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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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triefte ihm förmlich vom Gesicht. Ich mußte mir im stillen eingestehen, daß er alles besaß, was zu einem Wanderprediger des Mohammedanismus gehörte: Überzeugung, Rednergabe, Phantasie, Überhebung, Mangel an Bildung und Urteil und, last, not least, eine vollständige Unwissenheit über die Lehren und Verhältnisse Andersgläubiger. Als er gesprochen hatte und ich ihm nicht sofort antwortete, fügte er hinzu: „Du schweigst; du bist von der Wahrheit meiner Worte niedergeschmettert. Ja, der heilige Islam ist eine Sonne, gegen welche die armen, elenden Schemat ed Duhun (Talglichte) der anderen Glaubenslehren verschwinden müssen wie Irrlichter, welche nur vom Gestank der Sümpfe leben. Man nennt dich einen berühmten Emir und hochgelehrten Effendi aus dem Abendland, und du erhebst den Kopf allüberall, weil du dem Bilad el Alman (Deutschland) entstammst, aber deine ganze Berühmtheit und Gelehrsamkeit ist von meiner überwältigenden Rede in stumme Wortlosigkeit versunken, und die bewaffneten Heerscharen deines Volkes würden, wenn sie hierher nach Kurdistan kämen, um mit uns zu kämpfen, in den Staub niederfallen und um Gnade bitten müssen.“
    Es war gar nicht meine Absicht gewesen, mit ihm über Glaubenssachen anzubinden, denn ich hatte das Gefühl, daß er mir die Gelegenheit aufzwingen würde, mit ihm noch in anderer Beziehung anzubinden; da er aber meinem Schweigen eine solche Erklärung gab, mußte ich gegen seine Ansichten nun das Wort ergreifen:
    „Ssali Ben Aqil, du scheinst ganz von Sinnen zu sein! Denn anders kann ich es mir nicht erklären, daß du meinem Schweigen eine solche Deutung gibst. Ist dir vielleicht das Sprichwort: ‚Se dere'i, karvan dibehuhre (Der Hund bellt, die Karawane schreitet weiter)‘ bekannt?“
    „Ja“, antwortete er ahnungslos, warum ich grad diese Redensart anzog.
    „Und auch das andere: ‚Ei ku tif beke ber ba'i, tif dike ru'i chu (Wer gegen den Wind speit, speit sich ins Gesicht)‘?“
    „Auch das.“
    „Schau, wie gut du das Kurdische verstehst, obgleich du vorgibst, in el Damijeh geboren zu sein! Du glaubst, deine Rede habe mich niedergeschmettert; aber die Karawane ist trotz dieses Bellens ruhig weitergezogen. Du hast gegen mich gespeit, aber nicht mich, sondern nur dich selbst getroffen.“
    „Emir, wie kannst du solche Worte zu mir sagen“, fuhr er auf; „zu mir, der alle Lehren und Gesetze des Islam kennt!“
    Ich machte eine wegwerfende Handbewegung und entgegnete:
    „Du willst doch wohl sagen, daß du nur die Lehren des Koran, weiter gar nichts, gar nichts kennst, und auch diese nicht richtig verstanden hast! Ich sage dir aus meiner ‚Niedergeschmettertheit‘ heraus: Wenn einer von uns beiden zuviel Einbildung, grundlosen Stolz und Überhebung besitzt, so bin nicht ich dieser eine, sondern du bist es. Mit deiner Kenntnis des Koran ist es schlecht, sehr schlecht bestellt, wie du gleich erfahren wirst, und auch die Gesetze und Regeln, nach denen die hiesigen Völker leben, kenne ich besser als du. Du behauptest, daß wir Christen uns auf unsere Konsuln verlassen und von ihnen wie unmündige Kinder beschützt werden müssen. Wenn man dir wirklich von uns erzählt hat, so sage mir doch nur einen einzigen Fall, welcher beweist, daß ich mich an die Hilfe eines Konsuls gewendet oder gar auf sie gepocht habe! Sage mir auch nur einen einzigen Fall, daß ich mich wie ein krankes, schwaches Kind betragen habe! Ich darf ganz im Gegenteil behaupten und kann es auch beweisen, daß gar mancher, mancher Moslem heut noch lebt und sich wohl befindet, der ohne meine Hilfe, also ohne die Hilfe des Christen, verloren gewesen und zugrunde gegangen wäre. Grad die Kurden vom Stamm der Bebbeh wissen ganz genau, ob ich so ein Schwächling bin, wie du die Christen beschreibst. Gehe hin zu ihnen, und frage sie, so wirst du erfahren, welche Furcht und Angst ihr ganzer Stamm vor mir gehabt hat! Es gibt unter ihnen – – –“
    „Schweig!“ fuhr er mich da zornig an. „Die Bebbeh sind Helden, die keine Furcht kennen. Am allerwenigsten aber haben sie vor dir – – –“
    „Halt den Mund!“ unterbrach auch ich ihn in befehlendem Ton. „Bist du etwa ein Bebbeh, daß du dich ihrer so annimmst? Soll ich denken, daß du nicht in Ägypten, sondern hier geboren bist? Grund genug hast du mir schon gegeben! Ich warne dich! Gib mir ja keine Gelegenheit, dich und deine Absichten zu durchschauen, denn das könnte übel für dich ausfallen! Du hast gewagt, mir zu sagen,

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