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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bildeten, daß ein Vordringen nur mit Hilfe des Messers unmöglich war. Darum waren die Neger gezwungen gewesen, sich einen Pfad durch dieses Geflecht zu hauen. Ich folgte demselben, immer bereit, bei einer etwaigen Bewegung schnell zur Seite abzuweichen, um mich zu verstecken.
    Nach ungefähr fünf Minuten öffnete er sich auf eine lichte Stelle des Waldes, welche wohl durch Windbruch entstanden war. Auf derselben sah ich sechs Tokuls von solchem Umfang und so leichter Bauart, wie sie der Neger nur für einen kurzen Aufenthalt errichtet. Die Größe der Hütten ließ vermuten, daß trotz der geringen Anzahl derselben nicht wenige Menschen unter den sechs trichterförmigen Schilfdächern wohnten.
    Vor den Türen lagen, saßen und standen die Schwarzen, lauter Männer, wie ich sah. Einige von ihnen waren beschäftigt, Feuermaterial zusammenzutragen, denn in wenigen Minuten mußte es dunkel werden. Wachen waren nicht aufgestellt; die Leute schienen sich hier vollständig sicher zu fühlen. An den Tätowierungen erkannte ich, daß ich Dinka vor mir hatte, also wohl Dinka von der Abteilung der Bor, welche wir suchten.
    Ich kehrte auf dem Weg, den ich gekommen war, erst bis zu der Falle und dann zum Boot zurück. Dort erzählte ich, was ich gesehen hatte. Agadi, unser Dolmetscher, sagte:
    „Das sind Krieger der Bor, Effendi. Sie befinden sich auf einem Jagdzug und haben darum keine Frauen mit. Laß uns sofort zu ihnen gehen!“
    „Meinst du, daß sie uns freundlich aufnehmen werden?“
    „Ja. Warum sollten sie das Gegenteil tun? Wir kommen in freundlicher Absicht, und ich als ein Dongiol bin Stammesgenosse von ihnen. Komm, wir wollen gehen!“
    Er wandte sich in der Richtung nach der Falle ab, um dieselbe einzuschlagen.
    „Halt!“ gebot ich ihm. „Laß uns dennoch vorsichtig sein! Es ist noch nicht so gewiß, wie du denkst, daß wir ihnen willkommen sind. Wenn wir uns zum Rückzug gezwungen sehen sollten und nur den einen Weg nach der Falle hätten, so ist ihnen derselbe bekannt und sie können uns leicht verfolgen.“
    „Wir haben doch gute Gewehre! Wir sind ihnen überlegen.“
    „Ich fürchte mich nicht etwa vor ihnen; aber wenn wir Verluste vermeiden können, warum sollen wir es nicht tun? Machen wir uns einen zweiten Weg, welcher von hier aus direkt nach den Tokuls führt.“
    „Wirst du die Richtung treffen?“
    „Ganz gewiß. Falls wir fliehen müssen, ist ihnen dieser Weg unbekannt, und sie können uns nicht folgen. Dadurch gewinnen wir Zeit, unser Boot flottzumachen.“
    „Wie du willst, Effendi; aber notwendig ist diese Arbeit nicht.“
    Mochte er sich irren oder nicht, ich hielt es für besser, eine gesicherte Rückzuglinie zu haben. Wir zogen die Messer, hingen die Gewehre um und begannen, uns einen Weg durch die Schlingpflanzen zu bahnen. Wir taten dies selbstverständlich soviel wie möglich ohne Geräusch. Ich gab die Richtung an. Unsere Messer waren scharf und wir rückten ziemlich rasch vor. Dennoch wurde es dunkel, ehe wir die Lichtung erreichten. Da zündeten die Bor ihre Feuer an, so daß wir uns nach dem Schein derselben richten konnten.
    Je weiter wir uns vom Ufer entfernten, desto trockener und fester wurde der Boden, was uns natürlich sehr willkommen war. Endlich hatten wir die Lichtung erreicht und sahen die Hütten vor uns liegen. Die erste derselben war von dem Ort aus, an welchem wir uns befanden, mit dreißig Schritten zu erreichen.
    Vor jedem brannte ein Feuer, an welchem die Insassen beschäftigt waren, sich Fleisch zu braten. Der Duft desselben drang zu uns herüber. Agadi sog die Luft durch die Nase, schnalzte leise mit der Zunge und sagte:
    „Das ist Mischwi el Husahn el Bahr. Sie müssen heut früh ein Nilpferd erlegt haben. Effendi, wir werden mit ihnen essen. Gehen wir gleich zusammen, oder soll ich erst mit ihnen sprechen?“
    „Nein. Wir wählen keines von beiden, sondern den Mittelweg. Wir gehen zusammen bis an die erste Hütte. Dann trittst du vor, sie zu begrüßen und mit ihnen zu sprechen. Sobald du bemerkst, daß sie uns nicht wohlwollen, eilst du zu uns zurück; das weitere wird sich dann finden.“
    Agadi war einverstanden, und so schritten wir vorwärts. Da auch jetzt kein Wächter ausgestellt war, sah man uns nicht eher, als bis der Schein der Feuer auf uns fiel. Derjenige, welcher uns zuerst erblickte, stieß einen lauten Schrei aus, sprang auf und zeigte auf uns. Aller Augen richteten sich auf uns; ein vielstimmiger Schrei antwortete ihm; dann verschwanden

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