280 - Der Untergang Washingtons
die Sache hatte ein pikantes Element: Manuel Garcia. Er war der Sohn von Captain Roots' Master Sergeant.
Alonso Garcia, ein aufrechter, gesetzestreuer Mann, zeigte sich tief beschämt. »Mit Verlaub, Sir!«, sprach er Roots auf den Fluren des Pentagon an. »Wenn Sie gestatten, möchte ich gern in den Verhörraum gehen und meinen Sohn erschlagen.«
Roots lächelte beschwichtigend. »Ach, kommen Sie, Garcia - wir waren alle mal jung und haben Mist gebaut.«
»Mist?« Garcia rang nach Fassung. »Manuel hat mir vorgelogen, er würde zum SummerBrawl fahren. Als Nächstes höre ich, dass er mit einem Kerl aus den Goonshacks unterwegs war, um sich irgendwo restlos zu betrinken. Und als wäre das nicht genug, kommt er splitternackt nach Hause! So ist er durch die Stadt gefahren! Am helllichten Tag! Splitternackt! Esto hijo di puta!«
Roots tat, als hätte er das nicht gehört und vor allem nicht verstanden. Er sprach fließend Spanisch, was natürlich auch Flüche einschloss, doch er entschied, über Garcias verbale Entgleisung hinwegzusehen. Ein Mann musste ziemlich verzweifelt sein, wenn er den eigenen Nachwuchs als Hurensohn titulierte, da war es nicht opportun, ihm auch noch einen Rüffel zu erteilen.
»Na ja, wo ihre Kleidung geblieben ist, konnte die vier erklären.« Roots kratzte sich am Kopf. »Sie wollten schwimmen gehen, um sich abzukühlen, und haben sie ausgezogen. Dummerweise erst im Wasser.«
Garcia fletschte die Zähne vor Scham. »Ich bring ihn um!«, zischte er.
»Nein, das werden Sie nicht!«, sagte Roots im Befehlston. Er legte seinen Arm um Garcias Schultern und schob ihn sanft, aber bestimmt von den Verhörräumen weg. »Gehen Sie wieder an die Arbeit, Master Sergeant, und lassen Sie Ihren Jungen am Leben! Er hat kein Verbrechen begangen und die Angelegenheit wird nicht weiter verfolgt.«
»Ja, Sir! Danke, Sir!«
Mit hängenden Schultern trottete Garcia davon. Roots konnte nur ahnen, wie tief der Mann in seiner Ehre getroffen war. Er dachte zurück an die Tage des Schreckens, als das mörderische Schleimmonster die Stadt terrorisierte und er ihm zusammen mit Garcia entgegengetreten war. Alonso Garcia war immer mutig an seiner Seite gewesen. Sie hatten sich viel erzählt in jenen schlaflosen Nächten, wenn sie Wache hielten am bedrohten Pentagonbunker. Von Sorgen und Ängsten und anderen Dingen, die weit über das Dienstliche hinausgingen.
Roots runzelte die Stirn.
»Ach, sagen Sie…«, rief er hinter dem Master Sergeant her, der sich sofort umdrehte. Roots wartete, bis er wieder vor ihm stand. Es musste nicht jeder hören, was er fragen wollte. »Sie haben mir doch mal erzählt, dass Ihr Sohn mit den Rev'rends sympathisiert.«
Garcia klang bitter, als er antwortete: »Manuel macht zurzeit eine schwierige Phase durch, Sir! Ich weiß nicht, womit ihn die Schwarzröcke gelockt haben, aber ja: Er hat damit gedroht, sich ihnen anzuschließen.«
»Hmm«, machte Roots. »Hatten die ihm nicht ein Bike geschenkt?«
»Ja, Sir! Und er liebt es mehr als seine Mutter. Er nimmt es überall mit hin; wenn er könnte, sogar mit ins Bett. Dios mio!«
Roots nickte. »Danke, Master Sergeant. Das wäre alles.«
Er sah nachdenklich aus, als er zu den Verhörräumen zurückging. War nicht sicher, ob er die Sache überhaupt ansprechen sollte.
Wahrscheinlich gab es eine lächerlich simple Erklärung dafür, dass die Jungen das Bike mit keinem Wort erwähnt hatten…
***
Es funktioniert! , jubelte Crow innerlich, und wie gern hätte er sich freudig die Hände gerieben. Doch das ging nicht. Der Koordinator nutzte sie gerade, um ein herumirrendes Testergebnis davon abzuhalten, die Höhle wieder zu verlassen, in die er es eben erst geschoben hatte.
Der Boden des Felsendoms war an vier Stellen übersät mit zerbrochenen Eierschalen. Bei manchen konnte man noch die Größe erahnen und die schlauchähnliche Form. Doch wen interessierte das angesichts einer Horde von exakten Kopien der vier Jugendlichen, die Kroow letzte Nacht in die Gelege verfrachtet hatte? Crow war jedenfalls mit seinen Gedanken schon beim nächsten Coup.
Wenn wir die Soldaten herunterbringen, müssen wir sie vor dem Anbrüten entkleiden , erinnerte er sein zweites Ich, das jetzt sogar einen Tentakel losschicken musste, um ein paar nackte Jungs am Ausgang des Felsendoms abzufangen. Sie wollten nicht fliehen. Sie wussten nur nicht, wohin. Liefen durcheinander wie frisch geschlüpfte Küken. Die Schweinerei von gestern darf sich nicht
Weitere Kostenlose Bücher