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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich auf die eine Seite des Lagers zurückgezogen und auf der andern alle ihre Flinten und Messer vorher abgelegt; du würdest also schon allein mit deinem Zaubergewehr jede Hinterlist leicht bestrafen können.“
    „Diese Versicherung gereicht zu deiner Ehre, doch für uns ist sie überflüssig, weil wir wissen, daß du uns nicht betrügen wirst. Du bist also bereit, die Bedingungen zu erfüllen, welche ich dir vorhin gestellt habe?“
    „Ja; doch habe ich eine Bitte.“
    „Welche?“
    „Wenn du mir das Fell der Bärin überlassen wolltest, würde es für unsern ganzen Stamm ein Heiligtum des Andenkens an Kara Ben Nemsi sein.“
    „Du sollst es haben; die Felle der drei Jungen aber wird Halef mit zu den Haddedihn nehmen.“
    „Wie? Drei Kinder hatte diese riesenhafte Mutter der Gefräßigkeit?“
    „Ja.“
    „Oh, ihr Helden! Wie ist es euch denn möglich geworden, diese Tiere zu töten, ohne daß wir einen einzigen Schuß gehört haben?“
    „Das wirst du nachher erfahren. Mein guter Hadschi Halef Omar ist ein großer Meister des Erzählens; ihr werdet aus seinem beredten Mund hören, wie alles gekommen ist, von unserm Einritt in Khoi an bis auf den jetzigen Augenblick.“
    Nichts war dem kleinen Hadschi lieber, als wenn er so recht nach seinem Gusto erzählen konnte; darum bereitete ihm dieser Hinweis auf sein Talent die größte Freude. Er fühlte sich geschmeichelt und bestätigte, sich in die Brust werfend, meine Worte:
    „Ja, das ist sehr wahr. Allah hat mir die Gabe der überwältigenden Rede verliehen, und wo ich meine Stimme erschallen lasse, da schweigen alle Menschen, Pferde und Kamele. Ihr sollt erfahren, wie wir euch gefunden haben, wie mein Sihdi dich und die beiden Rosse herausgeholt hat und wie der Unsterblichkeit der Bärin ein so schnelles und ruhmloses Ende bereitet wurde. Eure Ohren werden voll werden von den Klängen unserer Pfiffigkeit und von den Tönen unserer Tapferkeit; wir aber konnten uns in Khoi nur mit Datteln versehen, welche nichts taugen, weil sie wurmstichig sind, und freuen uns also sehr darauf, von euch bessere zu bekommen. Rih, unser edler Rappe, ist an diese Frucht gewöhnt, und da ihr ihn gestern schlecht behandelt habt, so daß er vor Zorn und Ärger gar nicht fressen konnte, so muß er nun täglich wenigstens zweimal eine Ruba (5 Liter) gute Datteln bekommen, bis sich sein Grimm gelegt hat und er wieder zu Kräften gekommen ist.“
    Der kleine Kerl benutzte die Gelegenheit, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden; daß er dabei den Mund sehr voll nahm, das lag in seiner Art und Weise; freilich wollte mir die Unverfrorenheit seiner Forderung nicht gefallen, doch nahm der Scheik sie mit guter Miene hin, indem er versprach, sie nach Möglichkeit zu erfüllen. Wer hätte es für möglich gehalten, daß dieser Räuber, dem kein Gesetz als nur das der Blutrache heilig gewesen war, so rasch und in solcher Weise ein ganz anderer werden könne! Noch heute ist mir wenigstens das eine unbegreiflich, daß er, scheinbar so leichten Herzens, auf Rih verzichtete, ohne nur ein einziges Wort des Bedauerns laut werden zu lassen. Das konnte nicht allein die Wirkung der ausgestandenen Todesangst sein, sondern des Wortes von der Liebe, die ja mächtiger ist als alles andere im Himmel und auf Erden.
    Wir stiegen mit ihm, die beiden Pferde an den Zügeln führend, zum Lager hinab, wo wir es so fanden, wie er uns gesagt hatte: rechts lagen die Waffen alle beisammen, und links vom Teich saßen die Kelhurs, welche Halef und mich mit bewundernd neugierigen Blicken empfingen, während sie die Bebbeh einstweilen gar nicht zu beachten schienen. Am freudigsten wurden wir von dem Nezanum und seinen Begleitern bewillkommnet, die uns die Befreiung aus der Gefangenschaft und von der Zahlung des Lösegeldes zu verdanken hatten.
    Die Hauptsache war natürlich, wie bei allen wilden und halbzivilisierten Völkern, ein Schmaus, welcher sogleich veranstaltet wurde und zu dem das Fleisch der vier Bären eine vortreffliche Beigabe bot. Ein Freundschaftsschluß kann nur dann als bindend betrachtet werden, wenn er durch einen solchen Schmaus bestätigt und bekräftigt worden ist.
    Was die Bären betrifft, so folgten die Kelhur uns trotz ihrer großen Neugierde nicht ohne Scheu nach der Musallah hinüber. Als wir drüben anlangten, sagte der Scheik, indem er auf die tote Bärin deutete:
    „Effendi, ich rühre sie nicht eher an, als bis ich weiß, daß sie wirklich tot ist und bis sie das Kreuz nicht mehr

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