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285 - Am Nabel der Welt

285 - Am Nabel der Welt

Titel: 285 - Am Nabel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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erhellte sich jäh. »Wirklich?«
    »Das freut dich? Ich dachte, du machst dir Sorgen um deinen Bruder.«
    »Ich freue mich für jeden, der es schafft zu entkommen«, erwiderte Enno trotzig. »Wie oft sprachen wir darüber? Ich dachte, du wolltest das auch - weg von hier.«
    »Wohin sollte ich schon gehen?«, seufzte Damon. Er erinnerte sich an Vogler und Clarice, denen es gelungen war, sich mit der Zeit an die rauen Bedingungen dieses Planeten anzupassen. Aber sie waren wenigstens frei gewesen und hatten sich dementsprechend ganz anders motivieren können.
    »Überall«, sagte Enno, »ist besser als hier.« Und damit hatte er zweifellos recht.
    Bevor Damon etwas erwidern konnte, hörten sie Lärm von draußen. Sie eilten aus dem Anbau und sahen, dass wieder einmal Fremde aufgetaucht waren - diesmal aber solche, die nicht wie selbstverständlich von der Gemeinschaft aufgesogen wurden.
    Damon begriff im Bruchteil einer Sekunde, dass dies ein Angriff war. Und schon sein nächster Gedanke galt Calora. Er ließ Enno stehen, stemmte sich gegen die hohe Erdschwerkraft, die ihm immer noch Probleme bereitete, und rannte los.
    »Da bist du ja! Ich dachte schon…« Damon eilte Calora entgegen, die die Kapuze ihrer Kutte zurückgeschlagen hatte.
    »Wer ist das? Was wollen die?«
    Rings um sie herrschte ein Durcheinander, wie sie es noch nicht erlebt hatten. Die Mitglieder der Gemeinschaft hatten alles stehen und liegen gelassen, um sich der wilden Attacke einer Meute Fremder entgegenzuwerfen. Noch nie zuvor hatte Damon »seine« Marsianer so rabiat und rücksichtslos handeln sehen wie jetzt, da jemand es wagte, sie auf diese Weise zu provozieren und zu erzürnen.
    Die Fremden waren Menschen der Erde, daran gab es keinen Zweifel. Aber sie wirkten ganz anders als die Bewohner des Dorfes. Die Angreifer trugen abgewetzte Kleidung, die nicht einfach nur aus einem primitiv hergestellten Leinenstoff, Leder oder Fell bestand, sondern etliche Komponenten enthielt, die auf eine technologisch geprägte und höher entwickelte Kultur hinwies. Auf die Schnelle erkannte Damon Kunststoffe und Gerätschaften, die an Gürteln oder anderen Befestigungsmitteln baumelten. Am eindrucksvollsten aber waren die Waffen, mit denen sich die Unbekannten Respekt verschafften.
    Damons Blick fiel auf hochmoderne Handfeuerwaffen. Fast ohne Unterlass krachten Schüsse, die aber über lebende Ziele hinweg gerichtet waren, vermutlich um die Anwesenden einzuschüchtern und zur Aufgabe zu veranlassen. Was hier nicht funktionieren würde.
    »Ich bin mir nicht sicher«, keuchte Damon, der sich mit Calora hinter die Deckung einer verrosteten Lore flüchtete, »aber die Typen haben Ähnlichkeit mit einer Gruppierung aus Voglers Berichten - Retrologen nannte er sie. Sie sind auf der Jagd nach Relikten aus der Zeit vor dem Kometeneinschlag, sammeln technologische Überbleibsel, um sie meistbietend zu verkaufen oder selbst zu behalten. In Voglers Bericht stand allerdings, sie wären friedfertig und harmlos.«
    Calora blickte zu den Angreifern, deren Vormarsch in diesem Moment jäh zum Stocken kam. Denn plötzlich blies ihnen ein heißer Gegenwind entgegen - in Form von gebündelten Laserstrahlen, die Claudius Gonzales und seine Leute aus Waffen verschossen, die sie aus dem Wrack der CARTER IV hatten bergen können. Und damit nicht genug, zischten plötzlich auch Schwertklingen durch die Luft.
    »Ivee… Hast du Ivee gesehen?« Calora sah sich so besorgt um, als wäre ihr gerade erst aufgefallen, dass jemand fehlte.
    »Nein. War sie hier? Sie wird zu den anderen gelaufen sein. Du weißt ja, wie sie ticken…«
    Fasziniert beobachteten Damon und Calora aus ihrer Deckung heraus, wie die nordischen Amazonen, die irgendwann in einem Tross hier aufgetaucht waren, ihre Kutten abwarfen und ihre beeindruckend muskulösen Körper zum Vorschein brachten. Mit erhobenen Klingen rückten sie den Angreifern entgegen.
    Damon schätzte die Situation intuitiv richtig ein. »Gleich ist alles vorbei«, raunte er Calora zu. »Wenn wir es tun wollen, dann müssen wir sofort handeln. Jetzt. «
    »Wenn wir was tun wollen?«, fragte sie ungewohnt begriffsstutzig.
    »Was schon? Fliehen!«
    »Aber -«
    »So eine Chance bietet sich uns nicht noch einmal! Alle sind auf den Angriff konzentriert, niemand achtet auf uns.«
    »Sie werden uns trotzdem -«
    » Wagen wir es?« Er hatte sie an den Schultern gepackt und schüttelte sie.
    Als sie schließlich nickte, sah es aus, als wollte sie mit einem

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