich tat sie das. »Verschwinde. Ich will dich nie wieder in meiner Nähe sehen, oder in der Nähe der Kinder.«
»Carol, ich liebe dich.«
»Ich liebe dich vielleicht auch noch, Dan. Da bin ich mir nicht sicher. Aber ich kann dich nicht in der Nähe meiner Kinder ertragen.«
»Bitte, ich musste es tun.« Er zwang sich, sie anzusehen. »Ich werde blind.«
»Was?«
»Ich habe Retinitis pigmentosa. Noch ein Jahr, und ich werde blind sein.«
»Mein Gott! Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«
»Du hattest schon genug Sorgen. Wenn ich Arbeit gehabt hätte, hätte ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung gehabt, um dich und die Kinder zu versorgen. Aber was sollte ich ohne machen? Sollten wir alle auf der Straße enden?«
»Wir hätten es schon geschafft.«
»Wie? Mit Sozialhilfe? Irgendwo in einem Wohnblock?«
»Wir hätten es geschafft«, wiederholte sie stur. »Dan, jetzt ist es zu spät, das in Ordnung zu bringen. Du kannst nichts tun, außer zu gehen.« Sie machte eine Pause. »Ich werde der Polizei nicht sagen, was ich weiß, aber du musst gehen.«
Dan starrte sie hilflos an. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber er wusste, es würde nichts bringen, mit ihr zu streiten.
»Lass mich dir wenigstens das Geld geben«, sagte er.
»Wag das ja nicht.«
»Mein Gott, Carol ...«
»Geh einfach, bitte.«
»Was willst du den Kindern sagen?«
»Ich lasse mir etwas einfallen.«
Dan dachte darüber nach, wie er sie umstimmen konnte, wusste aber letztlich, dass ihm nichts einfallen würde. Er stand auf, ging langsam davon, schaute noch einmal zurück zu seiner Frau, dann verließ er das Haus.
Resnick gefiel es nicht, wie die Dinge standen. Er hatte keine konkreten Beweise gegen Wilson und er würde es nicht riskieren, die Frau und die Kinder des Kerls massakrieren zu lassen, nur um ihn reinzulegen. Er steckte in der Klemme, und das konnte er nicht leiden.
Er bedeutete dem Barkeeper, dass er noch einen Bourbon wollte. Nachdem er den gekippt hatte, traf er eine Entscheidung. Er stieg von seinem Hocker, legte zwanzig Dollar auf die Theke und verließ die Bar.
Er hatte keinen richtigen Plan, als er sich auf den Weg zu Wilson machte, aber irgendwie würde er schon zu dem Kerl durchdringen. Und wenn er ihn an Mary O’Donnells Krankenbett zerren musste, er würde es ihm begreifbar machen.
Als er Wilsons Haus erreichte, öffnete dessen Frau die Tür. Sie sagte ihm, ihr Mann sei nicht zu Hause, und sie würde ihn in der nächsten Zeit auch nicht zurückerwarten.
»Warum das?«, fragte er.
»Eine persönliche Angelegenheit zwischen uns beiden. Nichts, worüber ich reden möchte.«
Resnick zögerte, dann fragte er, ob er hereinkommen könne.
»Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
»Bitte, geben Sie mir bloß ein paar Minuten.«
»In Ordnung, ein paar Minuten.«
Sie versuchte zu lächeln, als er hereinkam. Vielleicht versuchte sie aber auch nur nicht zu weinen. Resnick konnte es nicht sagen.
Er stand im Wohnzimmer und wartete, bis sie auf dem Ecksofa Platz genommen hatte, dann setzte er sich ihr schräg gegenüber.
»Das Haus scheint nicht gerade billig gewesen zu sein. Und die Wohngegend ist es wohl auch nicht.«
Carol antwortete nicht. Sie hatte die Hände fest zusammengepresst und mühte sich, Haltung zu bewahren.
»Als Ihr Mann seine Arbeit verloren hat, muss Sie das finanziell schwer getroffen haben«, sagte er.
Sie nickte und biss sich auf die Lippen. »Ich habe mir Arbeit gesucht. Dan hatte einzelne Aufträge. Es war in Ordnung.«
»Haben seine Aufträge so viel eingebracht, wie er vorher verdient hatte?«
Sie schüttelte den Kopf.
Resnick holte tief Luft und stieß den Atem langsam aus. Er hasste sich für das, was er tun würde, aber er hatte keine Wahl. Er reichte ihr dieselben Tatortfotos von Mary O’Donnell und
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