2948 - Undercover ins Jenseits
sofort beim letzten Treffen geschnappt hatten, lag wahrscheinlich daran, dass sie ihm den Mord an Marc Rickman noch nicht nachweisen konnten, vermutete er.
Der Mord an Rickman … Sein ehemaliger Kamerad Rickman. Aber Marc hatte sich doch als Verräter entpuppt. Und Verräter verdienten den Tod.
Barber musste eine Entscheidung treffen: Fliehen oder kämpfen? Doch Flucht war noch nie seine Sache gewesen. Er wusste schließlich von der drohenden Überschwemmung New Yorks mit mexikanischen Drogen.
»Keine Flucht«, sagte er, mehr zu sich selbst. Er zog seine Pistole hervor und begann, sie zu reinigen.
Er würde tun, was er konnte, um die Kartelle zu schwächen. Gott würde ihm helfen.
Apropos Gott …Vorher würde er bei Bischof Motherwell eine Aussage machen und eine Abschrift dieser Aussage bei ihm hinterlegen. Jenderson sollte auf keinen Fall ungeschoren davonkommen!
***
Erst war da nur Rauschen und ein leiser jauliger Unterton, aber dann war eine erste Stimme zu hören. Zweifellos Jendersons Stimme.
»… keinesfalls. Es ist nicht meine Idee. Ich verdiene nicht einen Cent. Es ist eine offizielle Operation der US-Regierung. Washington steuert das.«
»Ach, hören Sie doch auf, Jenderson! So ein Blödsinn!« Das war eindeutig Barbers Stimme.
»Mister Barber, zählen Sie doch eins und eins zusammen. Dass das Jariz-Kartell den Markt mit billigen Drogen zu Dumpingpreisen überschwemmen will, ist in Washington schon länger bekannt. Aber wir lassen es geschehen. Zumal wir es selbst dann kaum verhindern könnten, wenn wir es wollen. Aber es gibt auch einen Vorteil, wenn wir es geschehen lassen. Wir schlagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.«
»Das ist doch Wahnsinn«, sagte Barbers Stimme auf dem Band, und er klang zunehmend verärgert, »das wird zig Menschen das Leben kosten.«
»Oder Hunderten das Leben retten«, konterte Jenderson.
Eine Weile herrschte Stille. Dann meldete sich wieder Jenderson. »Die zuständige Abteilung hat da eine Art Doppelstrategie entworfen. Erstens wird es die Drogenschwemme leicht machen, jede Menge Dealer – vom kleinsten Kaliber bis zum hohen Gangsterboss – einzusacken. Damit holen wir schon mal eine Menge kriminelles Potenzial von der Straße. Und zweitens – das ist der etwas delikatere Teil des Plans – wird die Drogenschwemme mit all den Nebenwirkungen, die man sich leicht an fünf Fingern abzählen kann, die Ansichten in der Bevölkerung verändern. So werden wir ein härteres Vorgehen und eine neue, etwas weniger rücksichtsvolle Anti-Drogen-Politik in weiten Teilen der Bevölkerung durchsetzen.«
Jetzt wieder Barber: »Das ist doch Wahnsinn! Das ist doch irre! Welche kranken Gehirne denken sich so etwas aus?« Pause.
Dann wieder Jenderson: »Und damit sich die Jariz-Leute nicht zu wohl im Big Apple fühlen, päppeln wir ihre Feinde, die Jungs vom Peco-Kartell, ein bisschen hoch. Das geht erfahrungsgemäß immer ganz gut. Da müssen wir uns nicht die Hände schmutzig machen.«
Und dann, immer noch Barber: »Zum Glück habe ich dieses Gespräch aufgezeichnet. Okay, Marc, sobald du das hier hörst: Nimm das Band deines Anrufbeantworters raus und verstecke es irgendwo. Wir werden Jendersons Aussage noch brauchen, vielleicht sogar vor Gericht. Aber vorher verteilen wir den Scheiß fein säuberlich an die Presse, auch im Ausland. Das ist Ihnen doch hoffentlich auch klar, Jenderson.«
Halladay stoppte das Band mit einem Knopfdruck.
Phil und ich sahen uns an, dachten das Gleiche. Ich war es, der es aussprach:
»Gut, Mister Jenderson, jetzt haben Sie uns ein Band vorgespielt, das offensichtlich aus Rickmans Beständen stammt. Aber Rickman ist tot. Wie kommen Sie an das Band eines Toten?«
»Na ja, Agent Cotton, ein bisschen von dem, was die großen Jungs können, das können wir beim Außenministerium auch, verstehen Sie?«
»Die großen Jungs? Wen meinen Sie?«, hakte Phil nach.
»CIA, NSA, wen Sie wollen«, antwortete Jenderson. »Also: Es war kein Problem, das uns sonderlich lange aufgehalten hat, herauszufinden, wer dieses Band hatte. Barber ist ein guter Mann. Lustige Nummer, wie er das Gespräch aufgenommen hat. Er selbst war gar nicht verkabelt und hatte uns auch keine Wanze untergejubelt. Wissen Sie, wie er das Gespräch aufgenommen hat?«
»Nein, sagen Sie’s mir.«
»Er hat es gar nicht aufgenommen. Er hatte einfach mit seinem Handy seinen Freund Rickman angerufen, ohne dass ich das gemerkt hatte. Er wusste genau, dass Rickman nicht zu Hause war.
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