291 - Die heilige Stadt
Schallkanone nicht mehr einzusetzen.
Jetzt kam Orplidius' zweite große Erfindung zum Einsatz: sein Nichtzeitfeld . Manil'bud hatte all ihr Wissen um Gilam'eshs Tunnelfeld , das die Grundlage des Zeitstrahls war, in die Entwicklung eingebracht. Mit dem Nichtzeitfeld fingen sie das letzte Exemplar ein und stellten es darin ruhig.
»Wir müssen studieren, wie wir den ZERSTÖRER umpolen und für unsere Zwecke einsetzen können«, sagte der große Wissenschaftler und ließ den Abzug befehlen.
Orplidius wurde in Atlassa triumphal empfangen. Die Göttin Khom und die Erste Orakelfrau Agartha küssten ihn gemeinsam und nahmen ihn damit ins atlassische Pantheon der unsterblichen Helden auf - mit einem gerahmten, blumengeschmückten Bild in der Ruhmeshalle selbstverständlich.
Die siegreiche Schlacht über den Erzfeind ging als Großer Krieg in die atlassischen Geschichtsbücher ein. Der ZERSTÖRER aber landete in seinem Nichtzeitfeld im abgelegenen Gebirgsmassiv Kailash in einem riesigen Gebäude, das tief in die Felsen hineingemauert wurde. Orplidius wollte sich Zeit mit den nötigen Forschungen lassen, es gab anderes zu tun.
Die Himmelsforscher äußerten sich besorgt über einen Kometen, der sich der Erde näherte, aber die Göttin Khom war guten Mutes. Orplidius würde auch dieser Gefahr, falls es denn eine war, Herr werden.
Der letzte Wächter über den ZERSTÖRER, der nur wenige Jahre nach dem Großen Krieg eingesetzt wurde, hieß Gwadain.
***
März 2527, Gegenwart
»Darf ich die verehrten Reisenden bitten, mit mir zusammen ein wenig Höhenluft zu schnuppern?«, fragte Lodrö höflich. Dann führte er die Reisegruppe, in der große Anspannung herrschte, über eine der zahlreichen, sich immer wieder verzweigenden breiten Steintreppen hoch zum Potaal-Palast. Matt sah, dass nur noch der zentrale Teil der gigantischen Lehm- und Holzkonstruktion genutzt wurde; an vielen Seitenflügeln und darunter gelagerten Häusern hatte sich der Zahn der Zeit bereits gehörig zu schaffen gemacht.
Der Mönch führte seine Gäste an zahlreichen, sich ehrerbietig verneigenden Personen vorbei durch eine mit goldenen Buddhastatuen prunkvoll eingerichtete Eingangshalle und in einen kleineren, eher unscheinbaren Raum, in dem einige Stühle um einen großen Tisch herum standen.
»Bitte wartet hier, es dauert ein wenig«, sagte Lodrö und wies auf eine Schale voller Früchte und Yakbutter-Kekse, die auf dem Tisch stand. »Bedient euch, wenn ihr Hunger habt. Ich kann euch auch Buttertee bringen lassen, wenn ihr wollt.«
»Bloß nicht«, murmelte Alastar und ließ sein Auge prüfend durch den Raum schweifen, während Lodrö durch die Tür verschwand. Der Blick durch das Fenster bot ihnen ein großartiges Panorama auf das tief unten liegende Lhaase - aber für Reisende, die die Welt seit Monaten aus der Vogelperspektive sahen, war das wenig interessant.
Sie warteten. Nicht geschah.
Rulfan griff nach einem Apfel und biss herzhaft hinein, während sich Xij in eine Ecke hockte und vor sich hin stierte. Aruula streifte durch den Raum, kam an der Tür vorbei und drückte testweise die Klinke nach unten. »Wir sind eingesperrt«, sagte sie verblüfft. Ihre Gefährten sprangen auf.
»Das ist eine verdammte Falle!«, fluchte Alastar und begann leicht zu schwanken. Matt fühlte sich plötzlich leicht und müde und begann die Umgebung doppelt und dreifach zu sehen. Das Bild wurde unschärfer, er kippte um und blieb liegen. Dass es den anderen um kein Haar besser erging, bekam er schon nicht mehr mit.
Die Agartha-Reisenden erwachten fast alle zur gleichen Zeit wieder - in einem anderen, völlig kahlen Raum. Lodrö war bei ihnen und entschuldigte sich vielmals. Aber der Zugang nach Agartha müsse geheim bleiben, wie ja auch schon Meister Chan richtig festgestellt habe, deswegen sei die Betäubung mit einem leichten Gas unumgänglich gewesen. Er sei aber sicher, dass es keinerlei Nachwirkungen gäbe.
Matt und die anderen steckten es weg, auch wenn Alastar böse Blicke verschoss. Sie waren immerhin froh, dass man sie nicht auch noch ihrer Waffen beraubt hatte.
Matt fühlte ein nervöses Kribbeln im Bauch. Würde er tatsächlich in Kürze mit einer viele Jahrhunderte alten Legende konfrontiert werden, für die er früher höchstens ein geringschätziges Lachen übrig gehabt hätte?
Nachdem Lodrö festgestellt hatte, dass es allen gut ging, bat er sie, durch eine Tür zu treten, die sie bislang nicht einmal bemerkt hatten, weil sie perfekt in
Weitere Kostenlose Bücher