29 - Im Lande des Mahdi III
sich straffer auf und sagte hastig:
„Ist das dein Ernst, o Emir? Versprichst du mir das wirklich?“
„Ja.“
„So sei Allah Preis und Dank! Ich bin gerettet, denn was der Emir Hadschi Kara Ben Nemsi verspricht, das hält er auch, obgleich Schir Samurek, der Räuber, über ihn gelacht hat!“
„Wann hat er gelacht, bei welcher Gelegenheit und warum? Kannst du mir das sagen? Kannst du dich besinnen und mir alles erklären, wie du zu ihm gekommen bist und was da alles gesprochen worden und geschehen ist?“
„Wenn du es erfahren willst, so werde ich es dir sagen.“
„Aber genau, ganz genau, denn es kommt viel, ja alles darauf an! Nimm dein Gedächtnis zusammen, denn an dem, was du erzählst, kann das Leben und der Tod von vielen Menschen hängen. Und dein Geld, das kannst du auch nur dann zurückbekommen, wenn dein Bericht ganz genau und richtig ist!“
„Oh, Emir, ich weiß jetzt alles ganz genau. Wenn du sagst, daß du mir mein Geld verschaffen willst, so wächst die Schärfe meines Gedächtnisses, und ich besinne mich auf jedes Wort, welches ich gehört habe!“
„So sprich! Aber fasse dich kurz, denn die Zeit ist kostbar, und es können Gründe für uns eintreten, selbst mit den einzelnen Minuten geizig zu sein! Wo und wie bist du mit Schir Samurek zusammengekommen?“
„Du weißt, ich ritt mit unserem Nezanum und einigen Leuten fort, um Aqil, dem Dieb, das Geld wieder abzujagen. Wir fanden seine Spur nicht; aber wir glaubten, er müsse, um sich in Sicherheit zu bringen, über die persische Grenze geflohen sein. Darum wendeten wir uns der Grenze zu, hörten aber in keinem Ort und an keinem Haus, daß er von jemand gesehen worden sei. So ritten wir weiter bis fast um die Mittagszeit, wo wir einsehen mußten, daß wir auf einem falschen Weg waren. Wir kehrten also um und wollten es nun mit der Richtung nach Rowandis und Lahijan versuchen. Wir wandten uns also nach Norden, immerzu nach Norden, bis der Teufel uns den Kurden in den Weg führte. Diese umringten uns, banden uns und führten uns mit sich fort bis hierher.“
„Da nahm es euch wohl wunder, den so vergeblich gesuchten Dieb bei ihnen zu finden?“
„Ja, er ist bei ihnen, aber nicht als freier Mann, sondern als Gefangener, sein Sohn auch. Heut nacht werden beide sterben; sie werden die Opfer der Blutrache und ihrer eigenen Schlechtigkeit sein.“
„Ist ihr Tod eine fest beschlossene Sache?“
„Ja; sie können ihm nicht entgehen, und es ist ein schrecklicher Tod, den sie erleiden werden.“
„Kennst du die Todesart?“
„Ja; sie werden von den Bären zerrissen und gefressen werden.“
„Ah! Was für ein Mensch ist dieser Scheik der Kelhurkurden! Wie kommt er denn auf den Gedanken, sie den Bären vorzuwerfen? Gibt es denn hier Bären, deren er sich zu diesem Zweck bedienen kann?“
„Ja, und er hat sich alles so genau ausgedacht und überlegt, daß es gelingen muß. Er ist ja nur deshalb hierher gezogen, um die beiden Bebbehkurden den Bären zu bringen. Seine Krieger sind vor einiger Zeit droben bei der Mussallah el Amwat jagen gewesen und haben dort das Bärenlager entdeckt. Auf dem Rückweg haben sie dann einen Baum mit wilden Bienen gefunden. Beides wird heut abend zur Hinrichtung der beiden Bebbeh benutzt. Schon längst sind zehn oder zwölf Kelhur fort, um Honig zu holen.“
„Weißt du, wie derselbe verwendet werden soll?“
„Vielleicht habe ich nicht alles richtig verstanden; aber das Bärenlager befindet sich nicht weit von der Musallah. Die Bebbeh sollen gefesselt und mit Honig bestrichen werden; dann schafft man sie in das Innere der Musallah. Von da aus bis zum Bärenlager sollen Wabenstücke mit Honig gelegt werden, um die Bären nach der Musallah zu locken; dort werden sie die Gefesselten erst ablecken und dann fressen.“
„Allah, Allah!“ ließ sich da Halef schaudernd hören. „Sind diese Kelhur Menschen zu nennen? Sihdi, wollen wir die Bebbeh retten, obgleich sie unsere Todfeinde sind, und an ihrer Stelle diesen Schir Samurek den Bären vorwerfen?“
So war der kleine, brave Kerl! Er wollte die beiden Bebbeh von dem qualvollen Tode befreien, obgleich Aqil die Kelhur auf uns gehetzt und sein Sohn uns sogar noch in der letzten Nacht nach dem Leben getrachtet hatte! Er trug sich zwar äußerlich als Moslem, war aber innerlich ein besserer Christ als Hunderttausende, welche sich zwar mit Christi Namen brüsten, aber nicht eine Spur von der wahren Nächsten- oder gar Feindesliebe im Herzen tragen.
Der
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