284 - Augen der Ewigkeit
dass im Bunker nicht genügend Platz ist. Ich werde jedoch, wenn Sie sich am Eingang versammeln, einige Lebensmittelvorräte herausgeben.«
Mathis konnte sich nicht vorstellen, dass jemand darauf hereinfiel. Andererseits unterschätzte er vielleicht auch die Verzweiflung der Menschen. Und sicher hofften sie darauf, den Bunker stürmen zu können, sobald das Tor sich öffnete - obwohl es sich gerade deshalb nie öffnen würde.
Nach zehn Metern erreichten sie das Ende des Ganges. Sie verständigten sich mit einem stummen Blick. Während Mathis das Schwungrad betätigte und die Tür aufzog, richtete Jim die Pistole auf den sich öffnenden Spalt. Doch außer dem Geruch nach Chlor kam ihnen aus dem Wartungsraum nichts entgegen.
Sie schoben sich an Rohren, Ventilen und Schalttafeln vorbei, bis sie an der Tür zum Pool anlangten. Durch ein kleines rundes Fenster konnten sie die Lage sondieren, bevor sie sich selbst hinauswagten.
Draußen war es hell. Die Halogenstrahler spiegelten sich auf der Wasseroberfläche des Schwimmbeckens. Und das Wichtigste: Der Raum war leer bis auf einen älteren, bärtigen Mann, der mit geschlossenen Augen auf einer Liege unter einer künstlichen Palme lag.
Sollte ihnen das Glück tatsächlich hold sein? War die Herde zur Fütterung geeilt und hatte ihr schwächstes Mitglied zurückgelassen?
Darauf bedacht, keinerlei Geräusch zu verursachen, zogen sie die Türe auf.
Wärme schlug ihnen entgegen. Natürlich: Die Villa bezog ihre Energie aus der gleichen monströsen Batterie wie der Bunker. Warum sollten die Menschen also im Dunkeln sitzen und frieren? Daran hätten sie denken können, bevor sie sich vier Hosen übereinander gezogen hatten.
Die Poolanlage war alles andere als ein Schmuckstück. Das Wasser zeigte bereits einen algigen Grünstich. Über den Boden verteilt lagen Verpackungen von Schokoriegeln oder Konservendosen. Ein modriger Geruch lag in der Luft. Das alles erinnerte eher an die Höhle eines modernen Neandertalers als an den Wellnessbereich einer Millionenvilla.
Behutsam schlichen sie zu dem alten Mann hinüber, was angesichts des Mülls nicht einfach war. Und dann geschah das Unvermeidbare: Ein Fuß stieß gegen eine der leeren Dosen, es schepperte laut.
Der Alte, der nicht geschlafen, sondern nur gedöst hatte - kein Wunder nach der Lautsprecherdurchsage - öffnete die Augen. Für einen Augenblick sah er die Besucher fassungslos an. »Wer… was…?«, murmelte er.
Noch bevor er mehr sagen oder gar schreien konnte, waren Mathis und Jim bei ihm. Während Jim versuchte, die schlagenden Arme und tretenden Beine unter Kontrolle zu bekommen, hielt Mathis ihm den Mund zu. Der Mann gab ein ersticktes Grunzen von sich. Er wollte Mathis in die Hand beißen, bekam mit den Zähnen aber nur das Leder der Handschuhe zu fassen.
Der Bodyguard zog eine Spritze aus der Manteltasche und entfernte die Schutzkappe mit den Lippen ab. In diesem Augenblick bekam der Alte einen Arm frei, schlug nach Mathis und traf dessen rechten Arm. Fast hätte sich der Leibwächter die Nadel selbst ins Gesicht gerammt.
»Entschuldige!« Jim keuchte, als er die widerspenstige Gliedmaße des Mannes wieder einfing.
Endlich konnte Mathis dem Alten die Spritze in den Hals jagen. Nur Sekunden später erlahmte dessen Gegenwehr. Der Betäubte schenkte Mathis noch einen fragenden Blick, dann verdrehte er die Augen nach oben und sank in tiefen Schlaf.
»Nichts wie weg«, sagte Jim, »bevor die anderen zurückkommen.« Er wuchtete sich den Alten über die Schulter. »Keine Sorge«, fügte er in sarkastischem Tonfall an. »Es wird sich eine Schar erlesener Ärzte um dich kümmern.«
***
Gegenwart, 2526
»Sie ist immer noch nicht wach.« Aruulas Stimme drang aus PROTOs Schlaf- und Aufenthaltsraum ins Cockpit.
»Lass ihr Zeit«, rief Matt nach hinten. »Der Taser hat ihr einen gewaltigen Schlag versetzt.«
»Sieh doch!« Xij, die es sich wieder im Copilotensessel gemütlich gemacht hatte, deutete auf den Monitor. »Was ist das?« Auf dem Bildschirm zeigte sich in einiger Entfernung ein helles Flackern.
Sofort stoppte Matt den Amphibienpanzer und löschte die Scheinwerfer. Aruula und Victoria kamen ins Cockpit geeilt. Die Kriegerin von den Dreizehn Inseln kniff die Lider zu schmalen Schlitzen zusammen. »Ein Dorf!«
»Wie kommst du darauf?«, fragte die Ex-Queen, noch bevor Matthew den Zoom betätigte und sich Aruulas erster Eindruck bestätigte.
»An den Feuerstellen, die es umgeben«, antwortete sie
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