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282 - Der Schein trügt

282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Dutzend Männer, das auf den verschiedenen Decks des Kriegsschiffes unterwegs war, starrte ebenfalls hoch und verfolgte Rulfans Flug mit Argusaugen. Erste Gewehrläufe richteten sich auf das Luftfahrzeug.
    Rulfan bemerkte es nur am Rande. Wie magisch blieben seine Augen auf dem Logo haften, das fast das gesamte Hinterdeck einnahm. Es zeigte einen dunkelblau ausgemalten Kreis mit einem stilisierten roten Löwen darin, der sich gerade aufrichtete.
    Das Zeichen der Reenschas! Was, bei Wudan, will ein Kriegsschiff der Stadtherren von Glesgo hier?
    Tatsächlich hatte Rulfan solche Schiffe vor nicht allzu langer Zeit schon einmal gesehen. Seine Gedanken wanderten ein halbes Jahr in die Vergangenheit zurück…
    ***
    Es war Mitte April. Noch immer lagen die schottischen Highlands unter einer dicken Schneedecke. Trotzdem beschloss Rulfan, sein Horsay zu satteln und nach Glesgo, dem einstigen Glasgow, zu reiten. Nun, da die Bewohner von Canduly Castle die Ereignisse um die psychopathische Mörderin Ninian vor knapp drei Monaten einigermaßen verarbeitet hatten, wollte Rulfan seine Neugier nicht mehr länger zügeln. Die Reenschas, die geheimnisvollen Stadtherren von Glesgo, faszinierten ihn. Ninian hatte als Exekutorin für sie gearbeitet. Rulfan glaubte, dass sie Technos waren, und er wollte unbedingt ihre Bekanntschaft machen - auch wenn sie Angst und Schrecken verbreiteten und ihnen ausschließlich üble Dinge nachgesagt wurden.
    Zwei Tage später ritt Rulfan durch die verschneiten Ruinen der einstigen Großstadt. Wie in den vergleichbaren Städten, die er kannte, wurden auch hier die Außenbezirke von Menschen gemieden und den Tieren und finsterem Gesindel überlassen. Er sah frische Taratzenspuren im Schnee und huschende Schatten in den Gassen und hinter dunklen Fensteröffnungen. Der pechschwarze Horsayhengst schnaubte plötzlich nervös und begann zu tänzeln. Rulfan zog das Schwert, wurde aber nicht angegriffen. Unbehelligt kam er in die Innenstadt, wo sich Reste einst prachtvoller klassizistischer Paläste mit modern konstruierten Stahl- und Betonbauten abwechselten.
    In der Nähe des Claid, des ehemaligen River Clyde, der sich wie ein breites Band durch die Stadt zog, pulsierte das Leben. Rulfan begegnete Scoots in ihren bunten Tartans, sogar einem Piipa(Dudelsackspieler), vor dessen nervtötenden Bagpaip-Klängen er in die nächste Seitenstraße flüchtete. Er sah Händler und fein gekleidete Ladys, die mit ihren Männern durch die breiten Straßen flanierten. Es roch nach Gebratenem und nach Uisge und Rulfan beschloss, sich eine Bleibe zu suchen.
    Zwei Straßen weiter stieß er auf ein Gasthaus mit dem seltsamen Namen »The Buttafly an' the Piig« und beschloss spontan, hier abzusteigen; nicht zuletzt auch deswegen, weil ein Stall angeschlossen war.
    Rulfan stellte sein Horsay unter, bezahlte ein paar Coiins zu viel für ein durchschnittliches Zimmer, in dem die Crooches über die Wände krabbelten, und begab sich dann in den Lärm und Gestank der Schankstube. An der Theke bestellte er einen Krug Mecgreger-Uisge.
    Der Wirt erstarrte. Er schluckte und sah Rulfan aus großen Augen an. »Geht nich«, sagte er dann. »Nimm anderen Uisge, aber nich vonne Mecgregers.«
    Rulfan nickte. »Gib mir, was du mir geben kannst.«
    »Kriegste den Uisge vonne Freesas. Ist der zweitbeste. Kostet aber 'n paar Coiins mehr. Kannse bezahlen?«
    Wortlos ließ Rulfan ein paar Münzen auf die Theke rollen.
    Der Wirt grinste jetzt schief. »Is gut, genügt.« Er schenkte einen Krug voll ein. »Genieß das Zeug, gibt's nich mehr lange, die Freesas sin alle abgemurkst, ihre Deestil is am Arsch, hab nich mehr viel auf Vorrat.«
    Ein kurzes Schaudern packte den Albino. Ninian hatte damals den kompletten Freesa-Claan ausgelöscht - weil sie seine Worte falsch interpretiert hatte! [3]
    Sein Nebenmann, so behaart, dass er einem Silberrücken alle Ehre gemacht hätte, stupste Rulfan an. »He, du bist neu hier in Glesgo, was? Kommst von weit her?«
    Rulfan nickte dem Alten im rotblau-weißen Tartan freundlich zu. »Von weit her, ja.«
    »Kannse mir was abgeben von dem Freesa-Zeug? Bloß'n Schluck. Kann ich mir nämlich nich leisten. Dann erzähl ich dir auch was über die Stadt.«
    Rulfan schüttete die Hälfte seines Krugs in den des Alten. »Skoal«, sagte er.
    »Skoal«, erwiderte der Alte. »Wie großzügig, Herr. Ich mach mein Dank.« Dann schüttete er das gute Tröpfchen hinunter und wischte sich hinterher mit dem schmutzigen Ärmel den

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