2892 - Der Tod kommt nie zu spät
aufgegeben hatte. Es wurde Zeit, ihnen dies zu bestätigen. Während ich scheinbar dem Druck im Nacken nachgab, stemmte ich beide Hände auf die Umrandung der Toilette und nahm sehr genau Maß.
»Na, gut. Ich werde reden«, stieß ich hervor.
Wie erwartet lockerte sich im gleichen Augenblick der Griff und gewährte mir damit unabsichtlich den erforderlichen Spielraum für die geplante Attacke. Ich stieß mich mit Händen und Füßen heftig ab und prallte wie gewünscht mit dem zweiten Angreifer zusammen, der wiederum gegen den Mann mit der Pistole taumelte. Ein Schuss löste sich mit lautem Krachen. Meine Handkante schoss auf den Kehlkopf des anderen Mannes zu, doch der war im Nahkampf bestens geschult. Während er den gefährlichen Handkantenschlag parierte, zuckte sein rechtes Knie in die Höhe.
»Raus hier! Der Schuss muss gehört worden sein«, rief der Mann mit der Waffe.
Es gelang mir zwar noch, den gemeinen Kniestoß abzuwehren, doch dazu musste ich eine Seitwärtsbewegung machen. Das hatte der Schütze vorausgesehen und schlug mir mit dem Pistolengriff gegen die Schläfe. Bunte Blitze zuckten vor meinen Augen auf, und erneut drohte ich in eine Ohnmacht zu versinken. Das Geräusch der sich eilig entfernenden Schritte wurde durch die zufallende Tür verschluckt.
***
Nachdem mich ein Arzt untersucht und mir ein leichtes Schmerzmittel verabreicht hatte, fand ich mich neben dem Bett von Steve wieder. Mittlerweile waren auch Phil und Kommissar Vente eingetroffen, die sich umgehend an die Ermittlungen machten.
»Wir haben zwei brauchbare Aufzeichnungen von Überwachungskameras, sodass wir sehr bald mehr über die Angreifer wissen werden«, sagte Vente.
Obwohl der Arzt Einwände erhob, funktionierte Steve sein Krankenzimmer in eine kleine Operationszentrale um. Ich hatte den Eindruck, dass er sich umso schneller erholte. Die Arbeit tat ihm gut, und deswegen ließen wir Steve auch gewähren.
»Welches Ziel dieser Angriff hatte, ist uns allen klar. Irgendjemand fühlt sich durch unsere Ermittlungen bedrängt. Im Grunde ein gutes Zeichen«, sagte Phil.
»Leider wissen wir nicht genau, wen wir eigentlich dermaßen aufgeschreckt haben«, ärgerte ich mich.
Wir mussten darauf bauen, dass uns die Aufzeichnungen der Überwachungskameras voranbrachten. Während Phil, Vente und ich miteinander diskutierten, schaute sich Steve zum wiederholten Mal die Kopie der Aufzeichnungen auf einem Laptop an. Unser niederländischer Kollege hatte das Gerät mitgebracht, wodurch Steve wieder mit der Außenwelt verbunden war.
»Der Mann war ebenfalls im Restaurant«, sagte er auf einmal.
Verblüfft schauten wir anderen auf den Monitor. Steve hatte das Standbild eines der Angreifer darauf eingefroren und nickte mehrfach voller Überzeugung.
»Das ist der dritte Schütze«, sagte er.
Bislang waren alle Anstrengungen ins Leere gelaufen, den dritten Attentäter ausfindig zu machen. Wir waren uns aber einig darin, dass er höchstwahrscheinlich aus dem Umfeld der Söldner kommen würde. Steves überraschende Identifizierung ließ uns jetzt aufhorchen.
»Woran hast du ihn erkannt? Die Killer trugen alle Masken, und nur der fehlende Finger von Dean Anderson war besonders auffällig«, hakte ich nach.
Kommissar Vente und Phil schauten ebenfalls leicht skeptisch drein, was Steve jedoch überhaupt nicht verunsicherte.
»Schaut euch die Seitentasche am rechten Oberschenkel an. Was seht ihr da?«, fragte er.
Selbst bei der schlechten Bildqualität war der Aufnäher mit einer Naht mitten durchs Motiv gut erkennbar.
»Das ist das Wappen einer Spezialeinheit der Fremdenlegion«, murmelte Vente.
Das Wappen an sich war bestimmt noch kein ausreichendes Merkmal, um den Träger eindeutig wiederzuerkennen. Doch mit der auffälligen Reparaturnaht schaute die Sache gleich ganz anders aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zwei Kampfhosen mit dem gleichen Wappen und einer identischen Naht geben könnte, war verschwindend gering.
»In deiner Aussage hast du dieses Merkmal nicht erwähnt«, sagte ich.
Es war ein bekanntes Phänomen, dass sich Opfer und auch Zeugen eines Verbrechens erst nach einer geraumen Zeit an kleine Details erinnerten. Bei Steve war es genauso, und seine Überzeugung ließ keinen Spielraum für Zweifel zu.
»Ich habe es die ganze Zeit angestarrt, während ich am Boden lag. Es war dieser Schütze, der das Kommando über die Killer hatte«, sagte er.
***
Seine Erinnerungen passten mit den Aussagen von Carlos Mendez zusammen.
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