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2x Professor Manstein

2x Professor Manstein

Titel: 2x Professor Manstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Lagerschuppen, auf der rechten freies Feld. Ein einsamer Radfahrer kam ihnen entgegen. Als er sie passierte, klopfte Manstein wie wild an das Fenster. Der Radfahrer schien aber nicht gesonnen, dem auch nur für eine Sekunde Beachtung zu schenken.
    In Manstein wuchs die Wut. Es gab nichts, was er mehr haßte, als in eine Situation gebracht zu werden, aus der es keinen Ausweg zu geben schien. Befand er sich einmal in einer solchen Lage, dann überlegte er regelmäßig solange, bis er schließlich doch einen Weg fand, der Schwierigkeit zu entrinnen. Im Augenblick schien es allerdings besonders aussichtslos. Der Chauffeur hielt sich nicht an die ortsüblichen Geschwindigkeitsregelungen, sondern fuhr die Straße mit einem Tempo von etwa 80 km/h entlang. Offenbar hielt der Mann diese Geschwindigkeit für eine ausreichende Versicherung, den Fahrgast am Aussteigen zu hindern.
    Manstein war jedoch anderer Ansicht. Er holte zunächst tief Luft, bevor er mit der geballten Faust einen blitzschnellen Schlag gegen die Schläfe des Fahrers führte. Selbst für den schärfsten Beobachter hätte es gegen die Schnelligkeit dieses Schlages keine Abwehr gegeben. Der Kopf des Chauffeurs wurde hart gegen die Seitenscheibe geschlagen und durchbrach sie. Im selben Augenblick sprang Manstein über die Rücklehne in den Vordersitz. Der Wagen begann zu schlingern – die Hände des Chauffeurs waren kraftlos herabgesunken. Manstein drückte den bewußtlosen Körper fest gegen die Tür und bediente das Steuer. Die Beine des Chauffeurs, die kraftlos über Gaspedal, Kupplung und Bremse baumelten, schlug er mit einer einzigen Bewegung seines Fußes beiseite. Trotz aller Schnelligkeit konnte er es jedoch nicht verhindern, daß er den Wagen nicht mehr zum Stehen brachte, bevor er gegen die Mauer eines Lagerhauses prallte. Immerhin hatte er es geschafft, die Geschwindigkeit des Autos so zu vermindern, daß der Aufprall keine ernsthaften Folgen mehr hatte. Die Kühlerhaube wurde eingedrückt. Manstein selbst holte sich eine Beule an der Windschutzscheibe.
    Für ein paar Sekunden blieb er benommen sitzen. Dann stieß er die linke Tür nach außen auf und stieg über den immer noch Bewußtlosen hinaus.
    In dieser Straße schien kein Mensch zu leben. Nicht einmal das Geräusch des Aufpralls hatte jemand herbeigelockt. Manstein begann, den Chauffeur zu untersuchen Es schien ihm unbegreiflich, daß er durch den improvisierten Faustschlag so lange bewußtlos sein sollte. Er versuchte, seinen Puls zu fühlen. Er wußte zwar, daß er bisher noch immer in seinem Leben Schwierigkeiten gehabt hatte, den Puls eines Menschen zu finden – aber nach fünf Minuten war er davon überzeugt, daß der Mann vor ihm keinen Pulsschlag mehr hatte.
    Das verwirrte ihn Er sah die Straße auf und ab, konnte jedoch nirgendwo eine Telefonzelle entdecken. Andererseits war die Kühlerhaube des Wagens so sehr eingedrückt, daß jeder Versuch, den Motor zu starten, sinnlos sein mußte. Manstein war es unsympathisch, den Chauffeur solange allein zu lassen. Es könnte sein, daß der Mann Hilfe brauchte – andererseits konnte er ihm keine beschaffen, ohne daß er sich entfernte.
    Manstein vergaß seine akademische Würde und begann zu laufen. Er lief einen Teil der Strecke zurück, die er mit dem Taxi gekommen war. In der nächsten Querstraße bog er nach rechts ab und hatte das Glück, nach etwa zehn Minuten eine Telefonzelle zu finden. Er alarmierte das Unfallkommando. Dann ging er zur Unfallstelle zurück. Der Wagen stand noch so da, wie er ihn verlassen hatte – der Chauffeur lag noch auf dem Sitz. Es war immer noch niemand zu sehen.
    Die Polizei kam schnell. Manstein gab zu Bericht, was er zu sagen hatte, und überließ den Rest der Arbeit der Polizei. Bevor er ging, wandte er sich an den rangältesten Beamten und bat:
    „Ich nehme an, daß diese Geschichte hier Inspektor Grewes von der Kriminalpolizei sehr interessieren wird! Würden Sie die Güte haben, ihn zu benachrichtigen?“
    Der Beamte versprach ihm das, und Manstein machte sich, um ein weiteres unerklärliches Erlebnis reicher, nachdenklich auf den Heimweg.
     
    *                     *
    *
     
    In den nächsten Tagen beschäftigte sich Manstein mit dem Vorschlag, den jener Unbekannte ihm in seinem anonymen Brief gemacht hatte – nämlich die Reifferscheidsche Gleichung umzuarbeiten. Er machte ausgezeichnete Fortschritte bis zu einem gewissen Punkt, von dem aus es einfach nicht mehr weiterzugehen

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