2898 - Leichen brauchen kein Alibi
bereits einmal gelogen. Wir mussten mehr Fakten sammeln, bevor wir ihn weichklopfen konnten.
»Haben Sie eigentlich Fang durch Ihre Freundin kennengelernt?«
»Ja, habe ich. Aber wieso interessiert es Sie, woher ich das Schlitzauge kenne? Ich fühle mich nicht gut, verflucht noch mal!«
»Ich werde eine medizinische Untersuchung bei Ihnen veranlassen«, sagte ich zu dem Verdächtigen. Damit überraschte ich sowohl Turner als auch Phil. »Bis uns ein Ergebnis vorliegt, unterbreche ich das Verhör.«
»Also, so schlecht geht es mir nun auch wieder nicht«, beteuerte Turner. »Ich habe nur etwas Kreislaufprobleme, die Luft hier drin ist übel.«
Ich erwiderte nichts, sondern stand auf und verließ den Raum, mein Freund folgte mir. Vor der Tür brachte Phil sein Erstaunen zum Ausdruck.
»Was ist denn los, Jerry? Habe ich irgendetwas nicht mitgekriegt? Warum willst du den bösen Buben denn durchchecken lassen? Glaubst du, er ist ernsthaft krank?«
»Das wird sich zeigen, wenn Doc Reiser mit ihm fertig ist. Auf jeden Fall sah Turner so aus, als ob er einen Drink vertragen könnte.«
»Okay, du hältst ihn also für einen Alkoholiker. Kann sein, aber viele unserer Verdächtigen hängen an der Flasche oder nehmen Drogen. Oder beides. Ich sehe nicht, was das mit dem Mord zu tun hat. Glaubst du, Turner hat Reed im Suff abgeknallt?«
»Nein, das nicht. Vielmehr könnte ich mir vorstellen, dass der Whisky Turners Zunge gelöst hat. Hast du dich noch nicht gefragt, woher unser Informant überhaupt von dem Container mit der gefälschten Markenware wusste? Reed gehörte nicht zu Fangs und Turners Bande, jedenfalls deutet noch nichts darauf hin. Mit Produktpiraterie hat er noch niemals etwas zu tun gehabt.«
Phils Gesicht hellte sich auf.
»Ah, ich kapiere! Du meinst, Reed ist eine Barbekanntschaft unseres Freundes Turner. Deshalb hat er ihn auf dem Foto wiedererkannt, obwohl er es leugnet. Das ist mir nämlich auch aufgefallen. Turner hat sich irgendwann verquatscht und am Tresen mit seinen tollen illegalen Importen geprahlt. Daraufhin wurde unser FBI-Zuträger hellhörig, hat sich alles gemerkt und die Information an Steve Dillaggio weitergegeben. Dadurch unterschrieb er sozusagen sein eigenes Todesurteil.«
»Genau, Phil. Und Turner könnte Reed erschossen haben, um seinen eigenen Fehler sozusagen wieder ungeschehen zu machen. Aber es bleibt noch die Frage, warum Turner so gerne in eine Bundesstrafanstalt will.«
»Ja, richtig. Hast du zu dem Thema auch eine Idee, Jerry?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Möglicherweise arbeiten Turner und Fang für die Triaden. Du weißt selbst, dass die chinesischen Geheimgesellschaften keine Versager dulden. Es wird ihnen gar nicht gefallen, dass der Container in die Hände des FBI gefallen ist. In einem normalen Gefängnis wären die beiden Verurteilten vor der Triaden-Rache nicht sicher. Aber in einer Bundesstrafanstalt wäre es besser für sie. Der lange Arm der Geheimgesellschaften reicht nicht bis in diese Gefängnisse. Dort müssten sie nicht fürchten, unter der Dusche ein selbstgeschnitztes Messer zwischen die Rippen zu bekommen.«
Phil nickte.
»Ja, das ist ein einleuchtender Grund für die Ängste von Fang und Turner. Ich bin gespannt, was Doc Reiser sagt. Außerdem müssten wir auch bald die Ergebnisse der Hausdurchsuchungen erfahren.«
***
Natürlich blieben Phil und ich nicht untätig, während der FBI-Arzt den Gesundheitszustand des Mordverdächtigen abklärte.
Wir fuhren in meinem roten Jaguar-E-Hybriden zunächst ins gerichtsmedizinische Institut.
»Ich habe die Leiche obduziert«, sagte die junge Pathologin Jenny Bolder zu uns. »Der Tod wurde durch drei Projektile im Kaliber .38 verursacht. Ein Geschoss drang in den hinteren mittleren Schädelbereich. Die weiteren Treffer erfolgten links und rechts der Wirbelsäule. Tödlich war letztlich der Kopftreffer.«
Ich nickte und stellte die entscheidende Frage. »Wann genau wurde Reed erschossen?«
»Der Tod trat zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens ein«, antwortete die Pathologin. Phils Gesicht zeigte Enttäuschung.
»Dann können weder Lee Fang noch Mike Turner persönlich die Waffe abgefeuert haben. Während dieses Zeitraums wurden sie nämlich von uns verhaftet und waren bereits auf dem Weg in die Arrestzelle.«
Jenny Bolder hob eine Augenbraue.
»Dann habt ihr also schon zwei Mordverdächtige, wenn ich das richtig sehe?«
Ich nickte.
»Vielleicht kann ich euch trotzdem helfen«, fuhr die
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