280 - Der Untergang Washingtons
seinen Körper durchlief: die Endorphine, die Crows Gehirnzellen ausschütteten. Doch ihrer Wirkung konnte er sich nicht entziehen. Unwillkürlich spannte er die Gesichtsmuskeln an.
Und lächelte.
»Machen wir uns an die Arbeit!«, sagte er und wunderte sich über die Leichtigkeit, die seiner geliehenen Stimme innewohnte. So hatte sie noch nie geklungen.
Zuvor müssen wir erst aufräumen! , sagte Crow. Niemand darf uns entdecken, bevor das Werk vollbracht ist.
Kroow, jetzt mehr Einheit als je zuvor, überlegte einen Moment, die vier Jungen an seinen Tentakeln über den Lagerplatz zu dirigieren. Doch das hätte zu lange gedauert, und so ging er selbst ans Werk. Seine Fangarme glitten durchs Gras wie ein auseinanderrollendes Schlangenknäuel. Jedes noch so kleine Teil, ob Essensrest oder Flaschenverschluss, sammelte er ein und verstaute es in Justins Buggy. Über die Feuerstelle schob er feuchtes Erdreich. Zuletzt brachte Kroow noch einen Baum zu Fall, ließ ihn quer über den Lagerplatz stürzen und verdeckte so die letzten Spuren. Dann packte er die Jungen und den Wagen und stampfte davon.
Sie hatten so große Pläne gehabt, die Kids aus Waashton. Wollten ihr Leben genießen, die Welt verbessern. Mutig sein, und stark. Unauslöschliche Spuren hinterlassen im Sand der Zeit.
Oh, Spuren würden sie hinterlassen, ohne Zweifel. Aber in einem neuen, gänzlich anderen Leben…
***
Captain Tremonti arbeitete noch, als draußen vor der Baracke ein Militärfahrzeug hielt. Die Wachmannschaften rings um Spooky Pines wurden alle drei Tage abgelöst, und das Pentagon erwartete jedes Mal einen schriftlichen Rapport. Tremonti hasste Schreibkram. Deshalb reagierte er gelassen, als Sergeant Huntley ohne anzuklopfen eintrat.
»Sir!« Huntley salutierte flüchtig. »Wollen Sie mal eine richtig abgedrehte Geschichte hören?«
»Wenn es sich vermeiden lässt: nein.« Tremonti lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er gähnte verhalten. »Na, schön, Huntley - schießen Sie los!«
»Danke, Sir! Also. Ich war mit Bravo Drei auf dem Weg nach Hollow Creek, um die Spätschicht abzulösen. Wir waren noch etwa zehn Klicks(Militärjargon: Meilen) entfernt, als uns jemand vors Fahrzeug lief.«
»Ist er tot?« Tremonti fuhr hoch.
»Nein, nein.« Der Sergeant winkte ab. »Er ist auch kein Er . Wir haben da oben eine Streunerin aus Waashton aufgegabelt. Sir, Sie werden es nicht glauben: Sie will dem Monster begegnet sein, das sich in Spooky Pines herumtreibt.«
»Waas?« Tremonti sprang auf, kam hinter dem Schreibtisch vor. Im Vorbeigehen nahm er seine Waffe an sich. »Wieso sagen Sie das nicht gleich, verdammt? Und warum grinsen Sie so idiotisch?«
»Das Monster ist angeblich ein Tentakelmann!« Huntley bemühte sich krampfhaft um eine ernste Miene.
Captain Tremonti stoppte mitten in der Bewegung.
»Ein Tentakelmann«, wiederholte er gedehnt.
Huntley nickte. »Jawohl, Sir. Das Mädchen sagt, es hätte sich mit Freunden zum Grillen getroffen…«
»Im Sperrgebiet ?« Eine steile Falte bildete sich zwischen Tremontis Brauen.
Der Sergeant hob die Schultern. »Ich hab mal davon gehört, dass es eine Art Mutprobe für die Kids sein soll.«
»Es ist eine Art exorbitanter Schwachsinn !«, verbesserte der Captain. »Ich will die Namen aller Beteiligten!«
»Die rückt sie nicht raus, Sir. Hat wohl Angst, wir würden sie bestrafen.«
»Worauf sie sich verlassen kann.« Grimmig setzte sich Tremonti in Bewegung. »Wo ist das Mädchen jetzt?«
»Draußen, im Wagen.«
»Folgen Sie mir, Sergeant!«
Der Mond stand über dem Basislager, als Tremonti den Kommandostand verließ. Draußen war es noch immer sehr warm, trotz fortgeschrittener Nacht. Es hatte seit Wochen nicht mehr geregnet, das machte sich unangenehm bemerkbar.
Tremonti warf einen kurzen Blick in die Runde. Am Rand des gesicherten, befestigten Geländes ragten die Flakgeschütze auf, akkurat nebeneinander abgestellt. Drohend schimmerten ihre Aufbauten aus der Dunkelheit.
In den Soldatenquartieren brannte hier und da noch Licht, doch außerhalb der langen Zeltbaracken ließ sich niemand blicken. Nur am Hangar, in dem die beiden Gleiter standen, und in der Nähe des Fuhrparks bewegte sich etwas: Die Nachtpatrouille drehte dort ihre Runden.
Auf dem Übungsplatz, entspannt und weithin sichtbar, badete Snoops, das Maskottchen der Truppe, im Mondschein. Die Lupa hob nur kurz den Kopf, als Tremonti ins Freie trat, dann legte sie sich wieder hin. Der Captain
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