2937 - Mein Vater – mein Feind
Nacht hinter sich. Er hatte sich ein Leben lang strikt an die Gesetze gehalten. Aber der Verbrecher, mit dem er es jetzt zu tun hatte, war sein Sohn. Brooks war überzeugt davon, dass man David früher oder später für seine Taten zur Rechenschaft ziehen würde. Aber hatte er nicht auch eine Verantwortung als Vater?
Er wusste, dass er eine Entscheidung treffen musste. Und es war die schwerste Entscheidung, die er in seinem bisherigen Leben treffen musste. Die Alternativen hatte er wieder und wieder durchgespielt, während er auf seinem kleinen Balkon saß und in den New Yorker Nachthimmel starrte.
Die erste Alternative hatte er schnell verworfen, nämlich den Telefonanruf seines Sohnes und die Zahl auf dem Knebel zu ignorieren. Er spielte diese Möglichkeit zwar durch, war sich aber von Anfang an im Klaren darüber, dass er ein solches Verhalten nicht mit seinem Gewissen würde vereinbaren können.
Es gab eigentlich nur eine Möglichkeit, mit der Sache umzugehen. Er musste seine Kollegen über seinen Verdacht informieren. Dass er die Zahl am Tatort als das Geburtsdatum seines Sohnes erkannt und dass sein Sohn während eines Telefonats die Tat angekündigt hatte. Und dann würde er mit ansehen müssen, wie sein Sohn von seinen Kollegen gejagt würde.
Dieser Gedanke war ihm unerträglich. Und so entschied sich Brooks für eine dritte Alternative. Er würde versuchen, David auf eigene Faust zu finden, und ihn der Justiz überstellen. Sein Sohn hatte ihn herausgefordert. Und Brooks nahm die Herausforderung an.
»Ich sollte ihn schnell finden«, murmelte er. »Aber er ist schlau. Er weiß, dass ich nach ihm suchen werde. Dass ich nach David Frazer suchen werde. Daher wird er sich wahrscheinlich neue Papiere und einen anderen Namen zugelegt haben. Er hatte beim Telefonat ja so etwas angedeutet.«
Brooks trank schlürfend einen Schluck Kaffee. »Du Teufel«, zischte er.
»Reden Sie mit mir, Sergeant?«, fragte Scott besorgt.
Brooks schüttelte den Kopf und lächelte entschuldigend.
***
»Guten Tag, Detective Scott. Hier spricht Special Agent Phil Decker vom FBI New York. Wir haben uns bei einem anderen Fall mal kennengelernt, erinnern Sie sich?«
»Agent Decker, ja, natürlich. Was verschafft mir die Ehre Ihres Anrufs?«, fragte Scott bedächtig.
»Ich habe von dem Überfall auf den Geldtransporter in Queens gehört«, begann Phil. Scott stellte das Telefon auf laut, sodass auch Brooks mithören konnte.
»Ja, und?«, hakte Scott nach.
»Mir ist zu Ohren gekommen, dass die Gangster eine Zahlenkombination am Tatort zurückgelassen haben, und da wollte ich interessehalber nachfragen, ob Sie …«
Brooks nahm Scott den Hörer aus der Hand. »Hier spricht Sergeant Brooks. Agent Decker, Sie werden doch auch aus Steuergeldern bezahlt. Halten Sie es für angemessen, sich während Ihrer Arbeitszeit mit Dingen zu beschäftigen, die nicht zu Ihrem Tätigkeitsbereich gehören?« Brooks gab Phil nicht die Gelegenheit, zu antworten.
»Wenn Sie sich noch einmal in Dinge einmischen, die Sie nichts angehen, dann werde ich Ihren Vorgesetzten informieren, Agent Decker.«
»Hören Sie, Sergeant, ich will mich gar nicht einmischen. Ich bin lediglich an der Auflösung des Zahlenrätsels interessiert.«
»Hören Sie, Agent, ich werde es nicht noch einmal sagen.«
Das Nächste, was Phil hörte, war ein lautes Knacken in der Leitung. Ich sah Phil fragend an. »Ich weiß nicht, was Detective Scott dir geantwortet hat, aber da du den Hörer aufgelegt hast, ohne dich zu verabschieden, waren es vermutlich nicht besonders kollegiale Worte.« Ich musste schmunzeln. »Ich hatte dich gewarnt.«
»Ja, ja, du hattest mich gewarnt«, sagte Phil genervt. »Dabei willst du doch auch wissen, was es mit den Zahlen auf sich hat. Die Gangster haben sie nicht grundlos hinterlassen. Sie wollten, dass sie gefunden wird.«
»Alles richtig, Phil.«
»Außerdem war das nicht Detective Scott, der eben ein wenig lauter geworden ist, sondern Sergeant Brooks. Scott hatte wohl das Telefon auf Lautsprecher gestellt und den Hörer an Brooks weitergegeben.«
»Na prima. Wenn wir Pech haben, bekommen wir heute noch eine kleine Anfrage von Mister High, was für ein Problem wir mit den Leuten aus dem 102. Revier haben.«
»Dann werde ich Mister High erklären, warum ich angerufen habe. Er wird es verstehen.«
»Das wird er. Aber er wird dir auch …«, begann ich.
»Okay, dann wird er mir eben sagen, was er von meinem Anruf hält.«
Ich nickte
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