Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2935 - Leichen lügen nicht

2935 - Leichen lügen nicht

Titel: 2935 - Leichen lügen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Erinnerung. War es möglich, dass sie uns angelogen hatten? Völlig ausgeschlossen.
    »Von ihren Eltern haben wir erfahren, dass sie demnächst in einem Videoclip mitspielen sollte. Mit einem Musiker.«
    Ich sah fragend zu meinem Partner hinüber.
    »Kendrick Lamar«, kam er mir zu Hilfe.
    »Wir arbeiten tatsächlich mit Kendrick zusammen«, bestätigte Sullivan geschäftig. »Sein Choreograph arbeitet noch am Storyboard. Der Regisseur ist schon gebucht. Außerdem haben wir ein paar Profitänzer vom Broadway Dance Center unter Vertrag. Wir haben vier Drehtage veranschlagt. Der Termin steht auch schon fest. Moment …«
    Er wühlte fahrig in einem Berg von Papieren, vermutlich suchte er den Drehplan. Ich tippte auf das Foto.
    »Und diese Frau spielt keine Rolle in dem Musikclip?«
    »Wie gesagt, ich habe sie noch nie gesehen. Kann mich jedenfalls nicht daran erinnern.«
    Schließlich zog er ein Blatt Papier heraus und reichte es mir über den Schreibtisch. »DISPO« stand über einer ausführlichen Tabelle, die jede Menge Namen enthielt.
    Und Kaffeeflecken.
    »Das sind die Leute, die für den Dreh disponiert sind«, erklärte Sullivan. »Sehen Sie nach, ob Sie ihren Namen finden.«
    Der Name Nancy West tauchte in der Tabelle tatsächlich nicht auf. Was zum Teufel hatte das zu bedeuten? Dann blieb mein Blick an einem Kästchen hängen: »Komparsen«.
    »Kann es sein, dass sie als Komparsin eingeplant war?«
    Sam Sullivan überlegte kurz.
    »Möglich.« Er griff zum Hörer und wählte eine interne zweistellige Nummer. »Kathy, komm doch schnell mal rüber.«
    Er sah uns an. »Kathy kümmert sich um die Komparsen. Sie hat eine Kartei, in der die Leute nach Typen sortiert sind. Wenn der Regisseur Komparsen braucht, sagt er Kathy, was er haben will, und sie besorgt es ihm.«
    Bei seinen letzten Worten ging die Tür auf und eine magersüchtige Enddreißigerin mit Hakennase und Schmetterlingsbrille betrat den Raum. Uns behandelte sie wie Luft, während sie ihren Chef fragend anblickte. »Was gibt’s, Sam?«
    Er zeigte ihr Nancys Foto. »Kennst du diese Frau?«
    Kathy warf nur einen kurzen Blick darauf.
    »Sie war beim Komparsen-Casting für Kendrick Lamar hier«, schnarrte sie gelangweilt.
    »Hat sie einen Job bekommen?«
    »Ich habe sie erst mal in meine Kartei aufgenommen. Sie hatte null Erfahrung. Solche Leute sind oft ziemlich anstrengend.«
    »Danke, Kathy, das war’s auch schon«, nickte Sullivan ihr zu. »Übrigens kannst du sie wieder aus der Kartei streichen. Sie ist tot.«
    Überrascht zog Kathy die Augenbrauen hoch, dann zog sie sich grußlos zurück. Zweifellos war sie zu beschäftigt, um den grundlegenden Regeln der Höflichkeit ihre Reverenz zu erweisen.
    »Womit das Rätsel gelöst wäre«, grinste Sam Sullivan und breitete die Arme aus, wobei er es schaffte, die nächste Kippe zielsicher in die Vase mit den bedauernswerten Gladiolen zu befördern.
    Es klopfte kurz und ein Mann steckte den Kopf herein. Um die vierzig, dunkler Typ, Stirnglatze, ausgeprägter Bartschatten.
    »Der Pultmeister ist jetzt da, Sam. Willst du mit ihm das Beleuchtungskonzept durchsprechen?«
    Sam Sullivan blickte wenig begeistert auf.
    »Er soll warten. Und hol den Oberbeleuchter dazu.«
    Der Mann nickte und wollte sich zurückziehen.
    »Warte mal, Monty«, rief Sullivan ihn zurück und hielt ihm Nancys Foto unter die Nase. »Hast du die Kleine schon mal gesehen?«
    Der Mann, der Monty hieß, betrachtete das Foto flüchtig. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich den Eindruck, dass seine Wimpern leicht zuckten. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.
    »Nie gesehen, Chef.«
    »Alles klar. Du kannst gehen.«
    Bevor er sich zur Tür umwandte, begegneten sich unsere Blicke. Ich hatte das undeutliche Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben. Dann drehte er sich um und verließ den Raum.
    Das Telefon schrillte.
    »War sonst noch was?«, fragte Sam Sullivan ungeduldig.
    »Danke, Sie haben uns sehr geholfen«, nickte ich ihm zu. Er telefonierte schon wieder, als wir das Büro verließen.
    Es hatte aufgehört zu schneien, trotzdem mussten wir uns den schweren, nassen Schnee von den Schuhen klopfen, bevor wir in den Jaguar stiegen.
    »Auf nach Ridgewood«, sagte ich und startete den Motor. Auch wenn Joe Cumber sich krankgemeldet hatte, konnte es nicht schaden, sich ein paar Takte mit seinem Arbeitgeber zu unterhalten.
    ***
    Wir fuhren die 58th Street in südlicher Richtung. Eine fahle Wintersonne stand hoch am Himmel und verlieh New

Weitere Kostenlose Bücher