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293 - Running Men Blues

293 - Running Men Blues

Titel: 293 - Running Men Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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und verschwand außer Sicht.
    Roots dachte fieberhaft nach. Er hatte kein Funkgerät, um die Freunde zu alarmieren, keine Waffe, um sich den Weg freizuschießen. Nicht einmal eine brennende Fackel, um die Lupas auf Distanz zu halten. Wenigstens war das Fenster klein. Der Rüde würde nicht hindurchpassen.
    Das hatte Roots noch nicht ganz zu Ende gedacht, da verdunkelte sich die Scheibe erneut. Ein Krachen und Klirren ertönte, als der schwarze Appalachenwolf in einem Scherbenregen ins Zimmer gesprungen kam, die Läufe voran, das Maul gierig aufgerissen.
    Roots machte nicht den Fehler, auszuweichen. Tapfer blieb er stehen, riss den Revolver hoch und schlug ihn dem heranfliegenden Lupa mit aller Macht auf die Nase. Jaulend ging das Tier zu Boden. Roots hechtete hinterher, warf sich auf ihn. Schlug zu, wieder und wieder. Blut spritzte. Der Lupa zuckte wie ein Aal, kämpfte verbissen gegen den Feind an.
    Und plötzlich war er frei.
    Roots konnte noch den Arm hochreißen, um seine Kehle zu schützen, als das blutverschmierte Maul heranschoss. Scharfe Zähne bohrten sich in sein Fleisch. Tiefer und tiefer, bis zum Knochen und hindurch. Roots brüllte vor Schmerz; seine gellenden Schreie ließen keinen Platz mehr für ein anderes Geräusch. Er sah nur das Mündungsfeuer. Den Schuss aus Miki Takeos Driller hörte er nicht.
     
    Als Roots wieder zu sich kam, saß er mit geschientem Arm im Cockpit des PHOENIX.
    Miki Takeo produzierte eine Art Lächeln. »Ich dachte schon, wir müssten den Start erneut verschieben«, sagte er freundlich. »Und das nur wegen diesem… Ding. «
    Er hob den Arm. In seiner großen Hand hing ein rot-weiß-blauer Stofffetzen. Takeo legte ihn dem Freund in den Schoß und ergriff den Steuerknüppel. »Weißt du noch, wie der verschlüsselte Funkspruch lautet, mit dem wir Black sagen sollen, dass wir im Anflug auf Waashton sind?«, fragte er.
    »Yep.« Captain Roots drückte seine Fahne ans Herz. »Matt Drax lässt grüßen!«
    »Dann wollen wir mal«, sagte der Android und startete den Magnetantrieb.
    Ruckelnd hob sich der PHOENIX vom Boden. Er war viel kleiner als seine zerschmetterten Brüder, aus deren letzten intakten Teilen seine Hülle bestand. Ihm fehlte die Eleganz der großen Gleiter; er hatte kein Waffenarsenal, keine Innenausstattung und nur die notwendigsten Apparaturen.
    Trotzdem war er wertvoller als die gesamte Flotte zusammen, denn er trug etwas hinauf in den Winterhimmel, das es nirgends sonst mehr gab: Hoffnung.
    ***
    Februar 2527, im Stadtzentrum
    »Die Sache gefällt mir nicht«, sagte Black. Er war auf dem Weg zu einer Taverne namens Last Resort , um einen gewissen Sergeant Horn zu treffen. Der Mann war vor einigen Tagen in der Stadt aufgetaucht und behauptete, er wäre ein Deserteur, der zu den Running Men überlaufen wollte.
    Black hatte ihn beobachten lassen, und Horns Angaben schienen zu stimmen. Das Militär suchte ihn überall; es gab stündlich neue Funksprüche, und einmal hätten sie ihn fast erwischt. Er entkam nur knapp und mit einem Streifschuss am Arm.
    Trotzdem blieb der Running Man misstrauisch. Dass er sich überhaupt auf ein Treffen mit Horn einließ, war der Tatsache geschuldet, dass Horn über wertvolles Insiderwissen verfügte. Er hatte Blacks Mittelmann erzählt, wo Kroow seine Nächte verbrachte, und weitere Enthüllungen in Aussicht gestellt. Vielleicht kannte er ja den Aufenthaltsort von Garrett und Wallace!
    Als greiser Indianer getarnt, schlurfte der Running Man an Nighthawks Arm durch die Straßen des Regierungsviertels. Ein Buckfield-Horsay hatte das lange weiße Haupthaar gespendet, für die dunkle Hautfarbe mussten getrocknete Brabeelen herhalten. Black war mit Muschelketten behängt und trug ein Stirnband, aus dem zwei Federn aufragten.
    »Kannst du mir mal sagen, was dich so erheitert?«, fragte er Nighthawk gereizt.
    Der Algonkin lachte in sich hinein. »Tut mir leid. Die Leute werden dir deine Indianerverkleidung schon abkaufen. Aber für einen von uns siehst du furchtbar blöd aus!«
    »So fühle ich mich auch«, knurrte Black. Er wies auf ein Gebäude weiter vorn. Der Eingang war freigeschaufelt; rechts und links davon türmten sich Schneemassen auf. Über der Tür brannte eine Laterne. Sie beleuchtete ein Schild mit der Aufschrift Last Resort .
    »Letzter Ausweg« hieß das, und Black fragte sich, warum ihn diese Worte wie eine Warnung anstarrten. Er warf einen Blick zurück. Hier und da huschten Schatten um die Häuserecken, tröstliche Felsen

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