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3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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er, daß die letzte Sinnlosigkeit noch sinnvoll würde, um diese Sinnlosigkeit zu beweisen. Er beugt sich zu dem tobenden Kempe.
    »Horst«, sagt er, »ich nehme unsere letzten Leute mit. Wir hauen ab.«
    Kempe reagiert nicht.
    »Zu dieser Feigheit«, sagt der Fliegerhauptmann, »gehört mehr Mut als ...«
    Kempe springt hoch. Seine Leute wollen ihn zurückhalten. Sie können es nicht. Er hetzt hinter dem Leutnant mit dem Milchgesicht her. Er springt über Stock und Stein. Er tanzt 291
    durch die Artillerieaufschläge. Er windet sich durch russisches MG-Feuer.
    Er erreicht unverletzt den U-Bahnschacht. Hier in Höhlen, Gängen und Kanälen vegetiert die Bevölkerung, die den Modergeruch der U-Bahnschächte dem versengenden Brandodem der einstürzenden Oberwelt vorzieht. Hier, zwischen Bahnsteigen und Schwellen, zwischen Signalen und Weichen, haben Tausende von Frauen, Kindern und alten Männern ihre Matratzen aufgeschüttet, ihre letzte, erbärmliche Habe in Sicherheit gebracht. An Signalmasten hängen säuberlich auf Kleiderbügel gelegte Anzüge, auf den Schienen liegen Kopfkissen. Die Menschen leben wie Heringe in einer Büchse.
    Diese Höhle betritt Sturmbannführer Kempe, der aussieht wie ein Gespenst. So fahl ist sein Gesicht. So starr sein Blick. Als er das jammervolle Bild bis weit in den verdämmernden Tunnel hinein übersieht, weiß er ein paar Sekunden lang nicht, ob er ein Recht hat, diese Menschen auf eine neue Reise in ein unbestimmtes Grauen zu schicken. Ob es nicht für sie besser wäre, wenn ...
    »Alle herhören!« brüllt Kempe. »Die Schächte werden geflutet. Ihr müßt sofort raus! Ehe es zu spät ist! Los, raus!«
    Er ruft es drei-, viermal. Schlaftrunkene Menschen taumeln hoch. Kinder weinen. Frauen schreien auf. Kempes Ruf wird aufgenommen, pflanzt sich fort. Die Panik verebbt hohl und dünn in der Unendlichkeit der Unterwelt, reist schneller, als je eine U-Bahn fuhr. Aber nicht schnell genug.
    Das Wasser kommt. Das Entsetzen treibt Frauen und Greise an die Ausgänge. Einer steht dem anderen im Weg. Das Wasser steigt. In Sekunden spült es hoch.
    Horst Kempe gibt es auf, nach einem Notausgang zu suchen. Er drückt sich in eine Tunnelnische. Er starrt auf die rasende Brühe, in der Menschenleiber treiben, als hätte ein Sadist mit 292
    Handgranaten gefischt. In den gurgelnden und in den toten Gesichtern schwimmt der letzte, winzige Rest von Glaube an ihm vorüber, den er noch für seinen Führer hatte. Ein hilfloses Kind patscht brüllend an ihm vorbei, droht unterzugehen. Der Sturmbannführer faßt es. Das kleine Mädchen hängt zitternd und keuchend an seiner Schulter.
    »Arme kleine Katze«, sagt der Offizier behutsam. Plötzlich preßt er das kleine Mädchen an sich. Plötzlich erinnert er sich, daß er selbst vier Kinder zu Hause, hat Kinder, die der Staat wünschte und zu denen er drängte. Kinder, die Kempe liebt. Kinder, die die Zukunft Deutschlands garantieren sollten. Und Kinder, wie sie vielleicht jetzt auch noch für Hitler sterben müssen, bevor sie noch richtig gehen können. Das kleine Mädchen weint still an seinem Hals. Das Wasser steigt.
    »Onkel«, sagt es auf einmal ganz ruhig, »meine Füße werden naß.«
    »Ja, mein Mädchen«, antwortet Kempe. Er stemmt es höher. Mit einer Hand. Die andere fährt nach dem Koppel mit der Pistole.
    Das Wasser steigt in Brusthöhe. Die Luft wird stickig. Das Mädchen weint wieder.
    »Onkel«, wimmert es, »meine Füße ...«
    Vor den Augen des Sturmbannführers kreist das Wasser. Wie wenig Mensch muß man sein, denkt er, um das Grauen eines solchen Sterbens nicht zu fühlen. Was für ein Ungeheuer muß man sein, um einen solchen Tod zu kommandieren. Auf einmal wünscht er sich, daß Adolf Hitler neben ihm stünde, mit ihm die Schreie der Ertrinkenden hörte, die letzten, wilden Kämpfe sähe, und die Worte des kleinen Mädchens hörte:
    »Onkel, meine Füße sind jetzt patschnaß.«
    Nichts weiter wünscht er dem Führer ...
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    Als Horst Kempe die Flut bis zum Mund steht, läßt er sich einfach nach unten fallen.
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    18. KAPITEL

    Auf einmal war das Standgericht Westroff-Meyer führerlos. Der Obersturmbannführer war verschwunden. Zwischen Nürnberg und Ingolstadt hatte er noch ein paar Soldaten aufhängen lassen. Von da ab war er entschlossen, nur noch an sich zu denken.
    Er nahm den Koffer aus dem Wagen. Der Posten grüßte zackig. Westroff-Meyer dankte jovial. In der Ferne rasselten amerikanische Panzer. In Stunden mußten sie

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