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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hat; er kann seine Füße nicht mehr beherrschen und bewegt sich wie ein junger, noch blinder Hund, der nicht laufen kann und, so oft er sich erhebt, immer wieder niederfällt. Dabei ist die Seele aus seinen Augen gewichen; seine Lippen fallen herunter, und wenn er sprechen will, kommt nur ein Lallen über seine Zunge, welches das Gelächter der Zuhörer erregt. Sein armes Weib, das ihn früher wohl liebte und ihm eine freundliche Gefährtin war, hat ihm ihr Herz wieder entrissen; sie steht scheu in der Ecke und schämt sich seiner; ja, sie fürchtet sich sogar vor ihm, denn sie ist von der Hand, die ihr eine Stütze auf dem Weg durch das Leben sein sollte, geschlagen und mißhandelt worden. Die Kinder meiden seine Nähe; wenn er mit ihnen spricht, so zittern oder lachen sie, denn sie wissen nicht, ob sie über ihn lachen oder weinen sollen. Das Gesinde, welches ihn achten und ehren und ihm gehorchen sollte, sieht seine Würde im Schmutz liegen und verhöhnt ihn, so oft er seinen Rücken wendet. Die Mitbürger und Ehrenmänner, zu denen er gehören sollte, mögen nichts mehr von ihm wissen; sie meiden ihn, und wenn er ihnen dennoch in die Nähe kommt, so wenden sie sich von ihm ab, wie man zurückfährt, wenn man beim Pflücken der Tschilek (Erdbeere) unter dem Laub den kalten Leib einer häßlichen Kara Kurbadscha (Kröte) berührt. Die Obrigkeit, die ihn einst wertschätzte und ihm vielleicht gar ein ehrenvolles Amt anvertraute, wird vorsichtig gegen ihn; sie beobachtet seine Schritte und alles, was er tut, denn sie weiß, daß der Geist des Raki ihn nach und nach unfähig machen wird, dieses Amt zu verwalten. Also – – –“
    „Halt ein!“ unterbrach er mich da. „Sprich nicht weiter! Alles, alles was du jetzt gesagt hast, paßt so genau auf mich, als ob du mich seit Jahren gekannt und beobachtet hättest. Habe ich doch erst noch in voriger Woche hören müssen, daß ich in nächster Zeit nicht mehr Charadschi sein werde, weil es zu gewagt sei, mir das Einsammeln der Steuern länger anzuvertrauen. Darum wich die Betrunkenheit sofort von mir, und der Schreck warf mich fast zur Erde, als ich entdeckte, daß die zehntausend Piaster verschwunden waren.“
    „So gibst du also zu, daß der Raki dich an den Rand des Verderbens gebracht hat?“
    „Ja, Effendi, ja!“
    „So wirst du auch einsehen, daß du ihn von jetzt an meiden mußt, wenn du nicht in dieses Verderben stürzen willst. Ich bin ein Christ, dessen Pflicht es ist, jeden strauchelnden Menschen, auch wenn derselbe einen andern Glauben hat, zur Besserung und zum Glück zu führen. Darum will ich dir jetzt, obgleich du Moslem bist und dein Wohl mir eigentlich vollständig gleichgültig sein könnte, die Hand zur Rettung bieten. Ich verspreche dir, alles aufzubieten und selbst mein Leben daran zu wagen, daß du das gestohlene Geld wiederbekommst. Dafür mußt aber du mir heilig versprechen, daß du von jetzt an den Raki meiden willst!“
    Da sprang er auf und rief vor Freude fast überlaut, gar nicht daran denkend, daß er durch seine Stimme unsere Anwesenheit verraten könne: „Ich werde ihn meiden; ja, ich werde ihn meiden; das verspreche ich dir!“
    „Nicht so laut! Ich glaube, daß du dieses Versprechen gerne gibst; aber du denkst in diesem Augenblick nicht daran, wie schwer es zu halten ist. Nimm dir nicht vor, von heut an gar keinen Raki zu trinken; das würdest du nicht fertigbringen, sondern der Trunksucht ganz im Gegenteil nur noch mehr verfallen. Trinke von heute an nur noch die Hälfte von dem, was du bisher täglich getrunken hast, nach einem Monat nur das Viertel, nach drei Monaten halb soviel wie vorher, bis du so weit gekommen bist, daß du täglich nur so viel genießt, wie du mit drei kleinen Schlucken nehmen kannst. Diese drei Schlucke darfst du dann täglich bis an dein Ende trinken; das erlaube ich dir. Liegt dir aber daran, ein Allah wohlgefälliges Werk zu verrichten und ein ganz glücklicher Mann zu sein, der sich dereinst ohne Straucheln der Brücke des Todes getrost anvertrauen kann, so meide auch diese drei Schlucke und trinke nichts, aber auch gar nichts mehr, was dich betrunken machen kann; denn Mohammed, dein Prophet, hat gesagt: Kullu muskürün haram – alles, was trunken macht, sei verboten, sei verflucht!“
    Da streckte er mir die Hand wieder hin, ja beide Hände zugleich, und sagte:
    „Emir, ich höre, daß du von mir nicht mehr verlangst, als was ein schwacher Mensch zu leisten vermag. Ich werde deinem Gebot

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