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3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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nickte und sah seltsam unsicher an ihr vorbei, betrachtete die geöffnete Tür ihres Schrankes, registrierte die säuberlich geordnete Wäsche im obersten Fach. Kante auf Kante, wie mit einem Lineal gezogen, zum Appell beim RAD ...
    »Hast du ... etwas zu lesen für mich?« fragte er gezwungen.
    »Etwas zu lesen?« wiederholte Doris lachend.
    Dann suchte sie mit übertriebenem Eifer, kramte hastig zwischen Büchern und Heften, warf alte Illustrierte durcheinander.
    Doris trug einen weißen, flauschigen Bademantel. Klaus kannte ihn, als eine Erinnerung an die Zeit, in der noch nicht alles, und vor allem nicht die Gefühle uniformiert waren. Er verfolgte jede Bewegung. Sie spürte es. Er schluckte, als sie ihm eine Ausgabe des illustrierten Beobachten entgegenhielt. Auf dem Titelbild legte der Führer die Hand auf einen unschuldigen Kinderscheitel. Seine Augen wirkten gleichgültig. Aber die rührselige Unterschrift ließ keinen 100
    Zweifel aufkommen. Klaus Steinbach hatte auf einmal etwas gegen diese Hand. Seine Arme hingen schlaff nach unten.
    »Kennst du es schon?« fragte Doris.
    »Nein«, antwortete er.
    Sie sah zu ihm auf. Die Illustrierte fiel auf den Boden. Hitler lag auf der Nase.
    »Was ist denn, Klaus?« fragte Doris leise.
    Seine Hand legte sich auf ihre Schulter. Auf einmal war ihm heiß, obwohl Westroff-Meyer Kohlen sparte. Er betrachtete ihr Blondhaar und dachte an die Vergangenheit.
    Der Holzschemel wurde zum Klubsessel, zu Hause, in seinem Zimmer. Die bunte, karierte Wäsche der nationalsozialistischen Weltanschauung verwandelte sich in die schottische Decke auf seiner Couch, und diese Nacht wurde zu einer anderen Nacht. Er sah Doris, wie sie war. Er fürchtete, daß sie den Kopf wegdrehen könnte, so wie damals ...
    »Entschuldige«, murmelte er. Er wollte gehen, aber er blieb stehen.
    »Klaus«, antwortete Doris, »willst du mir nichts sagen?«
    Er kam sich jung, ungeschickt und dumm vor.
    Da streichelte sie ihn. Und Klaus Steinbach spürte zum ersten Male in seinem Leben eine solche Zärtlichkeit. Das waren nicht mehr die schüchternen Hände eines jungen Mädchens, das ebensogut an Puppen zupfen konnte. Das waren Hände, die mehr wußten als Zärtlichkeit und Spielerei, Hände, die einen Traum erfüllten: den Wunsch nach Güte und Behutsamkeit.
    Der Fliegeroberleutnant, der kühl zu lächeln pflegte, wenn er im Luftkampf war, hatte Angst, daß seine Augen naß würden. Dann sprach er schnell und wirr.
    »Ich dachte«, sagte er, »ich wollte ... weißt du ... es klingt so albern, aber ich dachte schon die ganzen letzten Tage ... ich 101
    sollte ... aber ich habe ... und jetzt hast du ... hoffentlich glaubst du nicht ...«
    Doris’ Hand blieb stehen. Ihr Mund suchte seine Lippen, dann seine Stirn, dann ertastete er sein Gesicht. Zentimeter für Zentimeter. Ganz langsam. Ganz bewußt. Ihre Augen waren weit offen, als läge sie an einem Sommernachmittag auf einer Wiese und folgte den ziehenden Wolken. Sie schob ihn leicht von sich weg.
    »Wir ... nicht wahr, wir ...«, begann Klaus wieder unbeholfen.
    »Klaus«, erwiderte Doris fest, »wenn sie es hier nicht einmal zerschlagen konnten, dann ...«
    »Nicht zerschlagen?« fragte er zögernd.
    Plötzlich blähten sich seine Lungen mit Luft. Er wollte den Blutstrom, der ihm vom Herzen über den Kopf und dann wieder über den Rücken rauschte, abpressen, aber er konnte es nicht. Er hatte Angst, es könnte so kommen wie damals, an seinem letzten Urlaubstag.
    »Wenn ich, wie damals ...«
    Doris senkte den Kopf. Er sah, wie sie atmete. Dann hob sie die Hand.
    »Klaus«, sagte sie, »wir dürfen keine Angst mehr voreinander haben ...«
    Die Erde schwebte. Seine Füße lösten sich.
    Er wußte nicht mehr, ob er auf sie zuging oder sie ihm entgegenkam ...
    Sie fanden sich wie nie zuvor. Sie hielten sich in den Armen, und es lösten sich Zwiespalt und Zweifel. Die Zeit stand still. Die Sterne kreisten nicht mehr. Das Wunder schlug wie eine Flamme über ihnen zusammen. Die Zeit der Angst war vorbei, die Angst vor der Zeit war verweht. Sie liebten sich. Und ihre Liebe war ohne Zweifel, ohne Ende.
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    »Klaus ...«, sagte Doris. Ihr Atem streifte sein Gesicht. Wie oft hatte sie seinen Namen genannt! Scheu oder verhalten, in Freude und Trauer. Noch nie hatte er ihn so aus ihrem Munde gehört.
    Und so streiften Doris und Klaus des Menschen ewige Einsamkeit ab. Die Minute wurde zur Stunde, und die Stunde kannte keine Minute mehr.
    Das Fenster war geöffnet. Der

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