282 - Der Schein trügt
Respekt, indem er zwei weitere Riesenratten erschoss. Das Schwert drohend erhoben und immer wieder ein gefährlich klingendes Grollen ausstoßend, wich er langsam zurück. Er konnte den Taratzen nicht den Rücken zudrehen; sein strategischer Vorteil wäre sofort dahin gewesen.
Als er eine sanft abfallende Wiese erreichte, erkannte er über die Schulter blickend die Ruinen von Kilsyth. Dort musste er hin. Vielleicht gab es dort Menschen, die ihm helfen konnten!
Rulfan ging weiter, zu den Ruinen hinüber. Rund zwanzig Taratzen folgten ihm in respektvollem Abstand, wagten aber vorerst keinen weiteren Angriff.
Rulfan fluchte innerlich, als er bemerkte, dass Kilsyth vollkommen verlassen war - jedenfalls, was Menschen anbetraf. Auf einem ehemaligen Betriebsgelände fand er schließlich den Zugang in weitläufige betonierte Kellerräume, in denen graues Dämmerlicht herrschte, das durch längst kaputte Oberfenster sickerte. Dorthin zog er sich zurück, versorgte die Wunde und legte einen Verband darum. Ein Medipack mit den wichtigsten Utensilien trug er seit den Ereignissen mit Ninian ständig am Mann.
Als das erledigt war, musste Rulfan erkennen, dass die Taratzen bereits den Eingang belagerten, sich aber nicht herein trauten. Er zählte jetzt nahezu dreißig der Biester. Eine so große Horde hatte er noch selten gesehen.
Also machte sich Rulfan an die Erkundung der Unterwelt, um vielleicht einen anderen Ausgang zu finden. Das Kellergeschoss bestand aus zahlreichen Räumen. Rulfan stieg über umgestürzte Wandregale und anderen Metallschrott. In Schmutz und Staub fand er ein paar uralte Schweißgeräte, die nur noch vom Rost zusammengehalten wurden. Auch ein paar leere Gasflaschen lagen in der Nähe.
Rulfan ging in die Knie und hob eine davon hoch. Er konnte nicht mehr lesen, was einst darauf gestanden hatte. Über eine schmale Treppe stieg er in ein weiteres Kellergeschoss hinunter. Hier fand er zu seinem Erstaunen einen großen versiegelten Raum, in dem gut zweihundert dieser Gasflaschen, wie er sie bereits oben gesehen hatte, unversehrt und fein säuberlich aufgereiht standen. Der Albino bewegte eine Flasche. Sie war sehr viel schwerer, also voll.
Jetzt konnte Rulfan die Aufschrift lesen: »Wasserstoff«, murmelte er.
Natürlich, mit Wasserstoff wurde früher Metall zusammengeschweißt. Wahrscheinlich bin ich hier in einer ehemaligen Metallwerkstatt gelandet…
Er ging weiter den Gang entlang, doch bald hörte er verdächtige Geräusche hinter sich. Die Taratzen kamen! Er konnte sie noch nicht sehen, aber riechen. Sie hatten ihre Scheu überwunden. Nun wurde es gefährlich.
Eine Idee nahm in seinem Kopf Gestalt an. Grimmig nickte der Albino. Er eilte zurück in den Lagerraum, umfasste eine der Wasserstoffflaschen, wuchtete sie hoch und schleppte sie in den übernächsten Raum. Dann öffnete er ihr Ventil. Es zischte, als das Gas ausströmte.
Rulfan zog sich in den Gang zurück. Die Taratzen waren nicht mehr weit, er spürte es genau.
Er begann laut zu brüllen, immer wieder, wie ein verwundetes Tier. Dann zerrte er sich den blutdurchtränkten Verband vom Handrücken. Die Wunde war noch nicht verschorft; Blut drang hervor. Der Albino ließ es auf den Boden tropfen und zog eine Spur bis zu dem Raum, in den noch immer der Wasserstoff strömte.
Er wischte mit dem Handrücken über das metallene Türblatt und öffnete es dann einen Spalt, um den Verband in den Raum zu werfen. Dabei hielt er die Luft an; er wusste, dass Wasserstoff in hohen Konzentrationen Bewusstseinsstörungen hervorrufen konnte - bei Menschen und Taratzen gleichermaßen.
Als die Falle präpariert war, presste er die Hand gegen sein Wams, um kein weiteres Blut zu verteilen, und huschte zu einer anderen, gegenüberliegenden Metalltür. Im Raum dahinter zog er den Driller und lauschte wartend.
Tatsächlich dauerte es nur zwei Minuten, bis die ersten Taratzen in den Raum schlichen. In der Stille konnte Rulfan das Scharren ihrer krallenbewehrten Füße hören. Sie schnupperten und blieben stehen.
Rulfan wartete ab, bis die Geräuschkulisse auf mindestens ein Dutzend Taratzen angewachsen war, dann riskierte er einen Blick durch den Türspalt.
Es hätte gar nicht besser laufen können: Die komplette Horde stand dicht gedrängt vor der blutverschmierten Tür. Noch zögerten sie. Vermutlich nahmen sie das Gas wahr, einen Geruch, den sie nicht einordnen konnten.
Rulfan zögerte nicht länger. Unvermittelt trat er die Tür auf und schoss den Driller
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