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282 - Der Schein trügt

282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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ab.
    Die Explosion schleuderte die gegenüberliegenden Metalltür in den Raum hinein - und zündete gleichzeitig den Wasserstoff! Rulfan konnte sich gerade noch zur Seite in Deckung rollen, als eine Feuerwoge in den Gang loderte und die Druckwelle die Taratzen von den Füßen riss.
    Innerhalb von Sekundenbruchteilen stand alles in Flammen. Fast dreißig lebende Fackeln taumelten, fiepten in den höchsten Tönen, schlugen um sich, prallten gegeneinander und verkohlten schließlich auf dem Betonboden. Sekunden später war das Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch verbrannt und die Flammen fielen in sich zusammen.
    Rulfan wartete noch eine Minute, bis er sich aus seinem Versteck wagte. Er empfand nicht das geringste Mitleid mit den sterbenden Riesenratten. Er oder sie - das war das Gesetz der Natur.
    »Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert«, knurrte er.
    ***
    Gegenwart
    Rulfan wurde jäh aus seinen Erinnerungen gerissen. Ein Stück vor ihm, zwischen Büschen, stand eine junge hübsche Frau in Lederkleidung und mit braunem Haar, das sie zu zahlreichen Zöpfchen geflochten hatte. In ihrem Gürtel steckten zwei Messer und eine Axt, und sie hatte einen geschlossenen Korb aus geflochtenen Ruten über ihrer Schulter hängen. Erwartungsvoll sah sie Rulfan entgegen. Sie schien keinerlei Angst zu haben.
    Der Albino stoppte das Motorrad direkt neben der Barbarin. »Einen guten Abend wünsche ich«, sagte er. »Kann ich dir helfen?«
    Die Frau lächelte ihn an. »Du kannst mir sagen, wer du bist. Ich habe dich hier noch nie gesehen, aber das Baik stammt aus dem Dorf der Technos. Ich heiße übrigens Jolii. Mein Dorf liegt nicht weit von hier, gleich hinter den Hügeln.«
    Rulfan stellte den Motor ab. »Ich bin zum ersten Mal auf Guunsay und das auch erst seit einigen Stunden. Mein Name ist Rulfan. So, du bist also die Tochter des Häuptlings Joonah.«
    Jolii sah ihn ungläubig an. »Du kennst mich? Obwohl du neu hier bist?«
    Rulfan grinste. »Maddrax und Aruula haben mir von dir erzählt.«
    Ein Leuchten lag plötzlich auf ihrem Gesicht. »Du kennst Maddrax und Aruula?« Sie musterte ihn genauer. »Ja, natürlich, dass ich da nicht gleich darauf gekommen bin: Du bist Neunfingers Sohn! Ich sehe die Ähnlichkeit. Aber irgendwie habe ich mir dich ganz anders vorgestellt. Nicht so gutaussehend und stark. Du siehst eher aus wie einer von uns, nicht wie die Technos.«
    Rulfan spürte, dass ihm die Röte ins Gesicht schoss. Bevor er etwas erwidern konnte, plapperte Jolii in ihrer leicht naiven Art bereits weiter.
    »Hast du Neuigkeiten von Maddrax und Aruula? Wenn sie dir von mir erzählt haben, sind sie ja heil auf dem Festland angekommen. Das freut mich. Wie geht es ihnen?«
    »Sie sind wohlauf und unterwegs zur Grünen Insel, nach Irland. Dort gibt es ebenfalls ein Dorf, in dem alle versteinert waren, so wie die Technos hier.«
    Jolii nickte ernst. »Das war echt unheimlich. Gut, dass jetzt alle wieder leben… na ja, fast alle.« Rulfan merkte, dass ihr das Thema unangenehm war, und es verwundert ihn nicht, dass sie es abrupt wechselte: »Fährst du zufällig nach Sainpeert, Rulfan? Dann könntest du mich mitnehmen, ich muss auch dorthin. Wir könnten uns unterwegs noch etwas unterhalten. Und ich kann endlich mal auf dem Baik mitfahren, das wollte ich schon immer. Aber bei Neunfinger hätte ich mich niemals zu fragen getraut.«
    »Natürlich, steig ein.«
    Jolii hüpfte in den Seitenwagen und machte es sich aufreizend bequem, indem sie das rechte Bein aus dem Seitenwagen hängen ließ. Rulfan startete die Zündapp wieder.
    »Du sagtest, du traust dich nicht, meinen Vater zu fragen«, hakte er nach. »Warum? Glaubst du, er wäre ein böser Mensch?«
    Jolii biss sich auf die Unterlippe. »Jetzt nicht mehr…«, sagte sie zögerlich. »Ich meine, nachdem er wieder lebendig wurde. Aber vorher…« Sie stockte.
    »Ja…?«, ermunterte sie Rulfan. »Du kannst es mir ruhig sagen, ich beiße nicht.«
    Jolii grinste kurz, wurde aber sofort wieder ernst. »Vorher… ich sag's nicht gerne, weil ich dich mag… aber vorher war er böse, sehr böse…«
    Was Rulfan dann erfuhr, war so fürchterlich, dass es ihm den Atem verschlug. Demnach war sein Vater ein wahres Monster gewesen. Vermutlich übertrieb Jolii gewaltig und nahm vieles aus der Sicht eines Kindes wahr, aber selbst wenn er die Hälfte von dem abzog, was sie erzählte, blieb doch genug übrig, um sich ernste Sorgen zu machen.
    »Aber du bist deinem Vater überhaupt nicht ähnlich!«,

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