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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagtest du zu ihm und seinem Vater: ‚Wißt ihr nun, wie vernünftige Männer über euch denken? Hat die Antwort, die ihr erhieltet, euch nicht die Knochen zu Mehl und Staub zermalmt? Morgen um dieselbe Zeit werdet ihr dasselbe Lachen aus dem Mund der Teufel in der Hölle hören, und es wird euch in die Ohren klingen in alle Zeit und Ewigkeit! Eure Erwartung ist Lüge; eure Hoffnung ist Täuschung und euer Glaube ist Betrug. Weder Allah noch sein Prophet wird sich euer erbarmen, denn das Blut, welches wir zu rächen haben, muß über euch kommen, und wenn ihr euch in eurer Todesangst dann an den falschen Gott der Ungläubigen wendet, welcher Isa heißt, so wird der Himmel sich vollends von euch wenden und die Hölle über euern Abfall jubeln!‘ – Das waren genau deine Worte, und du wirst zugeben, daß du so gesagt hast!“
    „Ja.“
    „Du hieltest es für vollständig unmöglich, daß grad das Gegenteil von deiner Drohung geschehen könne?“
    „Ja, für vollständig unmöglich!“
    „Nun, was folgte dann? Sie wurden frei und du selbst fielst in Gefangenschaft. Wir hätten dich in ganz genau denselben Tod schicken können, den sie erleiden sollten. Dann hättest du an ihrer Stelle das Lachen der Teufel in der Hölle gehört. So ist also nicht ihre, sondern deine Erwartung zur Lüge, deine Hoffnung zur Täuschung und dein Glaube zum Betrug geworden. Das, was du für unmöglich hieltest, ist geschehen. Isa hat sie errettet, ohne daß der Himmel sich von ihnen wendet und ohne daß die Hölle über sie jubelt. Wenn aber Unmögliches zur Wahrheit geworden ist, so ist eben ein Wunder geschehen. Nicht der Zufall hat uns hergeführt, sondern Gottes Allmacht war es, welche durch uns zwei schwache Männer das vollbrachte, was nach eurem und überhaupt nach menschlichem Ermessen niemals geschehen konnte. Zweifelst du noch daran, daß es ein Wunder ist?“
    „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Effendi.“
    „Du siehst es ein, sträubst dich aber, es zu gestehen. Und doch ist zu diesem Wunder sogar ein noch viel größeres geschehen. Ssali Ben Aqil und sein Vater, eure Todfeinde, sitzen jetzt als Freunde bei euch; sie haben nicht einmal die Dijeh, den Blutpreis, zu bezahlen gehabt. Wenn das nichts als ein bloßer Zufall ist, so kann es allerdings überhaupt gar keine Wunder geben!“
    Da sprang Schir Samurek auf und rief:
    „Jetzt, jetzt hast du das Richtige getroffen, Effendi; jetzt hast du mich abermals besiegt! Daß dies geschehen konnte, daran war hier im Leben und auch im Jenseits nicht zu denken. Ja, es geschehen Wunder, und ich bin jetzt überzeugt davon. Auch ihr wart es, die dies alles vollbracht haben; die Liebe, die euch leitet, ist's gewesen; vor ihr ist das ganze, große Bauwerk unseres Hasses und unserer Rache, von dem wir glaubten, daß es in alle Ewigkeit bestehen müsse, in ein Nichts zusammengebrochen. Meine ganze Seele hat sich seit gestern verändert; ich kenne mich nicht mehr. Wenn ich nicht einsehen müßte, daß du nichts als die volle Wahrheit sagst und daß du es gut und ehrlich mit uns meinst, so würde ich dich für einen schlauen Missionar halten, der uns durch schönklingende Worte betören und von unserem Glauben abwendig machen will. Aber deine Taten sprechen noch lauter und überzeugender als deine Worte, und wenn du von uns scheiden wirst, so hast du uns ein Mah et Tahkid (Wasser der Überzeugung) hier zurückgelassen, von welchem unsere Herzen noch lange, lange trinken werden. Wirst du vielleicht einmal nach dem Land der Kurden zurückkehren?“
    „Das steht bei Gott. Wenn er es will, wird es geschehen.“
    „Er gebe es! Dann sollst du bei uns empfangen werden als Bruder und als Freund, der keinen Wunsch hat, den wir nicht erfüllen. Jetzt aber sollst du weiter erzählen von Isa, dem Gekreuzigten und seinen zwölf Hawarijun (Aposteln); denn da du schon morgen von uns scheidest, so müssen wir die kurze Zeit benützen, die du in unserer Mitte bist.“
    Wie gern kam ich dieser Aufforderung nach! Hatte ich doch eine ganz bestimmte Absicht, die ich noch erreichen wollte. Ich habe bereits gesagt, daß die Kelhur einen Raub- und Beutezug über die Grenze hinüber ausführen wollten, und ich stellte mir die Aufgabe, sie davon abzubringen. Daß ich dabei nicht, wie man sich auszudrücken pflegt, mit der Tür ins Haus fallen durfte, versteht sich ganz von selbst. Ich wirkte durch leise Andeutungen heimlich darauf hin; ich belegte diese Mahnungen mit Beispielen aus meinem eigenen Leben

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