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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Aqil es den schriftunkundigen Kurden vorlas, erntete ich lauten und allgemeinen Beifall. Ich sprach eine kurze Weiherede, forderte die Zuhörer auf, niederzuknien und die Hände zu falten und betete das Vaterunser, an dessen Schluß alle in mein Amen mit einem kräftigen Amin einfielen, ein Wort, welches ganz dieselbe Bedeutung hat. Es war wohl nur Ssali Ben Aqil allein, welcher wußte, daß sie damit einen außerordentlichen Verstoß gegen die Satzungen des Islam begangen hatten.
    Es versteht sich ganz von selbst, daß die Wachen, welche unten im Flußbett gestanden hatten, um uns abzufangen, längst eingezogen worden waren. Das Einvernehmen aller war jetzt ein so gutes, als ob niemals eine Feindschaft zwischen uns gelegen hätte. Wir beschlossen, noch nicht fortzuziehen, sondern den ganzen Tag und auch noch die folgende Nacht hier oben bei der Musallah el Amwat zu bleiben, und da kann man sich denken, daß mein kleiner, redseliger Halef diese Gelegenheit ausnützte, von meinen Taten und von meinen Vorzügen zu erzählen, worunter er aber nicht zum wenigsten die seinigen meinte.
    Auch ich ließ diese Gelegenheit nicht vorübergehen, ohne – – – zu erzählen? O nein! sondern ohne den ausgestreuten Samen zu begießen, wobei mir Ssali Ben Aqil ein sehr aufmerksamer Zuhörer war. Ich gedachte des Wortes unsers Heilandes an Petrus: „Von jetzt an wirst du Menschen fangen!“ und zugleich des Dichterwortes: „O Gott, wie muß das Glück erfreuen, der Retter einer Seele sein!“
    Ich erzählte von den alttestamentlichen Weissagungen, von Christi Geburt, seinem Leben, Sterben und Auferstehen, von seinen Lehren. Ich tat dies nicht in aufdringlicher, missionierender Weise, durch welche ich grad das Gegenteil von meiner Absicht erreicht hätte, denn diese unvorsichtige Art des Ganges hätte das Wasser getrübt und die Fische verscheucht; so aber hörte man mir still und ohne Unterbrechung zu, erst aufmerksam nur, dann staunend, voller Verwunderung, die so aufrichtig war, daß der Scheik Schir Samurek endlich ausrief:
    „Aber Effendi, von alledem haben wir bisher ja nichts, gar nichts gehört und gewußt!“
    „Das brauchst du mir nicht erst zu sagen. Dieses Geständnis hat mir schon gar mancher Moslem gemacht, welcher die Lehre Christi verachtete und verdammte, ohne ein Wort von ihr zu kennen. Ist es nicht Torheit, über etwas vollständig Unbekanntes ein Urteil zu fällen?“
    „Da hast du recht. Also Isa Ben Marryam hat die Wunder wirklich alle getan, welche du erzählt hast?“
    „Ja.“
    „Aber warum geschehen jetzt keine Wunder mehr, weder bei uns noch bei euch?“
    „Es geschehen noch immer welche.“
    „Bei euch?“
    „Bei uns und euch.“
    „Das glaube ich nicht!“
    „Weil deine Augen geschlossen sind. Du brauchst sie nur zu öffnen, so siehst du Wunder allüberall. Der Kurzsichtige oder gar Ungläubige pflegt bei solchen Ereignissen freilich nicht von einem Wunder, sondern nur vom Zufall zu sprechen.“
    „Willst du damit sagen, daß es keinen Zufall gibt?“
    „Ja.“
    „Hierin hast du einmal unrecht, Effendi. Es gibt Awarid (Zufälle); ich habe viele, viele selbst erlebt.“
    „Du irrst. Wir Christen glauben, daß Gottes Hand uns vom Anfang bis zum Ende des Lebens leitet, daß es sein liebevoller Wille ist, nach welchem alles, alles geschieht. Und wenn der Mensch sich gegen diese Liebe sträubt und dadurch seinem Lebensweg eine andere, schlimme Richtung gibt, so tut er das nach seinem, des Menschen Willen. Kann man da von Zufall sprechen! Und euer Islam lehrt, daß alles, was geschieht, im Buch des Lebens vorher verzeichnet sei. Ist da also nicht auch bei euch jeder Zufall ausgeschlossen?“
    „Richtig! Du hast recht, obgleich ich es vorhin nicht glaubte. Aber wie ist's mit dem Wunder?“
    „Wenn des Menschen Weg und Wollen mit dem Willen und der Liebe Gottes auseinandergehen, so streckt Gott in seiner Allbarmherzigkeit die Hand der Allmacht aus, um den Verirrten zu sich zurückzuführen. Das, was dann die Allmacht tut, ist eben das Wunder, welches an dem Menschen geschieht, zumeist ohne daß er es als solches erkennt.“
    „Und du meinst, daß ich auch schon solche Wunder erlebt habe?“
    „Ja.“
    „Maschallah! Sage mir eins, ein einziges nur, so will ich daran glauben!“
    „Das fällt mir gar nicht schwer. Hadschi Halef Omar erzählte euch vorhin, wie ich euch beschlichen und belauscht habe, du fordertest deine Krieger auf, über Ssali Ben Aqil zu lachen. Sie taten es, und dann

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