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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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übrigbleiben. Nichts, gar nichts. Wenn aber nichts im Fell steckt, so kann auch kein Geist darin gewesen sein.“
    „Ganz richtig!“ lachte ich. „Und ebensowenig kann es einen Bären geben, der nur aus seinem Fell besteht. Die Schärfe deiner Logik ist weit größer als die meinige. Nun haben wir sowohl den Bären wie auch das Gespenst glücklich abgetan und – – – was ist das?“
    Halef, welcher neben mir ritt, hatte meine Rede dadurch unterbrochen, daß er nach meinem Zügel griff und dadurch das Pferd anhielt.
    „Ich sehe etwas unter den Bäumen“, antwortete er, indem er mir mit der ausgestreckten Hand die Richtung angab. „Es hat sich bewegt; aber was es ist, ein Mensch oder ein Tier, das weiß ich nicht.“
    „Wir müssen es erfahren. Komm schnell hier herüber unter die Bäume!“
    Im Schutz der Bäume angelangt, stieg ich ab, gab Halef mein Pferd zum Halten und sagte:
    „Bleib hier und rühre dich nicht! Ich werde mich hinschleichen, um zu sehen, mit wem oder was wir es zu tun haben.“
    „Nimm dich in acht, Sihdi“, warnte er. „Es kann der Bär sein, und es ist auch möglich, daß die Kurden dort stecken!“
    „Keine Sorge! Verhalte nur du dich ganz still!“
    Das Messer stichfertig in der Hand, schlich ich von Baum zu Baum, bis ich in der Nähe der betreffenden Stelle anlangte. Da sah ich, daß es kein Tier, sondern ein Mensch war. Er stand an einer tiefästigen Buche und langte mit beiden Armen in die Höhe, weshalb und wozu, das konnte ich nicht erkennen. Er hatte das Gesicht von mir abgewendet, kam mir aber trotzdem bekannt vor. Diese Gestalt, diese schmutzstarrenden Beine, die zerfranste Hose, die zerrissene Jacke, deren Ärmel teilweise fehlten – – – wenn das nicht der trunkselige Wirt des Khanes von Khoi war, so konnte ich mich auf meine Augen niemals wieder verlassen! Aber was wollte er hier? Wie kam er so allein in diese Gegend, und was tat er dort am Baum?
    Jetzt drehte er sich um, erhob sich auf den Zehen und schob sich eine von dem Ast herunterhängende Schnur unter die Kehle, welche er soeben oben festgebunden hatte. Herrgott, der Kerl wollte sich hängen!
    „Katera Chodeh – um Gottes willen!“ rief ich ihm zu, indem ich hinrannte und die Schnur wegriß. „Halt ein! Du willst dich morden!“
    Er starrte mich wie abwesend an und antwortete in einem Ton, als ob er sich im Traum befinde:
    „Morden? Nein, sondern nur aufhängen.“
    „Das ist doch ganz dasselbe! Was hast du denn für einen Grund, diese große, ungeheure Sünde zu begehen?“
    „Grund – – –? Warum fragst du mich – – –? Wer bist du denn – – –?“
    Sein Auge war bei diesen Fragen noch immer gedankenleer.
    „Wer ich bin? Du kennst mich doch! Ich bin Kara Ben Nemsi Effendi, der in Khoi bei dir wohnt.“
    Der Klang meines Namens schien ihn zu sich zu bringen. Es kam Ausdruck in seinen Blick; aber seine Stimme war immer noch klanglos wie vorher, als er antwortete:
    „Ich muß mich hängen; ich muß mir das Leben nehmen, denn ich bekomme mein Geld nicht wieder.“
    „Woher weißt du das?“
    „Von Schir Samurek.“
    „Von dem? Von ihm selbst? Hast du denn mit ihm gesprochen?“
    „Ja.“
    „Wann?“
    „Vor einer Stunde.“
    „Wo?“
    „Droben, unter der Mussallah el Amwat.“
    „Ah, die Kapelle ist also doch hier! Lagern die Kelhur dort?“
    „Ja.“
    „Ist einer von ihnen hier in der Nähe? Kann man uns vielleicht hören oder sehen?“
    „Nein. Ich wurde von ihnen fortgepeitscht, und keiner ist ein Stück mit mir gegangen.“
    Die Erinnerung an die Peitsche brachte ihn vollends zu sich selbst zurück. Er warf sich nieder, legte das Gesicht in die Hände und fing an, bitterlich zu weinen. Die Tränen sind ein heilsames Wasser – – – wenn sie rinnen können; darum ließ ich ihn weinen und störte ihn nicht, sondern rief Halef herbei, welcher die Pferde anband und sich dann mit mir neben den Wirt niedersetzte. Als der letztere nach einiger Zeit ruhiger geworden war, richtete ich ihm den Kopf auf und sagte: „Der Selbstmord ist eine gräßliche Sünde, weil man sie weder bereuen noch gar gutmachen kann. Am allerwenigsten soll man seine Seele um des Geldes willen in die Hölle senden. Deine Piaster sind ja auch noch gar nicht verloren!“
    „Sie sind verloren. Schir Samurek hat sie Aqil abgenommen und gibt sie nicht wieder her!“
    „Er muß sie hergeben! Ich verspreche dir, daß ich ihn dazu zwingen werde.“
    Da bekamen seine Augen Glanz; er richtete

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