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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß weder Gott noch ich selbst mir helfen könne; aber Gott hat durch mich schon manchem Mohammedaner geholfen, dem sonst nicht zu helfen gewesen wäre, und bis jetzt habe ich noch keine Veranlassung gegeben, anzunehmen, daß ich nicht wisse, wie man sich gegen mohammedanische An- und Übergriffe zu verteidigen hat. Wie kommst du ferner dazu, zu behaupten, daß wir Christen der Hölle verfallen seien? Welcher Dummkopf hat dir das weisgemacht? Etwa einer deiner Professoren? Dann ist der Islam zu bedauern, daß er nicht bessere Lehrer aufzuweisen hat! Wenn ihr es nicht wißt, nun so wissen wir Christen es um so besser und kennen den Koran um so genauer, daß Mohammed wiederholt erklärt hat, der Himmel stehe auch den Christen offen. Blicke in das Hamaïl, welches du wohl am Hals, nicht aber im Kopf zu tragen scheinst, so wirst du die Stellen finden, die ich meine! Und endlich hast du behauptet, daß ihr Mohammedaner im jenseitigen Leben hoch über uns thronen werdet als Richter über Himmel und Hölle, über Leben und Tod. Wer dir diesen Gedanken beigebracht hat, in dessen Kopf ist niemals die Spur von Hirn zu finden gewesen. Wenn du nicht hier säßest und ich deine Worte nicht mit den eigenen Ohren gehört hätte, würde ich es für unmöglich halten, daß ein denkender Mensch einen solchen Unsinn aussprechen könne und solcher Überlegung fähig sei. Wer sich eine Behauptung, wie diese ist, zu schulden kommen läßt, dem muß der Koran ein vollständig unbekanntes Buch sein, und ebensowenig darf er sagen, daß er jemals eine Auslegung desselben in den Händen gehabt habe! Du, du willst also einst auch mir Richter sein über Tod und Leben, über Himmel und Hölle? Armer Teufel! Noch weißt du selbst nicht, ob du glücklich über Es Ssiret, die Brücke des Todes, gelangen wirst. Und sagt nicht Mohammed und sagen nicht die Kalifen und alle Ausleger des Koran, daß nur Isa Ben Marryam allein es ist, der am jüngsten Tag vom Himmel kommen und von der Moschee der Ommajjaden in Damaskus aus alle Lebendigen und Toten richten wird. Also Christus, den wir als Gottes Sohn verehren! Christus, der Sohn Mariens, der unser Mittler und Fürsprecher ist im Leben und im Sterben! Also nicht euer Mohammed, sondern unser Christus wird richten, denn nur Gott allein kann richten, und Christus ist ja Gott, während Mohammed zwar euer Prophet, aber doch ein Mensch gewesen ist. Wo bleibst da du, Ssali Ben Aqil, der du von dir behauptest, daß auch du mit richten werdest über Himmel und Hölle, über Tod und Leben! Wenn du dereinst von Isa Ben Marryam erscheinst, was wird er dich fragen, und was kannst du ihm antworten? Er wird dein Richter, dein gerechter aber strenger Richter sein. Wirst du ihm, dem göttlichen Gründer des Christentums, etwa auch sagen, daß die Christen, seine Gläubigen, in die Hölle zu ewigem Jammer und endloser Qual verdammt werden müssen, weil sie nicht Mohammed, sondern ihn verehrt haben?“
    Er hatte während meiner Rede einige Male vergeblich angesetzt, mich zu unterbrechen; jetzt aber war er stumm geworden und saß vor mir, ohne ein Wort zu sprechen. Darum fuhr ich fort:
    „Nun, du schweigst? Ich habe dir alle deine Behauptungen widerlegt. Wenn du gegen meine Worte etwas sagen kannst, so sprich!“
    Da er auch jetzt im Schweigen verharrte, ergriff der kleine Halef das Wort: „Sihdi, es geht ihm, wie es mir ergangen ist und wie es jedem ergeht, der sich unterfängt, mit dir gegen deinen Glauben zu reden. Weißt du noch, lieber Effendi, welche Mühe ich mir in der ersten Zeit unserer Bekanntschaft und sogar auch später gab, dich vom Christentum abzubringen und zum Islam zu bekehren?“
    „Ja“, antwortete ich lächelnd. „Ich weiß es gar wohl!“
    „Schau, deine Lippen verziehen sich zur Lustigkeit, und die Spitzen deines Bartes nehmen die Haltung des mitleidigen Wohlwollens an! Du bedauerst mich, und ich gebe zu, daß du dazu berechtigt bist. Wer dich von deinem Glauben abbringen will, der gleicht dem Esel, welcher dem Adler weismachen will, daß es im dunkeln, schmutzigen Stall herrlicher zu leben sei als droben in den hellen, freien, reinen Lüften, wo das Gold des Sonnenscheines sich mit dem Purpur der Morgen- und der Abendröte vermählt.“
    „Mensch!“ fuhr ihn da der Wanderprediger an, „soll das etwa heißen, daß du mich mit einem Esel vergleichst?“
    „Ah, habe ich von dir gesprochen?“ fragte Halef in ruhigem Ton. „Ich glaubte, nur diejenigen gemeint zu haben, die da meinen, meinen

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