2895 - Zeugen leben nicht lange
Staatsanwaltschaft ausgehandelt hat«, ergänzte Mr High.
Der Killer wollte dazu nicht einfach auf ein Polizeirevier gehen oder zu uns ins Field Office kommen.
»Er traut seinem Auftraggeber offenbar zu, mit anderen Gangstern seinen Tod vorzubereiten. Coburn geht davon aus, dass es für diesen Mann keine Probleme darstellt, einen oder mehrere Killer mit gefälschten Ausweisen in ein Revier und sogar bei uns ins Field Office einzuschleusen«, erklärte der Chef.
Das waren denkbare Motive, warum Coburn sich in aller Öffentlichkeit mit einem bekannten Agent treffen wollte.
»Es kann aber auch nur ein besonders perfider Trick sein«, sagte Phil.
Ich wollte trotzdem dieses Treffen wahrnehmen.
»Ich vertraue euch und weiß, dass ihr mich beschützen werdet«, sagte ich.
Mr High gab meinem Drängen schließlich nach und übertrug Phil die Leitung der Operation, mit der man mich bestmöglich absichern wollte.
***
Der Parkplatz an der Grand Central Station war wie immer sehr gut frequentiert, sodass ich das mulmige Gefühl in der Magengegend nicht loswerden konnte. Es war ein gut gewählter Treffpunkt, denn Seth Coburn konnte sich hervorragend verbergen und mich bestens beobachten.
»Special Agent Cotton vom FBI?«
Ein junger Mann hatte an die Seitenscheibe des Jaguar geklopft. Die Hand mit der SIG hielt ich so, dass er die Pistole nicht sehen konnte.
»Ja, das bin ich«, erwiderte ich.
Mit einem zufriedenen Nicken drückte er mir einen Zettel in die Hand und verschwand genauso schnell wieder, wie er am Wagen aufgetaucht war.
»Was wollte er?«, fragte Phil.
Ich trug ein unauffälliges Headset, damit meine Kollegen mich jederzeit kontaktieren konnten und ich ihnen notfalls das Stichwort zum sofortigen Eingreifen geben konnte.
»Mir eine Notiz von Coburn übergeben«, antwortete ich.
Auf dem Zettel stand lediglich eine Bahnsteignummer sowie die Aufforderung, sofort dorthin zu kommen. Ich gab die knappe Botschaft an Phil weiter, bevor ich aus dem Jaguar stieg. Wenige Minuten später fuhr ich mit der Rolltreppe hinunter zu dem neuen Treffpunkt, als mich jemand hart anrempelte. Ein eiliger Passagier drängte sich rücksichtslos von oben kommend an uns anderen vorbei. Meine kurzfristige Anspannung löste sich gerade, als ich eine Ausbuchtung in meiner Jackentasche spürte. Vorsichtig zog ich ein Mobiltelefon heraus und zuckte leicht zusammen, als der Anruf einging.
»Sagen Sie nichts, Agent Cotton! Ich weiß, dass Sie verkabelt sind. Sobald Sie auf dem Bahnsteig ankommen, werfen Sie Ihr Headset in den Mülleimer oder wir sehen uns nie wieder«, sagte Coburn.
Er sprach leise, sodass ich seine Worte fast mehr erahnte als verstand. Auf diese Weise vermied der Killer ein Mithören der Kollegen. Bevor ich etwas erwidern konnte, war die Verbindung unterbrochen. Da wir auch mit dieser Entwicklung gerechnet hatten, gab ich das vereinbarte Zeichen. Jetzt wusste Phil, dass Coburn über die Abhöraktion unterrichtet war und ich das Gerät entsorgen musste.
»Wir behalten dich im Blick, Jerry«, sagte Phil.
Auf dem Bahnsteig warf ich mein Headset gut erkennbar in einen der Müllbehälter und schlenderte anschließend weiter. Wie erwartet meldete sich das Mobiltelefon, wobei ich dieses Mal allerdings nur eine SMS erhielt. Sie forderte mich auf, in den zur Abfahrt bereitstehenden Zug einzusteigen. Es waren simple Schachzüge des Killers, um meine Beschattung außer Gefecht zu setzen. Kaum hatte ich jedoch das eine Abteil betreten, stiegen zwei Kollegen in das Nachbarabteil.
»Raus!«
Es war dieses eine Wort, welches ich als SMS erhielt. Unmittelbar vor dem endgültigen Schließen der Türen gelang mir der überraschende Ausstieg, während meine beiden Kollegen die unfreiwillige Fahrt antreten mussten. Seth Coburn spielte seine Karten gut aus und isolierte mich mit weiteren Tricks von immer mehr Kollegen.
***
Der Killer tauchte in einer Verbindungsgasse zwischen zwei Hotels urplötzlich hinter mir auf.
»Keine falsche Bewegung, Agent Cotton. Ich nehme nur zur Vorsicht Ihre Dienstwaffe an mich«, sagte Coburn.
»Reichlich viel Aufwand für ein Treffen, Coburn«, sagte ich.
Es klang nicht nur verärgert, ich war es auch. Zum großen Teil allerdings auf mich selbst, weil Coburn mich hatte überrumpeln können. Jetzt war ich dem Killer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Wahrlich kein gutes Gefühl. Hatten Phil und meine Kollegen den Anschluss halten können? Wenigstens meinen Partner hätte ich gerne in meiner Nähe
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