Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
295 - Dunkle Wasser

295 - Dunkle Wasser

Titel: 295 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
Vom Netzwerk:
Spiel. Die Masse würde ihn auf dem Grund des Meeres lebendig begraben. Sie breitete sich immer weiter aus, und wenn sie ihn erst eingeschlossen hatte, würde sie in Mund, Nase und Kiemen dringen. Er kämpfte wie ein Verrückter, benutzte das Messer, um sich loszuschneiden. Aber immer wenn er glaubte, sein Bein freizubekommen, quoll neues Material gegen ihn und verband sich mit seinen Schuppen. Obwohl es nicht schmerzte, war es ein unangenehmes Gefühl, das sein Herz rasen ließ.
    Verzweifelt sah er sich um. Noch immer schienen alle Hydriten der Stadt auf dem großen Platz vor der Throngrotte zu sein. Er hörte das rhythmische Trommeln aus der Ferne und die Jubelrufe. Keiner würde kommen, ihn zu retten.
    War das von Anfang an Dry'tors Plan gewesen? Ihn zu töten, wenn er aus der Trance aufwachen würde?
    Die Angst half Mer'ol, nicht erneut in den Bann des Herrschers zu sinken und sich aufzugeben. Zwar hörte er aus der Ferne einen leisen Ruf, wie das lockende Lied einer Sirene, aber die Furcht vor dem Tod stellte alles in den Schatten.
    Ein Wegschneiden des mutierten Materials war unmöglich; er war einfach zu langsam, immer wuchs die Masse nach.
    Aber er konnte freikommen… wenn er sich das Bein abschnitt.
    Mer'ol war übel, als er das Messer nach oben riss. Sein Magen krampfte sich zusammen und er drohte sich zu übergeben.
    Er konnte es nicht.
    Ein letzter Versuch , sagte er sich. Ein letzter Versuch, dann tue ich es.
    Er glaubte nicht, dass er es wirklich schaffen würde. Wie rasend stach und schnitt er durch das Material. Seine Muskeln brannten vor Anstrengung, aber es gelang ihm nicht, sich zu befreien.
    Er wollte gerade aufgeben, als neben ihm ein dreieckiger Dorn mit scharfen Kanten niederging. Er blickte auf und sah in das bleiche, hellgrüne Gesicht von Armant'la. Sie zerteilte den Rest der Masse, zerrte Mer'ol in den Schatten eines großen Steins und half ihm, die Masse so gut es ging von seinem Bein zu schneiden, ohne ihn zu verletzen.
    Eine Weile arbeiteten sie schweigend. Armant'las Schuppen fühlten sich kalt an, als habe die Mar'os-Kriegerin Untertemperatur.
    »Das wär's«, zischte sie leise, als sie die letzten Reste fortgeschnitten und gegen den Stein geschleudert hatte. Einige Teile der Masse wuchsen dort bedächtig weiter, andere kamen zum Stillstand. Sie packte Mer'ol und zog ihn erneut mit sich. Er war zu benommen und zu dankbar, um sich zu wehren. Sie hatte ihm das Leben gerettet.
    »Woher wusstest du…«, setzte er an.
    »Ich habe dich schreien hören«, klackte sie leise. Sie berührte ihren Bauch, der noch immer schwach blutete. »Ich… ich musste da weg, weg von dem Platz und den ganzen Verrückten. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
    »Das war Dry'tor. Er hat dich beeinflusst.«
    Sie packte ihren Dorn. »Nein«, sagte sie trotzig, aber in ihren Augen erkannte er, wie sehr sie sich fürchtete. Sie kannte die Wahrheit.
    Mer'ol packte ihren Arm. »Armant'la, komm mit mir mit. Nach Hykton. Dort bist du sicher.«
    »Nach Hykton? Zu den Algenfressern? Da ramme ich mir lieber erneut meinen Dorn in den Bauch.«
    Er ließ sie los. »Wie du willst. Aber ich muss fort. Ich bin sicher, das eben war ein Versuch mich umzubringen.«
    Sie sah ihn überrascht an. »Wieso? Das Material hat einen Fehler. Vielleicht sogar eine Krankheit. Das passiert eben, wenn man sich auf diese verschleimte Bionetik einlässt, anstatt sich auf Muskelkraft zu verlassen.«
    Er sah sie mitleidig an und fühlte sich hilflos. Falls Dry'tor sie wegen ihrer Einmischung zur Rechenschaft zog, würde er ihr nicht helfen können. »Glaub, was du willst. Ich verschwinde.«
    Sie wandte sich von ihm ab. »Wie du möchtest.« Ihre Stimme klang gleichgültig. »Du warst nie einer von uns. Von Anfang an nicht. Ich weiß gar nicht, wie du es so lange in dieser Stadt aushalten konntest.«
    Er drehte sich um und verließ Neu-Martok'shimre, ohne ein einziges Mal zurückzusehen.
    ***
    Hykton, im Meerespalast
    »Was willst du dir noch alles bieten lassen?«, keifte E'fah und stemmte ihre Hände erbost in die Seiten. Ihr hellgrüner Scheitelkamm schwoll an. Sie hatte sich den Kamm erst vor wenigen Zyklen mit einem Algenextrakt aufgehellt.
    Quart'ol hielt am Eingang des Empfangssaales inne. Offensichtlich hatte er einen schlechten Zeitpunkt für seine Rückkehr gewählt. Die muskulöse Hydritin mit dem stolzen Blick spuckte Gift und Galle. »Wie weit willst du noch gehen? Siehst du denn nicht, was in Neu-Martok'shimre vor sich

Weitere Kostenlose Bücher