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282 - Der Schein trügt

282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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jetzt?«, wollte Rulfan wissen. Er suchte nach den richtigen Worten. »Wie habt ihr diese… Schattenattacke überstanden?«
    Sie hatten sich an einem großen Tisch im Freien zwischen den Häusern niedergelassen. Eve schaute ihn aus großen Augen an. Er sah die Gänsehaut, die sich auf ihren Unterarmen bildete. »Die Schatten«, flüsterte sie und legte ihre Hand auf seinen Unterarm. »Du weißt davon? Und dass sie uns versteinert hatten?«
    Rulfan nickte. »Matt und Aruula - du kennst sie ja - haben das Geheimnis enträtselt.« [4] Er erzählte Eve, wie es den beiden auf Guunsay ergangen war und was sie anschließend bei den Dreizehn Inseln erlebt hatten, bis hin zur Vernichtung der Schatten. Als er den lebenden Stein erwähnte, horcht Eve auf.
    »Ein Stein steckte hinter all dem?«, fragte sie. »Das ist doch nicht dein Ernst!«
    Sie lachte abgehackt, und Rulfan glaubte eine gewisse Nervosität an ihr festzustellen. »So haben Matt und Aruula es berichtet«, sagte er und zuckte die Schultern. »Klingt seltsam - aber was in dieser Zeit und auf dieser Erde ist nicht seltsam?«
    Nun berichtete Eve Neuf-Deville, was den Technos auf Guunsey widerfahren war. Es war in weiten Teilen keine schöne Geschichte, die Rulfan vor Augen führte, unter welchem psychischen Stress hier bis vor kurzem alle gestanden hatten.
    »Wir haben das Gröbste überstanden, im Moment geht es uns wirklich gut«, kam Eve zum Ende. »Sarah und ich arbeiten als Heilerinnen in Sainpeert, wo wirklich reizende Menschen wohnen. Und Sir Ibrahim unterstützt den Retrologen Robart beim Aufspüren alter Artefakte auf der Insel.«
    »Und mein Vater?«
    »Leonard geht es auch gut. Wieder gut , muss ich sagen. Das war wohl der einzige positive Effekt dieser Versteinerungen: Vorher war dein Vater todkrank, jetzt ist er wieder vital wie eh und je. Ich habe noch bei keinem, der versteinert war, eine Verschlechterung irgendeiner Art festgestellt. Es ist, als ob… wie soll ich sagen? Als ob alles Schlechte aus den Menschen herausgefiltert worden sei.«
    Diese Theorie schien Rulfan ein bisschen gewagt, aber Eve hatte in dieser Beziehung sicher den besseren Durchblick.
    Eve sah sich um. Sie erhob sich leicht, als habe sie etwas erspäht, ließ sich dann aber wieder zurücksinken. Sie lächelte, als wollte sie sich entschuldigen. »Doch, ja, es geht deinem Vater gut. Nur manchmal merkt man, dass ihn der Verlust seines Fingers beschäftigt. Dann streift er tagelang ruhelos über die Insel.«
    Rulfan runzelte die Stirn. »Dad hat einen Finger verloren? Was ist passiert?«
    »Niemand weiß es. Aber das soll er dir selbst erzählen. Ansonsten pflegt dein Vater den hochrangigsten Umgang. Er leistet sogar unserem Lordkanzler Gundar dem Großen hin und wieder persönlich Gesellschaft.« Eve verdrehte die Augen. »Gundar ist… ziemlich speziell, wenn du weißt, was ich meine. Er ist ein Fan alter Kriegstaktiken und kann sich stundenlang über den Verlauf historischer Schlachten unterhalten. Darüber hinaus lässt er sie sogar hin und wieder von seinen Soldaten nachstellen.«
    »Dass er sich bei diesem Umfeld dafür interessiert, ist kein Wunder«, warf Rulfan ein. »Ich habe beim Überflug die alten Geschützstellungen auf den Kaianlagen gesehen. Sehen aus wie Flugabwehrkanonen aus dem Zweiten Weltkrieg. Aber woher hat Gundar die Grundinformationen?«
    »Es gab hier bis zum Kometeneinschlag in weitläufigen Stollenanlagen unter der Hauptstadt das La-Vallette-Militärmuseum«, erklärte Eve Neuf-Deville, »mit vielen originalen Waffen, Artefakten, Dokumenten und anderen Informationsquellen. Die Inselherrscher hat das schon immer interessiert und so gibt es wohl auch eine ganze Dynastie von Retrologen, die sich für die Herren Lordkanzler damit beschäftigt haben. Klar, dass Gundar deinen Vater ganz besonders schätzt. Leonard weiß ziemlich viel über das Militärwesen vor Kristofluu .«
    Rulfan nickte. »Was ist mit den benachbarten Barbaren?«, wechselte er unvermittelt das Thema.
    »Anfangs waren sie uns feindlich gesonnen, doch seitdem wir aus der Versteinerung erwacht sind, kuschen sie vor uns. Halten uns für Günstlinge der Götter. Das ist Leonards Verdienst. Er hat ihnen weisgemacht, der Atem der Götter hätte uns wieder zum Leben erweckt.« Sie lachte kurz, und Rulfan musste schmunzeln.
    Was er bislang gehört hatte, stimmte ihn zuversichtlich. Kein Wort davon, dass sein Vater ein gnadenloser Tyrann gewesen wäre, wie die Demokraten, diese abtrünnigen Technos in

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