Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Brustbedeckung, welche sehr wahrscheinlich das vorstellen sollte, was der Türke als Gömlek und der Araber als Kamis (Hemd) zu bezeichnen pflegt, doch war es mir unmöglich, das, was ich sah, zu klassifizieren, weil es eine zu große Ähnlichkeit mit der Bedeckung der Unterschenkel hatte.
    War mir gleich, als der Mann erschien, sein irrer Blick aufgefallen, so ging er jetzt mit so wankenden, ja taumelnden Schritten vor uns her, daß ich annahm, es wohne nicht nur die Seele in ihm, die er vorhin nicht herauslassen durfte, sondern auch noch jener ‚selig‘ machende Geist, welcher sein Dasein der Gärung verdankt, um schoppen- oder gläserweise ‚hinter den Binden‘ seiner Anhänger zu verschwinden.
    Unsere Pferde führend, folgten wir ihm in den Hof. Natürlich gab es sonst nirgends als grad beim Eingang in denselben eine Vertiefung, in welcher sich die flüssigeren Teile des schon erwähnten Goldes angesammelt hatten. Der Wirt kannte selbstverständlich als Besitzer und Inhaber des allgegenwärtigen Kompostes diese gefährliche Stelle und versuchte, mit Hilfe einer Schwenkung um sie herumzukommen; aber die Zentripetalkraft dieses Punktes war so viel größer als die Stärke der beabsichtigten Zentrifuge, daß sie den Hotelbesitzer von Khoi unwiderstehlich an sich zog; er fiel der Mutter Erde in die weichen Arme. Ich streckte die Hand aus, um ihn herauszuziehen; er aber schien die nötige Übung zu besitzen, sich in diesem speziellen Fall selbst zu helfen, denn er wies mich zurück und krabbelte langsam heraus, indem er mir zulachte:
    „Taklif, b'ela k'nahrek, be'in ma, batal – mache dir keine Umstände; unter uns sind sie unnötig!“
    Er hatte sehr recht, denn als er wieder auf den Beinen stand, sah er keineswegs schmutziger aus als vorher.
    „Sihdi“, sagte Halef in maghrebinischem Arabisch, welches der Wirt jedenfalls nicht verstand, zu mir, „dieser Kerl ist ein Abu kull'Chanazir, ein Vater aller Schweine, bei dem wir unmöglich bleiben können. Wollen wir uns nicht eine andere Wohnung suchen?“
    „Sein Khan ist der einzige hier im Ort, lieber Halef.“
    „So laß uns lieber im Freien bleiben!“
    „Das geht nicht. Wir befinden uns im jetzigen Gebiet der Kelhurkurden, welche die berüchtigtsten Pferdediebe sind. Denke an meinen kostbaren Rih! Anstatt uns auszuruhen, könnten wir keinen Augenblick schlafen.“
    „Das ist leider richtig; wir müssen ein Obdach haben, welches verschlossen werden oder wo sich wenigstens kein solcher Räuber einschleichen kann, denn außer den Pferden wäre auch unser Leben in der größten Gefahr. Eine reinliche Stelle werden wir freilich hier nicht finden können; suchen wir uns also eine aus, wo es am wenigsten schmutzig ist und wo uns dieser Gidd el Wasach (Großvater des Schmutzes) nicht so oft vor die Nase kommt! Ich habe schon viele Menschen gesehen, deren Anblick mich mit Ekel erfüllte, aber so einen Liebling des Düngers doch noch nicht!“
    Der betrunkene ‚Liebling‘ taumelte über den Hof hinüber, wo es wieder eine Maueröffnung gab, an welcher er, sich an der Wand festhaltend, stehenblieb. Sich nach uns umwendend, sagte er:
    „Hier, Chodih, ist der Ort, wo eure Pferde sich wie an den Pforten des Paradieses fühlen werden. Führt sie hinein und sagt mir, welches Futter ich für sie holen soll!“
    Ich warf einen Blick in den Raum, der so finster war, daß mein Auge sich erst an die Dunkelheit gewöhnen mußte; dann aber sah ich in diesen ‚Palästen von Mekka‘ eine solche Fülle Unrates aller Arten, daß ich, ohne, wie man sich auszudrücken pflegt, der Sache einen Mantel umzuhängen, antwortete:
    „Bist du bei Sinnen? Hier ist der Schmutz so tief, daß die Pferde drin versinken würden!“
    Er starrte mich eine Weile ganz verständnislos an und rief dann aus: „Schmutz? Schmutz bei mir? So etwas hat mir noch kein Mensch gesagt! Das ist eine Beleidigung, wegen der ich dich eigentlich zum Müssajefet (Zweikampf) fordern müßte!“
    Diese Drohung kam mir so urkomisch vor, daß ich darüber in ein herzliches Gelächter ausbrach; Halef aber wurde, ganz entgegengesetzt von mir, durch sie so in Zorn versetzt, daß er den Mann anfuhr:
    „Wie? Du wagst es, von einem Müssajefet zu sprechen? Weißt du, wer der hohe Herr ist, dem dies zu sagen du unternommen hast?“
    „Nein“, antwortete der harmlose Wirt.
    „Es ist der berühmte Emir Hadschi Kara Ben Nemsi aus Germanistan!“
    „Den kenne ich nicht. Und wer bist denn du?“
    „Ich bin der ebenso

Weitere Kostenlose Bücher