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282 - Der Schein trügt

282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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schloss sie. »Ich mag dich, aber Neunfinger ist mir unheimlich, auch wenn er jetzt ganz anders zu sein scheint. Maddrax hat auch gemeint, dass mit ihm was nicht stimmt. Vielleicht hat er ihm deshalb den Finger abgebrochen und mitgenommen.«
    Rulfan riss so stark am Bremszug, dass er beinahe über den Lenker abgestiegen wäre und Jolii sich eine Steißprellung holte.
    »Was sagst du? Maddrax hat den Finger abgebrochen? Bist du sicher?«
    »Ja. Ich hab's heimlich beobachtet, als wir zusammen nach Sainpeert gegangen sind. Was wollte er wohl mit dem Finger?«
    Rulfan schüttelte den Kopf. »Das weiß ich auch nicht.« Warum hat mir Matt nichts davon erzählt? , dachte er. Ich werde beim nächsten Mal ein ernstes Wörtchen mit dem Herrn Blutsbruder reden müssen…
    Sie erreichten Sainpeert. Rulfan stellte das Motorrad vor einem Gasthaus an der befestigten Wasserlinie ab. Gerne hätte er mit Jolii weiter über die Vorgänge im Dorf vor der Invasion der Schatten gesprochen, aber die Fregatte war momentan wichtiger.
    Soeben brach die Nacht herein, die ersten Lichter in Sainpeert gingen an. Es war viel milder als auf dem britannischen Festland, die Bevölkerung der Inselhauptstadt schien sich ausnahmslos im Freien aufzuhalten. In den engen Gässchen und Gartenanlagen, die sich immer wieder zwischen den Häusern öffneten, herrschte reger Betrieb. Vor allem die Tische vor den zahlreichen Gasthäusern waren fast alle besetzt. Rulfan ignorierte die verlockenden Gerüche, die ihm in die Nase stiegen, und ging forschen Schrittes über den Kai zu der Fregatte hinüber. Trotz der Lichter, die an Deck brannten, wirkte das Schiff wie der Schattenriss eines riesigen Meeresungeheuers.
    Als er den Koloss fast erreicht hatte, traten ihm aus den Schatten mächtiger Vertäuungspfosten zwei Wachen entgegen und schoben sich dabei in das flackernde Licht eines der Feuerkörbe, die überall entlang der Kaianlagen brannten. Die Mündungen automatischer Gewehre richteten sich auf ihn. »Stehen bleiben! Für dich gibt's hier keinen Durchgang, Mann!«, tönte eine raue Stimme. »Wenn du glotzen willst, tu's woanders.«
    Rulfan ließ ein kurzes Grinsen sehen und stellte sich breitbeinig hin, die Fäuste in die Hüften gestemmt. »Ich bin nicht zum Glotzen hier. Schöne Waffen habt ihr. Vollautomatik, eine Weiterentwicklung der SA-80, stimmt's.«
    Das war deutlich genug gewesen, um selbst dem tumbesten Wachmann klarzumachen, dass hier kein einfacher Inselbewohner stand, sondern jemand mit technischem Sachverstand. Die beiden Männer sahen sich unsicher an. »Wer bist du und was willst du?«, fragte der Wortführer.
    »Ich heiße Rulfan und komme aus Britana. Ich möchte den Kapitaan dieses Kriegsschiffes sprechen.«
    »Ach ja, möchtest du? Da könnte ja jeder kommen. Du meinst wohl, unser Kapitaan empfängt jeden, der sich ein bisschen mit Waffen auskennt?«
    »Sicher nicht. Aber jeder kennt sich auch sicher nicht mit Reenscha-Schiffen aus und ist ein persönlicher Freund von Chefexekutor Alastar.« Was haltlos übertrieben war, denn einen Freund Alastars konnte er sich keineswegs nennen. Doch der Bluff wirkte perfekt.
    »Taratzenkacke«, entfuhr es dem einen Wächter. »Bitte wartet hier, Herr, einen kleinen Moment. Ich werde Kapitaan Wadeel umgehend verständigen.«
    Ein Grinsen unterdrückend, sah Rulfan, wie der Mann, immer drei Stufen auf einmal nehmend, die schmale Treppe am Schiffsrumpf entlang aufs Deck hoch sprintete.
    Kaum zwei Minuten später erschien Will Wadeel. Rulfan erwartete den Kapitaan äußerlich ruhig, mit leicht vorgeschobenem Kinn. Der Albino wusste nur zu genau, dass er momentan Oberwasser hatte, und wollte das Spielchen noch ein wenig mehr auf die Spitze treiben. Er hatte zwar gehofft, dass ihm der Name Alastar eine Tür öffnen würde, aber eine derart durchschlagende Wirkung hatte er nun doch nicht erwartet.
    Der Kapitaan salutierte vor Rulfan. »Will Wadeel, Kapitaan des Reenscha-Schlachtschiffes EIBREX IV. Willkommen, Herr. Ihr seid einer von Alastars Exekutoren?«
    Rulfan hörte deutliche Unsicherheit in der Stimme des Einäugigen mitschwingen. Er beschloss, erst einmal nichts zu sagen und nur so geheimnisvoll wie ein Sphinx zu grinsen.
    Erwartungsgemäß fasste das der Kapitaan als ein Ja auf. »Kommt mit an Bord der EIBREX IV. Und erlaubt die Frage, ob Ihr es wart, der heute Nachmittag mit dem Luftschiff eingeschwebt ist, Herr.«
    »Nennt mich einfach Rulfan. Ihr habt eine gute Kombinationsgabe, Kapitaan.«
    Wadeel

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