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287 - Meister der Lüge

287 - Meister der Lüge

Titel: 287 - Meister der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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gemeint, ich hätte jemanden dort stehen sehen.«
    »Dann lass uns nachsehen.«
    »Lieber nicht«, erwiderte Wyett schnell. »Ich meine, ich hab mich sicher nur getäuscht, denn er hat ausgesehen wie ein Guul. Aber das ist Blödsinn. Hier gibt es keine Guule, und die laufen auch nicht im Freien rum, sondern leben unter Friedhöfen.«
    »Vielleicht war es ein Nosfera«, sagte Turner unbehaglich. Er hatte nun auch keine Lust mehr, nachzuschauen.
    Zurück in der Burg, wurden sie in der Eingangshalle von Ayrin gestellt. Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und musterte die Jungen mit strengem Blick. »Habt ihr mir die Schüssel mit dem Schokoladenpudding stibitzt?«
    »Welcher Schokoladenpudding?«, fragte Turner scheinheilig. »Ich weiß nichts von einem Schokoladenpudding. Du etwa, Wyett?«
    »Äh, nein, auch nicht. Aber ich mag Schokoladenpudding.«
    »Wenn er fertig ist, sag uns Bescheid, dann essen wir gerne davon«, sagte Turner. »Du machst wirklich den besten Schokoladenpudding der Welt.«
    »Er hat euch also geschmeckt?«
    Du glaubst doch nicht, dass ich auf eine so primitive Falle reinfalle, Mum… »Woher soll ich das wissen? Ich habe ihn ja nicht probiert.«
    »Dann hat ihn also Wyett ganz alleine aufgegessen? Ich meine, bis auf den Flecken, den er da an der Hose hat.« Ayrin tippte mit dem linken Schuh ein paar Mal auf den Boden. »Das ist doch Schokoladenpudding, oder?«
    »Oh Mist«, entfuhr es Turner. Er lächelte verzerrt. »Also gut, Mum, wir gestehen. Weißt du, wir waren so hungrig und konnten nicht widerstehen. Aber der Pudding war wirklich toll. Keiner macht ihn so gut wie du.«
    »Nein, niemand.« Wyett schüttelte eifrig den Kopf hin und her.
    »Was soll ich bloß mit euch machen?« Ayrin schüttelte ebenfalls den Kopf, wenn auch deutlich langsamer. »Ihr habt Glück, dass ihr in Rulfan einen Fürsprecher habt, sonst hätte ich euch schon längst in den Kerker gesperrt. Fünf Tage bei Wasser und Brot. Seid wenigstens so nett und beschafft mir die Schüssel wieder. Wo habt ihr sie stehenlassen?«
    »In den Gewölben«, entfuhr es Wyett, bevor ihn Turner daran hindern konnte.
    »Ich hab dir doch verboten, die Gewölbe zu betreten«, brauste Ayrin auf - um gleich darauf wieder in sich zusammenzusinken. »Ach, was soll's. Vergesst die Schüssel und bleibt den Gewölben ab sofort fern, darauf bestehe ich. Es ist gefährlich da unten. Schwört ihr das?«
    »Wir schwören, Mum.«
    »So schnell? Kann ich euch das glauben?«
    »Aber natürlich, Mum.«
    ***
    Anfang Oktober 2526, Canduly Castle
    Alastar benutzte ein Horsay, denn mit dem Vierbeiner kam er in den unwirtlichen Highlands besser voran als mit einem Radfahrzeug. Während er durch die herbstliche Landschaft ritt, war er tief in Gedanken versunken. Die märchenhaften Reichtümer Agarthas, von denen Meister Chan gesprochen hatte, hielten sein Denken fest im Griff.
    Was soll ich tun? Für die Reenschas schuften, bis ich irgendwann mal draufgehe? Nun, es ist kein schlechtes Leben. Ich bin versorgt, habe ein eigenes Haus und kann mir Wooms kommen lassen, wann immer ich will. Ich habe Macht, die Leute fürchten mich und sind ehrerbietig. Aber das täuscht nicht darüber hinweg, dass ich nur ein Befehlsempfänger bin, nicht viel mehr als ein besserer Sklave. Wenn sie rufen, muss ich spuren…
    Er schluckte schwer.
    Ihr Götter, was soll ich tun? Wirkliche Macht und Einfluss habe ich nicht. Aber ich will irgendwann reich und mächtig und unabhängig sein und keine Befehle mehr entgegennehmen müssen. Niemand soll mehr über mir stehen. Doch von alleine gebt ihr mir das nicht, ihr Götter, das weiß ich. Ich muss etwas wagen. War die Begegnung mit Meister Chan ein Wink von euch? Soll ich in Agartha mein Glück suchen? Aber ich habe den Reenschas doch die Treue geschworen…
    Immer wieder drehten sich Alastars Gedanken in allen möglichen Variationen um dieses Thema. Am späten Nachmittag langte er in Fakik an und ließ sich den Weg nach Canduly Castle weisen. Er führte durch Mischwald und Moore, an kleinen Ansiedlungen vorbei, und immer wieder steile Hügel hinauf und hinunter. Irgendwo hörte er einen Lupa klagen, langgezogen und traurig. Schließlich sah er von der Kuppe eines Hügels aus Canduly Castle im trüben Nachmittagslicht liegen. Die relativ kleine Burg stand ebenfalls erhöht. Spärlicher Wald zog sich bis ungefähr zur Hälfte des Hügels hoch.
    »Was ist denn das?«, entfuhr es dem verblüfften Chefexekutor. Auf dem freien Platz vor der

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