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281 - Bausteine des Lebens

281 - Bausteine des Lebens

Titel: 281 - Bausteine des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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auch Teggar es sehen: Es war tatsächlich Merri, die Tochter von Pita, die mit einer Handvoll jüngeren Leuten aus ihren Dorf aufgebrochen war.
    Der Alte zögerte, sein Kind in den Arm zu nehmen, aus Sorge, ihr wehzutun. Ihr ganzer Körper schien in Auflösung begriffen »Merri«, flüsterte er. »Was… was ist geschehen? Warum kam der Schwarze Tod über dich?«
    Die Frau schluchzte herzerweichend. »Sie sind alle tot!«, sagte sie leise. »Alle, die mit mir aufgebrochen sind.« Sie hustete und erbrach einen Schwall öliger Flüssigkeit.
    »Bitte berichte«, sagte Teggar. Es mochte herzlos sein, die Sterbende zu drängen - aber wer wusste, wie viel Zeit noch blieb, mehr zu erfahren?
    »Wir… folgten damals der Fährte… von Ruuks Clan«, begann Merri stockend. »Nur um ein Ziel zu haben, das wir zuerst aufsuchen wollten. Wir bauten uns ein kleines Boot und setzten über zur Grünen Insel. Die Menschen dort waren freundlich und luden uns ein, bei ihnen zu bleiben…«
    Erneut wurde Merri von einem Hustenanfall geschüttelt. Sie röchelte wohl eine halbe Minute lang und spuckte immer wieder schwarze Klumpen aus, die auf dem Boden zerflossen.
    »Was ist dann passiert, Merri?«, wollte Teggar wissen, doch der Verstand der Sterbenden schien bereits nach innen gekehrt.
    »Ich hatte so gehofft, der Hüter würde mich retten«, schluchzte Merri. »Er war das Letzte, was ich sah, als ich ins Dorf kam.« Ihre Stimme brach. »Aber… ich… er…« Sie konnte nicht weitersprechen.
    Teggar neigte den Kopf. In diesem Stadium des Schwarzen Todes kam jede Hilfe zu spät. Doch in die Trauer mischte sich Sorge. Bedeutete der Vorfall, dass der Hüter seine Kinder wieder zu sich rief und alle, die sich diesem Ruf verweigerten, sterben mussten, so wie früher?
    Er kniete nieder, legte eine Hand auf das Haar der Frau und streichelte es, nicht ganz ohne dabei ein Ekelgefühl zu unterdrücken. Es fühlte sich schmierig und glitschig an wie ein Iil(schlangenähnlicher Fisch) und löste sich unter seinen Fingern von der Kopfhaut ab. »Kannst uns sagen, was passiert ist, Merri?«, drängte er sanft.
    Und Merri erzählte, mit immer leiser werdender Stimme. Wie vor zwei Tagen die ersten Symptome bei den Ausgewanderten aufgetreten waren. Wie sämtliche Schleimhäute mit der Produktion der öligen Masse begonnen hatten, nur wenig zuerst, dann immer mehr. Dass ihr und den anderen bald klar wurde, was das bedeutete: Sie mussten so schnell wie möglich zurück an den See, in die Nähe des Hüters, wollten sie nicht elendig zu Grunde gehen.
    Aber nur Merri war es letztlich gelungen. Das Boot, das sie damals zur Überfahrt benutzt hatten, war längst verkauft. Ein Fischer war bereit gewesen, Merri nach Britana zu bringen, wenn sie ihm dafür während der Passage zu Willen war. Die junge Frau war so verzweifelt gewesen, dass sie sich darauf eingelassen hatte. Was mit den anderen jungen Leuten geschehen war, wusste sie nicht. Aber ihr Schicksal stand außer Frage.
    Hier und dort hörte Teggar bestürztes Schluchzen, als den Anwesenden klar wurde, was mit ihren Freunden und Verwandten geschehen war.
    »Aber der Hüter hat kein Erbamen mit mir«, schloss Merri. »Vater, wäre ich doch bloß nie von hier fortgegangen.« Sie hustete noch einmal rasselnd, dann fiel ihr Kopf kraftlos zur Seite. Pitas Tränen fielen auf das Gesicht seiner Tochter, wuschen den schmierigen Film der schwarzen Substanz von ihrer Haut.
    Wenigstens ist sie nicht allein gestorben , dachte Teggar beklommen. Er erhob sich und ging zu Mecloot hinüber, dessen gerötete Augen von seiner Ergriffenheit zeugten.
    »Was für eine Tragödie«, murmelte er und musste sich sichtlich zusammenreißen, um nicht loszuheulen.
    »Schrecklich«, stimmte Teggar zu und zog Mecloot ein paar Schritte vom Rest der Gruppe weg, die mit hängenden Köpfen auf Pita und Merri hinab sahen. »Doch bedeutet das nicht andererseits…« Er führte den Satz nicht zu Ende, sondern griff an Mecloots Gürtel und zog dessen Dolch. In einer schnellen Bewegung fuhr er sich mit der Klinge über den Unterarm.
    Der Schnitt tat nicht weh und blutete nur wenige Sekunden, bevor sich die Wunde wie von Geisterhand zu schließen begann. »Der Segen ist also wieder da«, sagte der Chiiftan. »Aber wie es aussieht, ist er nun endgültig zu einem Fluch geworden…«
    ***
    Zur gleichen Zeit, am anderen Ende des Sees
    Dieses Kribbeln überall am Körper…
    Es war unangenehm, aber es war gleichzeitig auch das schönste Gefühl, das

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