Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2935 - Leichen lügen nicht

2935 - Leichen lügen nicht

Titel: 2935 - Leichen lügen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
lag, verriet, dass hier früher einmal Autobatterien hergestellt worden waren.
    Der Mann an der Pforte sah aus, als hätte er seit drei Tagen kein Bett mehr gesehen. Trotz unserer Ausweise bestand er darauf, dass wir einen Besucherschein ausfüllten.
    »Hier kommt keiner durch ohne Schein«, knurrte er und unterdrückte mühsam ein Gähnen. »Nicht mal der Präsident persönlich.«
    »Wir möchten mit Mister Sullivan sprechen«, erklärte ich ihm und schob den Passierschein unter der schusssicheren Glasscheibe durch.
    »Das wollen viele«, winkte er ab und legte den Zettel auf einen Haufen weiterer Zettel.
    Phil schob mich zur Seite.
    »Hören Sie, Mister! Sie haben genau zwei Minuten Zeit, Ihren Boss zu holen! Andernfalls hat er sich morgen früh um Punkt sieben im Field Office einzufinden. Ich glaube kaum, dass er davon begeistert wäre!«
    Manchmal wirkt eine höflich vorgetragene Bitte wahre Wunder. Der müde Pförtner wurde plötzlich wach, führte zwei kurze Telefongespräche und deutete dann zum Treppenaufgang.
    »Erster Stock, Zimmer 107. Mister Sullivan erwartet Sie.«
    »Warum nicht gleich so«, knurrte mein Partner.
    Wir stiegen die Treppen hoch und landeten auf einem langen, weiß gestrichenen Gang, von dem unzählige Türen abgingen. Die meisten standen offen, Fetzen von Telefongesprächen, TV-O-Töne, Büroklatsch und Musik der unterschiedlichsten Stilrichtungen drangen auf den Flur und erzeugten die typische aufgekratzte Studioatmosphäre.
    Wir fanden den Studioboss in seinem Büro. Allerdings machte er nicht den Eindruck, dass er uns erwartete. Sam Sullivan telefonierte auf zwei Leitungen gleichzeitig, zeichnete dabei in Seelenruhe einige Schriftstücke in einer Dokumentenmappe ab, auf die ein junges Mädchen geduldig wartete, das keinen Tag älter als 16 war.
    Zwischendurch fand er noch Zeit, hin und wieder einen Schluck aus einer überdimensionalen Kaffeetasse mit aufgedrucktem Hitchcock-Profil zu nehmen und eine Kippe in eine Jugendstilvase zu schnippen, deren Gladiolen sichtlich unter der konzentrierten Nikotinzufuhr litten.
    Er nickte uns kurz zu und wies auf zwei Gartenstühle vor seinem mit Papieren überladenen Schreibtisch. Da auch diese Stühle als Ablagefläche zweckentfremdet wurden, zogen wir es vor stehen zu bleiben.
    Endlich beendete Sullivan seine Gespräche, lehnte sich zurück und verdrehte theatralisch die Augen.
    »Die Pest und die Cholera haben wir besiegt, da schickte uns der liebe Gott die Schauspieler!«
    Wir hatten weder Zeit noch Lust, uns die Klagen eines frustrierten Produzenten über geldgierige und ruhmsüchtige Schauspieler anzuhören. Also kam ich gleich zur Sache.
    »Wir würden gerne mit Ihnen über Nancy West sprechen.«
    Sam Sullivan runzelte die Stirn, während er eine weitere Zigarette aus der Packung fischte. Als das eine Telefon schon wieder klingelte, nahm er den Hörer ab und bellte hinein: »Ich bin die nächsten zehn Minuten nicht zu sprechen!«
    Dann kramte er unter einem Berg Manuskripte ein billiges BIC-Feuerzeug hervor, zündete seine Zigarette an, inhalierte tief und stieß eine beachtliche Rauchwolke an die Decke.
    »Wer zum Teufel ist Nancy West?«
    Ich hatte mir Sam Sullivan anders vorgestellt. Ein verwöhntes Milliardärssöhnchen, das sich aus purer Langeweile ein Studio gönnt wie andere Leute ein neues Badezimmer oder ein Wochenende an den Niagarafällen. Stattdessen hatte ich einen echten Workaholic vor mir, der seinen Beruf offenbar liebte und sich ganz nebenbei noch seine Gesundheit ruinierte.
    »Lesen Sie keine Zeitung?«, erkundigte sich Phil leicht irritiert.
    Müde lächelnd deutete Sullivan auf einen Stapel Tageszeitungen.
    »Ich komme selten dazu, aber manchmal habe ich fünf Minuten, um einen Blick hineinzuwerfen. Warum fragen Sie?«
    Ich holte ein Foto von Nancy West aus der Innentasche meines Jacketts und reichte es ihm.
    »Die junge Frau wurde vor drei Tagen ermordet.«
    Sam Sullivan starrte das Foto an. Dann gab er es mir zurück.
    »Hübsches Ding. Tut mir leid. Aber was habe ich damit zu tun?«
    Phil und ich tauschten einen verwirrten Blick.
    »Zwölf Stunden vor ihrem Tod war sie hier bei Ihnen im Studio.«
    Sullivan blickte mich ungläubig an.
    »Kann ich das Foto noch mal sehen?«
    Ich gab es ihm. Er musterte es eingehend. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Ich kenne die Frau nicht. Nie gesehen. Das muss ein Irrtum sein.«
    Mit allem hatte ich gerechnet, aber damit nicht. Ich rief mir unseren Besuch bei Nancys Eltern in

Weitere Kostenlose Bücher