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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dieser Art von Bären giftig und müssen weggeworfen werden.“
    Jetzt banden wir der Bärin das Kreuz aus den Pranken, legten sie um und schälten sie aus dem Fell, was nur langsam vor sich ging, weil sie nicht warm war. Den Pelz nahm dann Schir Samurek gleich an sich. Dasselbe geschah dann mit den Jungen, über deren Häute sich Halef sofort hermachte, um die noch anklebenden Fleischteile mit Hilfe einiger Kurden abzuschaben und sie dann mit dem Gehirn einzureiben. Inzwischen gingen Aqil und sein Sohn nach dem Wasser, um sich und ihre vielfach zerfetzten Anzüge von dem Honig zu reinigen, dessen Süßigkeit ihnen hatte so verhängnisvoll werden sollen.
    Als das Fleisch der Bären verteilt worden war, begann das Braten desselben und dann der Schmaus, bei dem die Freundschaft zwischen uns und den Kelhur abgeschlossen wurde – für ewige Zeiten. Was solche Ewigkeiten zu bedeuten haben, und von welcher Dauer sie sind, das wissen die Diplomaten aller Länder, und das wissen auch die Kurden. Die Bärentatzen schmeckten mir und Halef ausgezeichnet. An das Fleisch der uralten ‚Bärin der Unsterblichkeit‘ hätte ich mich nur in der größten Hungersnot gewagt; es war unbeschreiblich hart und zäh und mußte wie Sohlenleder schmecken, aber diesen Kurden schien es einen wahren Göttergenuß zu bereiten. Wenigstens versicherten sie einstimmig, daß sie noch niemals solche leckere und ehrenvolle Lukmat esch Schühret (Bissen der Berühmtheit) genossen hätten. Der Stolz, grad diese berühmte Bärin verspeisen zu dürfen, machte ihre Geschmacksnerven allem Anschein nach vollständig empfindungslos.
    Nach dem Essen wurde aus hartem, dauerhaftem Holz ein riesiges Kreuz gezimmert und dann hoch auf der Vordermauer der Musallah befestigt, so daß es der vereinigten Kräfte vieler Männer bedurfte, es von da zu entfernen. Als wir damit fertig waren, fragte Ssali Ben Aqil:
    „Effendi, ich habe auf meinen Reisen viele Eigentümlichkeiten der Europäer kennengelernt. Ich weiß, daß sie bei Gelegenheiten, wie die jetzige eine ist, eine feierliche Takdis (Einweihung) zu veranstalten pflegen. Bist du nicht der Meinung, daß so eine Takdis auch hier zu geschehen habe?“
    Ich war selbstverständlich darüber erstaunt, daß er, der Moslem, sogar der Prediger des Islam, mir die Einweihung dieses Zeichens des Christentums in Vorschlag brachte. Natürlich ging ich darauf ein, mußte dabei aber vorsichtig sein; ich durfte die Glaubensansichten der Kurden nicht beleidigen und mußte mich vor allen Dingen hüten, den Samen zu vernichten, der heut in viele Herzen gefallen war.
    Darum antwortete ich:
    „Ja, wir wollen dieses Kreuz einweihen. Es soll in diesen Bergen, in denen bisher der Haß und die Unversöhnlichkeit wohnten, als das Sinnbild der Liebe und des Friedens stehen. Seid ihr damit alle einverstanden?“
    Ich erhielt ein hundertstimmiges Ja zur Antwort und fuhr fort:
    „Wenn jemand unter euch das Trotzlied von Fileh el Mafileh kennt, so möge er mir den Anfang desselben sagen!“
    Da war es gleich der Scheik, welcher antwortete:
    „Gasa, Nikma, Bugda, Thar – Strafe, Vergeltung, Haß, Blutrache – – –“
    „Halt, mehr brauche ich nicht!“ unterbrach ich ihn. „Diese vier Worte sagen zur Genüge, was für finstere Wolken seit Jahrhunderten auf diesen Bergen und Tälern gelegen haben; sie sollen von der Sonne der Liebe und Güte zerteilt und vertrieben werden. Wenn einer von euch Farbe bei sich hätte, würde ich euch ein anderes und schöneres Muwal (Lied) an dieses Kreuz schreiben, welches das Herz eines jeden Menschen erleuchten würde, der hierher käme und es läse.“
    Da rief mir einer zu:
    „Effendi, ich bin der Schabbar (Färber) des Stammes und habe mehr Nila (Indigo) bei mir, als du zu einer solchen Schrift nötig hast.“
    Das war mir lieb. Einen Pinsel gab es zwar nicht, doch fertigte ich mir einen, indem ich ein Stück grünes Holz abschnitt und das eine Ende desselben kaute, daß es faserig wurde. Dann mußten zwei starke Kurden mit mir hinauf zum Kreuz steigen; ich stellte mich auf ihre Schultern, so daß ich den Querbalken des Kruzifix erreichen konnte, und schrieb in arabischer Sprache, was mir der Augenblick eingab. In arabisch ist es viel kürzer als in deutscher Sprache, in welcher es, Reim beibehalten, ungefähr lauten würde:
    ‚Die Güte leite all dein Handeln;
Die Milde leite all dein Tun.
Du sollst in Gottes Liebe wandeln;
Du sollst in Gottes Liebe ruhn!‘
    Als ich fertig war und Ssali Ben

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