3. Reich Lebensborn E.V.rtf
mich ein ganzes Leben lang an meine Hochzeit erinnern ...«
»Und?«
»Ja ... an meine Hochzeit, Sturmbannführer ... und nicht an einen Saustall!«
Der Heimleiter stützte sich schwer mit der Hand auf den Tisch. Seine Stimme war gefährlich:
»Wie nennen Sie das?«
94
Klaus sprach ruhig und deutlich:
»Ich bin hierhergekommen, um meine Pflicht zu tun ... Und was habe ich hier angetroffen?«
»Was?«
»Ich halte eine Menge von Wehrbetreuung«, fuhr Klaus fort. Der Spott lächelte in seinem Gesicht. »Aber es gibt ein paar Dinge, da hat sie aufzuhören ...«
»Wehrbetreuung ? «
»Sie wollen mich nicht verstehen, Sturmbannführer ... ich will deutlicher werden ... Ich habe nichts gegen Ihre Rassenhygiene und nichts gegen den Budenzauber des Hauptsturmführers Kempe ... Aber zwischen
Nebelhandgranaten und diesem Zirkus hier ... findet meine Hochzeit nicht statt ... Ich habe nichts dagegen, daß mich meine Freunde zum Standesamt begleiten ... aber die hier ... das sind nicht meine Freunde!«
Ihre Blicke kreuzten sich. Westroff-Meyer bewegte die Zunge im Mund. Dann stieß er sich mit einem Ruck vom Schreibtisch ab. Mit einer lässigen Bewegung nahm er die Heiratsgenehmigung und warf sie achtlos über den Tisch.
»Interessant«, sagte der Sturmbannführer mit tückischem Lächeln. Seine Pupillen wurden zu Eis. »Sehr interessant, Herr Oberleutnant ... Zirkus nennen Sie den Lebensborn? Diese lebensnotwendige Bewegung der edelsten Frauen und Männer unseres Volkes ... dieser Elite, der anzugehören Sie nicht verdienen ...«
»Ich will damit nichts zu tun haben«, knurrte Klaus. »Ich halte nichts von ... Freudenhäusern.«
Jetzt brüllte der Heimleiter los:
»So bezeichnen Sie eine Institution, die der Reichsführer gegründet hat? Herr ... was haben Sie für eine Gesinnung!«
»Ich bin Offizier«, erwiderte Klaus gepreßt.
95
»So.«
»Ich bin Parteigenosse.«
»Aha.«
»Ich bin HJ-Führer.«
»Ich will Ihnen mal was sagen«, fuhr ihn Westroff-Meyer an, »für mich sind Sie ein Schweinehund!«
»Ich bitte Sie, das auf der Stelle zurückzunehmen!«
antwortete der Oberleutnant mit mühsamer
Selbstbeherrschung.
»Zurücknehmen?« wiederholte der Heimleiter höhnisch und hämisch, »mit Ihnen werde ich Fraktur reden ... mit Ihnen fahre ich Schlitten! Verlassen Sie sich darauf!«
Jetzt gefror sein Gesicht. Zu Haß.
»Ich lasse diese Sache nicht auf sich beruhen«, setzte er leise hinzu. »Ich werde ein Protokoll einreichen. Mit Feinden der Bewegung machen wir kurzen Prozeß!«
Klaus klappte lässig die Hacken zusammen. Das neue Vorzimmermädchen betrachtete ihn erschrocken. Die Erleichterung, zu seiner Überzeugung gestanden zu haben, war bei Klaus in diesem Moment größer als die Furcht. Die Billardkugeln klicken. Die blaue Kreide rotiert auf der Tafel. Der weiße Ball rollt über das grüne Feld wie die ruhige Kugel, die Sturmbannführer Westroff-Meyer am Nachmittag schieben läßt. Hauptsturmführer Kempe stützt sich auf seinen Stock.
»Da könnt ihr wat lernen, ihr Flaschen!« sagt er. Er steht wie immer im Rudel seiner neuen Freunde, und wie immer ist seine Umgebung buntgewürfelt und laut, füllt die Zeit mit Langeweile und langweilt sich mit der Zeit. Wenn die Männer unter sich sind, erzählen sie, tauschen Erfahrungen und Witze aus. Ihr Gespräch verstummt, wenn Ruth, die schwarzhaarige Heimsekretärin, durch den Raum kommt. Dann 96
sehen sie ihr alle nach wie einer dunklen Oase in der blonden Monotonie.
Kempe sieht Erika, legt den Billardstock beiseite, grinst sie an.
»Na, mein Mädchen ...«
»Deine Witze waren auch schon besser«, erwidert die Jungführerin.
Eben ist sie Lotte begegnet und schüttelte den Kopf. Die ehemalige Stubenkameradin ist nicht wiederzuerkennen. Sie geht gelockert, fast beschwingt. Ihre Haare flattern wie eine blonde Mähne. Ihre Augen glänzen. Und auf ihren Lippen trägt sie sogar etwas Rouge. Sie und der Untersturmführer Lange sind beinahe ein klassisches Liebespaar geworden. Sie zeigen es offen und natürlich, so daß der Klatsch vor ihnen haltmacht. So sind sie auch jetzt zusammen, im Lesezimmer, wo sie sich kennenlernten.
»Komm, wir bummeln«, sagt Lange.
Dann gehen sie gemeinsam durch den Altweibersommer, eingehängt, wortlos. Lotte atmet tief. Ihr Gesicht brennt. Sie ist glücklich. Sie lehnt an seiner Schulter, wie sie es erträumt hat. Sie geht über einen Blumenteppich, auch wenn nur faules Herbstlaub unter ihren Füßen raschelt. Sie
Weitere Kostenlose Bücher