2935 - Leichen lügen nicht
zündete sich eine Zigarette an. »Haben Sie ihren Mörder schon gefasst?«
Aus dem Schlafzimmer im hinteren Teil der Wohnung war ein Grunzen zu vernehmen. Offenbar hatte Kitty einem ihrer Kunden über Nacht einen Schlafplatz zur Verfügung gestellt.
Ein durchaus zweifelhaftes Vergnügen.
»Wir möchten gern mehr über Ihre Zusammenarbeit mit Nancy West erfahren. Seit wann hat sie für Sie gearbeitet? Hatte sie hier ein festes Zimmer oder kam sie nur vorbei, wenn sie einen Termin mit einem Freier hatte? Wer waren ihre Kunden? Gibt es Aufzeichnungen darüber? Wie lief die Kontaktanbahnung ab? Über ihr persönliches Handy? Oder über Sie? Kannten Sie ihre Kunden? Waren es Stammkunden oder eher Laufkundschaft? Wir müssen alles wissen, wenn wir ihren Mörder fassen wollen.«
Kitty stöhnte theatralisch.
»Eine Menge Fragen, Agent Cotton. Dabei bin ich noch gar nicht richtig wach.«
»Dann beeilen Sie sich, Mistress Warren, andernfalls nehmen wir Sie mit zur Federal Plaza. Da sind die Fenster nicht so vorteilhaft abgedunkelt.«
Phil hatte natürlich längst erkannt, dass Kitty die Jalousien aus purer Eitelkeit nicht aufzog. Bei Tageslicht würde sie vermutlich wie ein Vampir zu Staub zerfallen.
Wir legten keinen Wert darauf, uns davon zu überzeugen.
»Natascha war ein ganz besonderes Mädchen«, begann unsere Gastgeberin mit einem sentimentalen Zittern in der Stimme. »Sie hatte große Ambitionen. Wollte zum Film. Ein Star werden. Marylin Monroe war ihr großes Vorbild. Sie liebte alle Filme von Marylin.«
Ich bezweifelte, dass uns diese Information irgendwie weiterbringen würde. Aber manche Leute muss man eine Weile reden lassen, bis sie zum Punkt kommen.
»Aber zum Star wird man nicht über Nacht. So was dauert. Und das Leben in New York ist teuer. Also brauchte sie einen Job.«
»So ist sie in Ihrem Salon gelandet.«
»Richtig. Und hat gleich voll eingeschlagen. Meine Kunden waren begeistert von ihr. Na ja, zumindest die Kunden mit einer gewissen Neigung.«
Ich runzelte fragend die Stirn.
»Natascha war meine Spezialistin für Kinky Sex.«
Der Ausdruck war mir nicht geläufig.
»Sado-Maso-Spiele. Die ganze Palette.«
Was den Kreis ihrer Kunden erheblich einschränkte.
»In dem Bereich ist Laufkundschaft eher unüblich«, bemerkte Phil zutreffend. »Prostituierte, die solche Praktiken anbieten, verfügen meistens über einen festen Kundenstamm.«
»Das war bei Natascha auch der Fall«, bestätigte Kitty und zündete die nächste Zigarette an der Glut der vorherigen an. »Sie hatte ausschließlich Stammkunden. Meistens Männer aus gehobenen Schichten. Einfache Leute sind selten pervers.«
»Kannten Sie die Männer, die Nancy West – Lady Natascha – besuchten?«
»Natürlich. Sie hat sie immer erst im Salon getroffen, bevor sie mit ihnen in den Keller gegangen ist. Sie haben ein Glas zusammen getrunken und ein bisschen geplaudert, bevor es zur Sache ging. Kitty’s Salon ist schließlich kein Bumsschuppen. Ich lege Wert auf Niveau.«
Ich legte ihr ein Foto von Thomas Gloome vor. »Gehörte dieser Mann zu Nataschas Stammkunden?«
Sie betrachtete das Foto eingehend. Es war ganz aktuell. Ich hatte es mir in der Personalabteilung besorgt. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Den Kerl hab ich noch nie gesehen.«
Ich spürte Enttäuschung in mir aufsteigen. So sicher war ich mir gewesen, dass wir diesmal auf der richtigen Spur waren.
Ich warf meinem Partner einen kurzen Blick zu. Er hob resigniert die Schultern. Typischer Fall von dumm gelaufen. Ich steckte das Foto wieder ein.
»Natascha empfing ihre Kunden also in Ihrem Salon und ging dann mit ihnen in den Keller?«
»In unsere kleine Folterkammer«, nickte Kitty und zwinkerte mir bemüht anrüchig zu. Es misslang ihr auf der ganzen Linie.
»Ich weiß nicht, ob Sie sich auf dem Gebiet auskennen. Die Herren benötigen gewisse Geräte und Vorrichtungen, um auf ihre Kosten zu kommen. Außerdem sollte der Raum schalldicht sein. Besonders wenn Kinder im Haus leben.«
Mein Interesse an der Einrichtung einer solchen Folterkammer hielt sich in Grenzen. »Wer hat die Termine mit den Freiern gemacht?«
»Ich. Und dann habe ich die Mädchen angerufen und sie darüber informiert.«
»Haben die Männer ihre richtigen Namen angegeben?«
Kitty Warren sah mich an, als hätte ich einen schlechten Scherz gemacht. »In welcher Welt leben Sie? Natürlich nicht. Besonders Nataschas Kunden lebten in der ständigen Angst, ihre perversen Neigungen könnten
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