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284 - Augen der Ewigkeit

284 - Augen der Ewigkeit

Titel: 284 - Augen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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wollen, den die Bodyguards auf die Pritsche schnallten.
    Wenigstens war Dr. Willard nicht an der Testreihe gestorben. Dass er heute noch lebte, hielt Dr. Hoyt allerdings für unwahrscheinlich, denn nach Auswertung der Ergebnisse hatte Milan ihn kurzerhand vor die Tür setzen lassen.
    Wie gerne hätte sie etwas gegen den Millionär unternommen, bevor er völlig außer Kontrolle geriet. Aber was hätte sie tun sollen? Mit Ray, Mathis und Jim verfügte er über eine kleine bewaffnete Armee, die ihm immer treu ergeben war.
    Sie sah sich im Labor um.
    Die Doktoren Jacques Rainard und Frederic Wallot, die bereits Monate vor ihr für Milan tätig gewesen waren, diskutierten angeregt über das, was sie unter einem Mikroskop sahen. Sam van der Vlis schraubte an einer Apparatur für eine Augenoperation herum. Wie immer, wenn Milan das Labor betrat, ließen die anderen sie alleine mit dessen Launen. Feige Bande!
    Auch Dr. Xavier Cormand stellte keine Hilfe dar. Er konnte zwar am besten von ihnen mit seinem langjährigen Patienten umgehen. Im Augenblick zog er es aber vor, mittels eines Zapfhahns Nährlösung aus dem großen gläsernen Vorratstank, der auf einem Tisch mitten im Raum stand, in eine Petrischale zu füllen.
    Als sie vor fast einem Jahr ihre Arbeit für Milan aufnahm, hatte sie sich gefragt, was sie mit dieser unglaublichen Menge an Nährflüssigkeit anfangen sollten. Jetzt wusste sie es.
    Automatisch wanderte ihr Blick zu einem Regal an der Wand. Zu den gefüllten Gläsern, die darin standen. In einem schwamm ein Gehirn, in einem anderen Augen, in weiteren befanden sich menschliche Organe. Die Überbleibsel des ersten Probanden, mit deren Hilfe sie herausfinden wollten, was bei seiner Behandlung schiefgegangen war.
    Nein, Dr. Diana Hoyt hatte definitiv keine Lust, selbst irgendwann auf mehrere Gläser verteilt in diesem Regal zu enden. Oder auch nur vor der Tür bei all den Menschen, die täglich auf die Almosen Roger Milans hofften.
    Dass dieser Trick funktionierte, wunderte die Ärztin heute noch. Immer wenn Milans Stimme aus den Lautsprechern ertönte - er hatte inzwischen eine Aufzeichnung angefertigt -, verließen die meisten Verlorenen die Wärme der Villa und stellten sich in angemessener Entfernung vor dem Portal zum Bunker auf. Über den Monitor wählte dann meist der Bodyguard Ray jemanden aus, der vortreten und Nahrung in Empfang nehmen durfte. In der Zwischenzeit schlichen sich Jim und Mathis aus dem zweiten Ausgang und verschleppten einen der im Gebäude Zurückgebliebenen.
    Es hatte einige Zeit gedauert, die Leute - wie Milan es ausdrückte - zu dressieren. Aber als sie feststellen mussten, dass sich das Tor nicht öffnete, wenn sie sich zu nahe hindrängten, oder dass es einem eine Kugel in den Kopf einbrachte, wenn man bei geöffnetem Portal hinstürmte oder von oben auf die Rampe sprang, gewannen sie zumindest während der Essensausgabe an Disziplin. Wenn sie sich danach auf den Auserwählten stürzten, war das ihre Sache.
    Da sich Milans »Mildtätigkeit« herumsprach, kamen immer mehr Menschen nach Havré. Manche verließen die Villa wieder, um sich selbst durchzuschlagen. Bei dieser Fluktuation an Leuten fiel es auch nicht weiter auf, wenn immer mal einer verschwand.
    »Wie lange gedenken Sie noch hier herumzustehen und mich anzuglotzen?«
    Diana Hoyt zuckte schuldbewusst zusammen, als Milans Frage sie aus den Gedanken riss.
    Der Millionär schaute ihr aus geröteten, geschwollenen Augen entgegen. Allmählich lief ihm die Zeit davon, das war deutlich zu erkennen.
    »Entschuldigen Sie.« Hastig machte sie sich daran, dem Probanden die Binde abzunehmen. Ihre zittrigen Finger kribbelten unter Milans Blicken. Was würde wohl geschehen, wenn sie eines Tages eine wirkungsvolle Behandlungsmethode entwickelt hatten? Brauchte Milan sie dann überhaupt noch? Durften sie aus Dankbarkeit im Bunker bleiben? Oder würde er sie wegwerfen wie ein kaputtes Werkzeug?
    Bahn für Bahn legte sie das Gesicht eines vielleicht zwanzigjährigen Jungen frei. Als die Binde beseitigt war, bedeckten nur noch zwei Stücke Verbandsmull seine Augen.
    »Nehmen Sie sie ab.« Milan tänzelte vor Aufregung hin und her. »Jetzt nehmen Sie sie schon ab!«
    Da tauchte endlich Dr. Cormand neben dem Millionär auf. »Kleinen Moment noch. Zuerst müssen wir ihn aus der Narkose holen.«
    Er gab dem Probanden eine Spritze in die Armbeuge. Zwanzig, dreißig Sekunden später verkrampfte dessen Körper. Die Arme rissen so heftig an der

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