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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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ausschließlich aus der Erde! Sie weiß auf Anhieb, wo sie dich am schmerzlichsten trifft...«
    »Keine Angst, wir sind ja zusammen«, beruhigte ich ihn. »Zu fünft.«
    Die Jungen - ich zwang mich, in ihnen ausschließlich Wolfsjungen zu sehen - wechselten Blicke. Galja stieß Petja die Faust in die Seite und flüsterte etwas.
    »Was haben sie dir getan?«, fragte Igor mit erhobener Stimme. »Wächter! Das sind Kinder!«
    »Junge Werwölfe«, korrigierte ich ihn. »Die beinahe Kinder gerissen hätten. Möchtest du dich von deiner Schuld freikaufen? Mit einer Verwarnung davonkommen? Dann hör auf, hier sinnlos herumzukläffen!«
    »Wir haben keine Angst, Onkel Igor«, sagte plötzlich der Junge, der Petja hieß.
    »Wir bleiben bei dir!«, stieß mein Namensvetter ins gleiche Horn.
    Mich sahen sie gelassen an, ohne mir etwas übel zu nehmen. Anscheinend hatten sie genau das von mir erwartet. »Sie können noch gar nichts ...«, sagte Igor. »Wächter...«
    »Keine Bange, sie werden die Hexe ablenken. Dafür wäre ich ihnen dankbar. Mutiert jetzt!« Swetlana drehte sich um. Sagte aber kein Wort.
    Wortlos fingen die Werwölfe an, sich auszuziehen. Nur das Mädchen sah sich in ihrer Scham um - und verschwand hinter einem
    Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte ich eine Bauersfrau mit einem Eimer voll Kartoffeln, die den Weg entlangkam. Vermutlich hatte sie die auf dem Feld der Kolchose gesammelt. Als sie sah, was jenseits des Zauns vor sich ging, blieb sie kurz stehen, doch ich konnte mich jetzt nicht weiter um sie kümmern. Ich war sowieso nicht in Hochform, geschweige denn, dass ich noch Kraft an eine zufällige Zeugin vergeuden konnte. Ich musste rennen lernen. Schnell rennen, damit die Werwölfe mich nicht abhängten.
    »Lass mich dir helfen«, sagte Swetlana. Sie fuhr mit der Hand durch die Luft, und ich spürte, wie mein Körper angenehm aufheulte und Kraft in meine Beinmuskeln schoss. Sofort wurde mir dermaßen heiß, als sei ich in eine überheizte Sauna gekommen. Der »Lauf«, ein einfacher Zauber, der jedoch nur äußerst vorsichtig angewendet werden darf. Wenn du außer den Beinen den Herzmuskel erwischst, erleidest du einen Infarkt.
    Neben mir stöhnte Igor heiser auf und krümmte sich auf allen vieren, wobei das Rückgrat, als sei es in zwei Hälften gebrochen, zum Himmel zeigte. Daher rühren alle die Märchen von der Notwendigkeit, über einen morschen Baumstumpf zu springen... Die Haut dunkelte ein, ein grellroter Ausschlag überzog sie, der sich in kleinen Klumpen zu einem feuchten, rasch wachsenden Fell aufblähte.
    »Schneller!«, schrie ich. Heiß und feucht quoll mir die Luft aus dem Mund, ich meinte sogar, wie im Winter den Dampf vom meinem Atem zu sehen. Zu stehen fiel mir unglaublich schwer - mein Körper jieperte nach Bewegung. Einen Trost hatte ich: Den Werwölfen erging es genauso.
    Der große Wolf fletschte die Zähne. Aus irgendeinem Grund mutierten seine Zähne als Letztes. In der Wolfsschnauze sahen die Menschenzähne komisch und zugleich schrecklich aus. Mir schoss plötzlich der seltsame Gedanke durch den Kopf, dass Werwölfe ohne Plomben und Kronen leben müssen.
    Allerdings ist ihr Organismus auch wesentlich stärker als der eines Menschen. Werwölfe kriegen keine Karies.
    »Ge-he-hen wir ...«, bellte der Wolf vernuschelt. »Es ... bre-rerennt.«
    Winselnd rannten die Wolfsjungen zum Wolf, auch sie nass, wie schweißgebadet. Eines hatte noch Menschenaugen, aber mir war nicht klar, ob es sich dabei um einen der Jungen oder um das Mädchen handelte. »Los«, sagte ich.
    Und schoss davon, ohne mich noch einmal zu Swetlana umzudrehen, ohne darüber nachzudenken, ob man uns sah oder nicht. Damit würde ich mich später auseinander setzen. Oder Swetlana würde die Spuren beseitigen.
    Auf den Straßen war niemand, nicht einmal die Frau mit dem Eimer. Ob Swetlana die Menschen in die Häuser getrieben hatte? Falls ja, war das nur gut. Denn es ist ein komischer Anblick: Ein Mensch, der schneller läuft, als die Natur es ihm erlaubt, und vier Wölfe, die ihm folgen.
    Meine Beine trugen mich wie von selbst vorwärts. Die Siebenmeilenstiefel aus den Kindermärchen, der Schnellläufer, der der Gefährte des Barons Münchhausen war - so spiegelt sich diese kleine Magie in den Mythen der Menschen wider. Nur wird in den Märchen nicht gesagt, wie schmerzhaft der Asphalt gegen die Fußsohlen schlägt...
    Innerhalb einer Minute gelangten wir zum Fluss, und über die weiche Erde zu laufen war entschieden

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