Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nach der Musallah verhindert. Nun aber war diese Decke von dem kräftiger werdenden Luftzug zerrissen worden und die Kapelle lag frei vor den Augen derer, die gestern alle die höhnischen Worte ihres Anführers gehört hatten. Ihre Betroffenheit läßt sich denken, als sie dieselben in Erfüllung gegangen sahen und den Bären mit dem Kreuz erblickten. Natürlich eilten sie nach der Lagerstätte des Scheiks und sahen zu ihrem Schrecken, daß er verschwunden war. Seine Abwesenheit mit dem Erscheinen des Bären da drüben verbindend, erhoben sie das von mir erwähnte Angstgeschrei.
    „Sie haben Sorge um mich; sie suchen nach mir“, sagte Schir Samurek. „Sie werden den Wald durchstöbern und hierherkommen. Und da sie nicht wissen, daß wir Freunde geworden sind, werden sie auf euch schießen und dadurch euer Leben in Gefahr bringen. Aber wenn ich dich bäte, hinab zu ihnen gehen zu dürfen, Effendi, um sie zu benachrichtigen, könntest du mir mißtrauen, denn unsere Freundschaft ist erst einige Minuten alt und hat noch keine Beweise meiner Aufrichtigkeit gegeben. Sag also du, was jetzt geschehen soll. Ich werde alles tun, was du von mir verlangst.“
    Ich antwortete auf diese ehrlich gemeinte Aufforderung ruhig:
    „Es bedarf keiner solchen Beweise, denn ich glaube dir. Nach dem großen Vertrauen, welches ich dir vorhin schenkte, kannst du es nicht für möglich halten, daß ich dich jetzt, so schnell danach, mit einem Verdacht kränke, welcher dich beleidigen und den geschlossenen Bund sofort wieder zerstören müßte. Steig also hinab und erzähle deinen Kriegern, was geschehen ist. Wir werden hier auf deine Rückkehr warten.“
    Da drückte er mir herzlich beide Hände und sprach:
    „Das ist wieder ein Edelmut, den ich bisher für nicht zu glauben hielt. Nun ich ihn aber kennenlerne, macht er die guten Vorsätze meiner Seele doppelt fest. Ja, ich werde gehen und dir schneller, als du denkst, beweisen, daß mein Mund nicht zwei Zungen hat, welche verschiedene Sprachen reden. In kurzer Zeit bin ich wieder hier bei euch.“
    Als er sich entfernt hatte, äußerten die Bebbeh ihren ängstlichen Zweifel an seiner Aufrichtigkeit. Auch Halef warnte mich:
    „Sihdi, du wagst zu viel! Warum bist du heut viel weniger vorsichtig als zu andern Zeiten?“
    „Weil ich nicht durch Mißtrauen zerstören will, was ich durch Vertrauen erworben habe. Unvorsichtig werde ich trotzdem nicht sein; nur braucht er nicht zu wissen, daß ich, um ihn zu beobachten, ihm folgen werde. Bleibt hier! Ihr werdet nicht lange zu warten haben, denn ich komme jedenfalls eher wieder als er.“
    Während ich nach unten stieg, war das Schreien und Rufen noch zu hören; bald aber verstummte es. Der Scheik war bei den Seinen angelangt und hatte seinen Bericht begonnen. Ich setzte meinen Weg mit doppelter Schnelligkeit fort, was jetzt, am hellen Morgen, keine Schwierigkeiten hatte. Es dauerte nicht lange, so hörte ich seine Stimme. Ihrem Schall folgend, erreichte ich den Waldrand und sah ihn mitten unter seinen Kriegern stehen. Ich verstand jedes Wort, welches er ihnen sagte, weil er in dem lauten Ton eines Redners sprach. Schon die erste Minute überzeugte mich, daß er es ehrlich meinte; ich wartete aber trotzdem, bis er mit seinem Bericht zu Ende war und sie eindringlich auch zum Frieden mahnte. Er stieß, wie auch gar nicht anders zu erwarten war, zunächst auf einigen Widerspruch; seine Leute hatten nur an den Austrag ihrer Rache gedacht und sich nicht in einer so schlimmen Lage wie er befunden; aber es wurde ihm doch nicht schwer, die wenigen Gegner seiner Ansicht zu derselben umzustimmen, und ich machte mich, als ich mich davon überzeugt hatte, auf den Rückweg zu den Gefährten.
    Ich saß seit nur einigen Minuten wieder bei ihnen, so kam Schir Samurek auch zurück und zwar ganz allein.
    „Effendi, du wirst mit mir zufrieden sein!“ sagte er. „Meine Krieger hörten zwar mit großem Erstaunen, daß die Bebbeh noch am Leben seien; als sie aber erfuhren, daß du die beiden gerettet und mich dafür ergriffen, dann aber freiwillig wieder freigegeben hast, siegte bei ihnen der Wunsch, den Emir Kara Ben Nemsi Effendi als Freund und Gast bei sich zu haben und dadurch den Neid der anderen Stämme zu erregen. Sie werden dich und Hadschi Halef Omar mit Freuden empfangen und ich bin nur jetzt allein gekommen, um dir zu beweisen, daß du mir vertrauen darfst. Schau, ich bin ohne Waffen. Nehmt mich in eure Mitte und geht mit mir hinab. Meine Krieger haben

Weitere Kostenlose Bücher