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281 - Bausteine des Lebens

281 - Bausteine des Lebens

Titel: 281 - Bausteine des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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ihren Betten lagen und schliefen.
    Der Schrei wiederholte sich, näher diesmal, noch lauter und schrecklicher!
    Nur mit einem kurzen Beinkleid und freiem Oberkörper, das Schwert in der einen und eine am Herdfeuer entzündete Fackel in der anderen Hand, stürmte Teggar dem Dorfplatz entgegen. Von dort erklangen die klagenden Rufe.
    Rings um ihn kam langsam Leben in das Dorf. Wenn Teggar sich auf seine innere Uhr verlassen konnte, durfte es etwa um die zweite oder dritte Morgenstunde sein.
    Ideal für den Angriff eines unbewachten Dorfes! , durchfuhr es den Chiiftan.
    Neben ihm flog die Tür der Behausung von Mecloots Familie auf. Der Freund und Vertraute, der wie versprochen nach wenigen Monden von seiner Reise zurückgekehrt war, stürmte heraus. »Was ist los? Wer hat da geschrien? Weißt du schon etwas?«
    »Nein«, gab Teggar zurück. »Aber ich habe eine Vermutung…« Gemeinsam setzten sie sich wieder in Bewegung.
    »Ruuk!«, knurrte Mecloot und spie aus. »Aber warum jetzt ?«
    Das war in der Tat die große Frage. Seit der Abreise von Ruuks gesamter Dorfgemeinschaft waren etwa anderthalb Jahre vergangen. Während dieser Zeit hatte sich niemand mehr am See blicken lassen - weder fremde Barbaren noch irgendwelche Rückkehrer aus dem verfeindeten oder dem eigenen Clan.
    Auf dem Weg gesellten sich weitere Männer zu den beiden. Fragende Blicke machten die Runde, aber noch wusste niemand Näheres. Chiiftan Teggars Blick fiel auf Pita, den ältesten Krieger aus ihrer Mitte. Er war bereits über sechzig Winter alt gewesen, als der Hüter sie damals mit seinem Geschenk segnete. In den vergangenen Monden, nachdem ihre Unsterblichkeit nicht mehr wirksam gewesen war, hatte der Alte merklich abgebaut. An ihm sah man deutlich, dass die Kinder des Hüters nun wieder alterten. Pitas Glieder wurden immer steifer, und er hatte damit begonnen, beim Laufen ein Bein nachzuziehen. Doch tapfer hielt er mit der Gruppe mit.
    Der Chiiftan selbst war nur unwesentlich gealtert, hatte hier und dort ein bisschen an Festigkeit verloren, während Mecloot schon die ersten grauen Haare bei sich entdeckt hatte.
    Die Gruppe erreichte den Dorfplatz. An den flackernden Fackeln, die sich von allen Seiten näherten, erkannten sie, dass sie nicht die Einzigen waren, die sich hierhin aufgemacht hatten.
    Die Männer hatten ihre Schwerter und Dolche gezogen und richteten sie in die undurchsichtige Dunkelheit. Doch man konnte auf dem spärlich vom Mondlicht und den Fackeln beleuchteten Dorfplatz kaum etwas erkennen. Jedenfalls befand sich hier keine Horde feindlicher Krieger, wie Teggar es vermutet hatte.
    Nur das Skelett des Hüters hing nach wie vor an seinem Pfahl in der Mitte des Rundes. Seine bleichen Knochen schienen im Mondlicht zu glühen. Der grinsende Totenschädel mit den großen schwarzen Augenhöhlen blickte auf sie herab und seine ausgebreiteten Flügel wirkten wie mitten im Schlag erstarrt.
    Erneut brüllte jemand auf, ganz in der Nähe. Teggar erschauderte. Das Geschrei schien vom Hüter selbst zu kommen! Aber das war doch nicht möglich… oder?
    »Da ist jemand!«, keuchte Pita und wies mit seiner Fackel in Richtung des Bewahrers. Tatsächlich: Dort, am Fuße des Totems, lag etwas oder jemand am Boden und wand sich wie von Dämonen besessen.
    »Los, sehen wir nach!«, forderte Teggar und stapfte los. Von allen Seiten näherten sich bewaffnete Gruppen dem Ort des Geschehens. Leises Getuschel begleitete sie. Der Chiiftan hörte Wortfetzen wie »Hinterhalt«, »Ruuk« und »Dämon«, ließ sich aber davon nicht ablenken. Wenige Meter vor dem sich windenden Etwas verlangsamte er seine Schritte und hielt mit ausgestreckten Armen seine Leute zurück. »Seid vorsichtig! Sichert nach allen Seiten!«, befahl er.
    Da plötzlich richtete sich die Gestalt mit einem Ruck auf. Teggar sah, dass es ein Mensch war, der in ein dunkles Gewand gehüllt vor dem Hüter kniete. Schwarze Sturzbäche brachen aus den Augenhöhlen, dunkler, öliger Speichel spritzte, als die Person zu kreischen begann: »Warum? O Bewahrer, warum?«
    Pita stutzte. Er trat näher heran, legte die Fackel auf den Boden und ging in die Knie. »Merri, bist du das?«
    Die Angesprochene folgte der Stimme. Als Licht auf ihr Gesicht fiel, schreckten die Dorfbewohner zurück. Es besaß keine erkennbaren Augen mehr, sondern nur noch zwei pralle schwarze Kugeln, die in den Schädelhöhlen saßen und aus denen unablässig der Schwarze Tod rann.
    »Vater?«, keuchte die Frau.
    Jetzt konnte

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