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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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kalt und ungemütlich - mit jeder Sekunde verlor ich hier mehr Energie. Was jedoch auch ein Plus bedeutete. Selbst Arina kann sich nicht permanent im Zwielicht aufhalten. Sie kann aus der Menschenwelt in die erste Schicht blicken, doch auch das kostet Kraft.
    Und momentan befindet sie sich nicht in der Lage, unüberlegt den Vorrat von Jahren zu vergeuden.
    In der ersten Schicht entsprach das Profil der Landschaft fast dem der realen Welt. Hier gab es Erde, Bodenrinnen und kleinere Hügel. Aber auch noch was. Ich sah - besser erahnte - in der Erde alte Waffen. Nicht alle, natürlich nicht, sondern nur die, die jemanden getötet hatten. Halb verrostete Maschinenpistolen, kaum besser erhaltene Gewehre ... Die Gewehre überwogen.
    Hundert Meter vor Arina ging ich in die Hocke und lief im Entengang weiter. Swetlanas Zauber wirkte noch, sonst wär mir ziemlich bald die Puste ausgegangen. Fünfzig Meter vor ihr legte ich mich hin und robbte weiter. Der Boden war feucht, ich saute mich sofort ein. Nur gut, dass dieser Dreck abbröckeln würde, sobald ich aus dem Zwielicht heraustrat. Das blaue Moos wogte, wusste nicht, was es jetzt tun sollte: auf mich zukriechen oder sich in Sicherheit bringen. Das war nicht gut. Arina könnte ahnen, weshalb das Moos in Aufregung geriet ...
    Und ganz in der Nähe, fünf Meter vor mir, erhob sich langsam ein schwarzhaariger Kopf. Es sah aus, als wachse Arina direkt aus der Erde heraus. Zu eng und zu dicht bewachsen war dieser Graben... Ich erstarrte.
    Aber Arina blickte nicht in meine Richtung. Ganz, ganz langsam richtete sie sich zu voller Größe auf. Zuvor musste sie am Boden eines dieser alten Schützengräben gesessen haben. Elegant schirmte sie die Augen mit der Hand ab. Mir war klar, dass sie durchs Zwielicht spähte. Zum Glück nicht zu mir hin. Meine unfreiwilligen Rekruten näherten sich.
    Wie schön sie rannten! Selbst aus dem Zwielicht heraus sah ihr Lauf schnell aus, nur bei den Sprüngen hingen sie etwas zu lange in der Luft. Vorneweg das alte, weise Leittier, hinter ihm die Wolfsjungen. Ein Mensch hätte Angst bekommen.
    Arina lachte. Sie stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, eine junge kräftige Ukrainerin, die beobachtet, wie ein leichtsinniger Mann samt seinen Zechkumpanen auf sie zustürmt. Als sie anfing zu reden, schwangen tiefe, hohle Töne durch die Luft. Sie hatte keine Eile, ins Zwielicht einzutreten. Ich begab mich jetzt ebenfalls in die Menschenwelt.
    »... Kläffhälse!«, klang es zu mir herüber. »Habe ich euch etwa schlecht gefüttert?«
    Die Wölfe trabten jetzt nur noch. Sie hielten zwanzig Meter vor Arina an.
    Der Leitwolf trat vor. »Hexe!«, bellte er. »Reden ... wir müssen reden!« »Sprich, Grauer«, sagte Arina gutmütig.
    Lange würde Igor die Hexe nicht ablenken können, das wurde mir klar. Jeden Augenblick könnte sie ins Zwielicht abtauchen und sich ordentlich umsehen. Wo war Nadjuschka?
    »Gib... das Mädchen... raus«, stieß der Wolf in einer Mischung aus Gebrüll und Heulen heraus. »Der Lichte ... tobt ... Gib das Mädchen raus... sonst wird alles schlimmer...«
    »Du willst mir doch nicht irgendwie drohen?«, wunderte sich Arina. »Du bist ja völlig verrückt geworden. Wer würde schon Wölfen ein Mädchen anvertrauen? Macht lieber, dass ihr fortkommt!« Komisch, sie schien irgendwie auf Zeit zu spielen.
    »Das Kind ... ist in Ordnung?«, brachte der Wolf etwas deutlicher hervor.
    »Nadenka, ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte Arina, wobei sie nach unten spähte. Dann beugte sie sich hinunter und hob das Mädchen aus dem Graben, um es oben auf den Boden abzusetzen.
    Mir stockte der Atem. Nadjuschka sah überhaupt nicht verschreckt oder müde aus. Ihr schien zu gefallen, was hier passierte - und zwar weitaus besser als die Spaziergänge mit ihrer Oma. Aber sie stand nah, viel zu nah an der Hexe!
    »Ein kleiner Wolf«, sagte Nadja und betrachtete den Tiermenschen. Sie streckte die Patschhand nach ihm aus und lachte fröhlich. Der Werwolf wedelte mit dem Schwanz!
    Freilich, das dauerte nur ein paar Sekunden. Dann spannte Igor sich an, sträubte sein Fell - und vor uns stand wieder ein wildes Tier, kein Schoßhund. Trotzdem hatte es diesen Moment gegeben, in dem der Werwolf vor einem zweijährigen Mädchen, vor einer nicht initiierten Anderen, scharwenzelt hat!
    »Ein Wolf«, pflichtete Arina ihr bei. »Nadenka, guck doch mal, wer noch da ist. Mach die Augen zu und guck. So, wie ich es dir beigebracht habe.«
    Bereitwillig deckte

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