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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nachzusprechenden Fluch ins Gesicht schleuderte, sprang ich doch zornig auf und fuhr ihn an:
    „Schweig, Elender! Du hast mich noch vor wenigen Stunden aufgefordert, das in mich gesetzte Vertrauen nicht zu Schanden zu machen. Ich versprach, mein möglichstes zu tun, und habe Wort gehalten. Nun ist es nicht mit meinen, sondern mit deinen Möglichkeiten zu Ende. Ich habe dir bewiesen, daß das Gute stets mächtiger ist als das Böse, und bin für immer mit dir fertig. Der Raïs Effendina wird dein Urteil fällen.“
    Wie wir die wenigen Stunden bis Tagesanbruch verbrachten, läßt sich denken. Der lebhafteste war wieder Selim, der jeden zwang, anzuhören, daß er der größte Held des Weltalls sei, denn er schob natürlich nur sich allein den ebenso plötzlichen wie freudigen Umschwung der Verhältnisse zu.
    Als es licht zu werden begann, wurden die Ochsen gesattelt, denn ich hatte vor, einen lustigen Streich auszuführen. Die Effekten und Gefangenen wurden aufgeladen; dann stiegen auch wir auf. Wir verließen den Wald und zogen nach dem See. Dort angekommen, ritten wir in feierlicher Langsamkeit rund um denselben herum. Die Bewohner des Dorfes, welche auch schon wach waren, hielten uns für die erwarteten Feinde und erhoben ein großes Kriegsgeschrei. Sie stellten sich in hellen Haufen vor die Umzäunung auf und wurden von ihrem Generalissimus, dem Raïs Effendina, in mehrere Armeekorps geteilt. Als diese sich den Berg herab in Bewegung setzten, um uns, wie er sich vorgenommen hatte, ‚in den See zu treiben‘, schickte ich ihnen den tapferen Selim, reitend auf dem Rücken eines streitbaren Ochsen, entgegen. Keine andere Zunge paßte für eine solche Aufgabe so gut wie diejenige dieses größten Helden des Weltalls. Er kam, sah und siegte auch diesmal, ganz wie immer. Kaum hatten sie ihn erkannt und die ersten seiner Worte gehört, so gerieten ihre Schlachthaufen in Unordnung, die Disziplin ging ‚flöten‘ und alles drängte sich kunterbunt den Berg herunter, um das Wunder des jungen, kaum aufgegangenen Tages anzustaunen. Jeder wollte mit mir reden, und ich hatte doch nicht Zeit, Antwort zu geben, denn meine ganze Aufmerksamkeit wurde durch die Aufgabe, Ibn Asl zu beschützen, in Anspruch genommen. Hätte ich das nicht getan, er wäre wörtlich in Stücke gerissen worden. Auf meinen Befehl schlossen die Asaker des Raïs Effendina um ihn und seine weiße Bande einen dichten Kreis, um die Kerls hinauf ins Dorf ‚in Prison‘ zu schaffen; die Djangeh folgten, und die Bürger und die Bürgerinnen von Wagunda zogen so begeistert hinterdrein, daß niemand auf mich achtete, der ich ganz allein am See zurückblieb, und erst nach einiger Zeit langsam auch aufwärts schlenderte.
    Indessen hatte Selim Zeit gehabt, unsere oder vielmehr seine Heldentaten auszuposaunen und jedmänniglich für dieselben zu erwärmen. Auch der Emir war warm geworden. Eben als ich durch das Tor in das Dorf trat, kam er mir entgegen, hielt mir seine beiden Hände hin und bat:
    „Verzeihe mir, Effendi! Ich bin ungerecht gegen dich gewesen. Diesem Selim ist kein Wort zu glauben, aber aus dem wenigen, was ich von deinem braven Ben Nil erfahren habe, ersehe ich, daß wir heute nacht zu Grunde gegangen wären. Es schlief das ganze Dorf!“
    „Nicht das ganze“, antwortete ich. „Es waren vier Herzen wach, für deren Schlag das Dorf zu eng geworden war. Wären diese nicht gewesen, so –“
    Ich konnte nicht weitersprechen, denn geführt von dem Brillenmann kam eine Rotte Gohk auf mich losgeschossen. Ich wurde gepackt, gedrückt, gedreht und fortgewirbelt, immer mitten zwischen ihnen, von einer Hütte zur anderen, im ganzen lieben Dorf herum. Fast schien es mir, als sei der Ochsenritt von Foguda noch lange nicht so entsetzlich gewesen wie der Triumphzug durch Wagunda.
    Am Nachmittag gab es abermals einen Umzug durch das Dorf, doch einen von ganz anderer Art. Ibn Asl und seine weißen Sklavenjäger wurden herumgeführt, ohne Ausnahme mit Eisen gefesselt und die Schebah am Hals. Ibn Asl trug dieselbe schwere, mit welcher er mich gepeinigt hatte. Ich sagte bereits, daß der Berg, auf welchem der Ort lag, an drei Seiten senkrecht zur Tiefe fiel. Die Sklavenjäger wurden nach der einen Seite gebracht, dort hart an der Kante aufgestellt und erschossen. Ihre Leichen fielen in die Tiefe. Ich war nicht dabei. ‚Wehe dem, der wehe tut.‘ Die Strafe war gerecht, doch gab das keinen Grund für mich, Zeuge der Vollstreckung zu sein. Dennoch aber war es mir,

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