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287 - Meister der Lüge

287 - Meister der Lüge

Titel: 287 - Meister der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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steigendem Interesse beobachtete er, wie Rulfan und ein Techno im silbernen Overall das Luftschiff täglich optimierten. Bei den Probeflügen glaubte Alastar zu bemerken, dass sich das Flugverhalten des Luftschiffs ständig verbesserte.
    Der Chefexekutor hatte sich dazu entschlossen, Rulfan erst dann zu kontaktieren, wenn die Arbeiten abgeschlossen waren. Sollte der Albino sich weigern, ihn bei seiner Suche nach Agartha zu unterstützen - was zweifellos Rulfans Tod nach sich ziehen würde -, dann wollte er zumindest ein vollendetes Luftschiff stehlen können. Denn dass er damit den Flug zum Weltendach in Angriff nehmen würde, stand mittlerweile für ihn fest. Auch wenn er dafür seinen Treueschwur den Reenschas gegenüber brechen musste.
    Wie es aussah, rückte der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme nun schnell näher. Aus verschiedenen Anzeichen glaubte Alastar zu erkennen, dass sich die Arbeiten ihrem Ende näherten. Es sah aus, als wollte Rulfan auf eine größere Reise gehen. Das war an sich nicht schlecht - nur dass sein Ziel wohl kaum Agartha heißen würde. Nun lag es an Alastar, ihn zu überzeugen, seine bisherigen Reisepläne aufzugeben.
    Der Chefexekutor hatte sich in den Wipfeln dreier Bäume, von denen aus er beste Sicht auf das Geschehen hatte, häuslich eingerichtet. Er war ein Meister darin, sich lautlos und ungesehen zu bewegen. Trotzdem hätten ihn vor einigen Tagen zwei halbwüchsige Jungen, die sich im Wald herumtrieben, beinahe bemerkt. Das hatte ihn noch vorsichtiger werden lassen. Er war sich völlig sicher, dass kein Mensch dort drüben auf der Burg von seiner Anwesenheit wusste.
    Es wurde Abend und empfindlich kühl. Aus Erfahrung wusste Alastar, dass die Arbeiten am Luftschiff mit beginnender Dämmerung unterbrochen wurden. Zeit für ihn, seinen luftigen Ausguck wieder zu verlassen. Geschmeidig turnte er über die Äste des Baumes und das dichte Laubwerk nach unten, um sein in der Nähe angebundenes Horsay zu holen und dann hoch zur Burg zu reiten.
    Doch als der Chefexekutor auf dem untersten Ast stand, der sich gut eine Speerlänge über dem weichen Waldboden befand, erstarrte er für einen Moment. Nicht weit von seinem Ausguck entfernt, nur drei oder vier Bäume weiter, hatte der Sturm einen morschen, fast hohlen Baum umgedrückt. Halb schräg hing er zwischen den anderen Bäumen, während die aus dem Boden gerissene Wurzel eine massive Wand aus Geflecht und Erde bildete. Wo sie einst im Waldboden fest verankert gewesen war, gähnte nun ein riesiges Loch.
    Neben der Wurzelwand hatte Alastar eine huschende Bewegung wahrgenommen! Kein Tier, denn Waldtiere trugen gemeinhin keine rostroten Stoffe am Körper.
    Alastar tat, als habe er nichts gesehen. Er sprang vom Ast und federte in den Knien an. Dann erhob er sich und setzte sich wie zufällig in Richtung Wurzel in Bewegung. Zweige knackten unter seinen Schuhen; er gab sich keine Mühe, besonders leise aufzutreten. Mit beiden Armen schob er einige wuchernde Farne zur Seite…
    ... und fuhr herum. Rechts von ihm, vielleicht vier Speerlängen entfernt, stand ein Mann zwischen zwei Bäumen. Im ersten Moment wirkte er wie eine Erscheinung, da die Szene etwas völlig Irreales hatte. Starr wie eine Statue stand er da, die Beine breit gestellt, die Arme vor der Brust verschränkt, und musterte ihn mit unbewegtem Gesicht. Sein Schädel mit den schräg stehenden Schlitzaugen war völlig kahl, seine sehnige, mittelgroße Gestalt in rostrotes Leder gekleidet.
    Also habe ich mich doch nicht getäuscht…
    Der Mann trug eine Menge höchst gefährlicher Waffen am Gürtel. Alastar identifizierte drei Wurfsterne, zwei Dolche, ein Würgeeisen und einen unterarmlangen schmalen Stab, der in einer Schlaufe hing.
    Der Chefexekutor war sicher, dass es sich um einen Erleuchteten aus dem Inneren Kreis von Eibrex handelte. Und dass er gekommen war, um ihn zu treffen.
    Alastar war auch deswegen zum Chefexekutor aufgestiegen, weil er die Fähigkeit besaß, die Gefährlichkeit seiner Gegner realistisch einschätzen zu können. Die Erleuchteten , die er bisher innerhalb von Eibrex kennen gelernt hatte, waren harmlose, verweichlichte Typen gewesen. Das traf auf den Mann dort vorne ganz bestimmt nicht zu. Der machte viel eher den Eindruck eines gefährlichen, mit allen Wassern gewaschenen Kämpfers.
    Meister Chan war also ungeduldig geworden und hatte ihm diesen Kerl hinterher geschickt. Oder hatte er sogar geahnt, dass Alastar seinen Herren untreu werden würde? Den Reenschas

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