3 - Wächter des Zwielichts
das? Nichts! Es sei denn, jemand hat gesehen, wer den Brief vor drei Tagen eingesteckt hat. Die Chancen, dass er sich daran erinnerte, standen natürlich nicht gerade gut...
Ich Idiot! Ich schlug mir sogar gegen die Stirn. Natürlich denkt ein Anderer nicht an die moderne Technik, denn die Anderen lieben komplizierte Technik nicht. Aber ich bin immerhin ein Computerfreak!
Das gesamte Territorium des Assol wird durch Videokameras überwacht!
Ich zog meinen Anzug an und band mir die Krawatte um. Bespritzte mich mit dem Eau de Cologne, das Ignat gestern für mich ausgesucht hatte. Steckte das Handy in die Innentasche ... »Nur kleine Jungs und Verkäufer tragen das Handy am Gürtel!« So hatte Geser es mir beigebracht.
Das Handy war auch neu, ungewohnt. Mit irgendwelchen Spielen, eingebautem Player, einem Diktiergerät und weiterem in einem Telefon absolut überflüssigen Kram.
In der angenehm kühlen Stille des funkelnagelneuen Otis fuhr ich ins Vestibül hinunter. Und stieß als Erstes auf meinen nächtlichen Bekannten. Der jetzt noch seltsamer aussah...
Lass, in einem neuen Blaumann mit dem stolzen Aufdruck »Assol« auf dem Rücken, erklärte einem bedripsten älteren Mann, der genau so einen Overall trug, etwas. »Das ist kein Besen, verstehst du das denn nicht?«, klang es zu mir herüber. »Da ist ein Computer, der dir das Niveau der Verschmutzung des Asphalts anzeigt und dir sagt, welchen Druck das Spülwasser haben muss... Ich zeig's dir einfach...« Meine Beine trugen mich den beiden von selbst hinterher.
Vor dem Hauseingang standen zwei grell orangefarbene Kehrfahrzeuge. Mit Wasserbehälter, Tellerbürsten und kleiner Glaskabine für den Fahrer. Die Wagen beschworen die Erinnerung an ein Spielzeug herauf, als kämen sie direkt aus einem Märchenland, wo kleine Jungen und Mädchen fröhlich ihre Miniaturboulevards säuberten.
Geschickt kroch Lass in das Fahrerhäuschen eines der Wagen, der ältere Mann zwängte sich ebenfalls halb hinein. Er ließ sich von Lass etwas erklären, nickte und ging zu dem zweiten orangefarbenen Fahrzeug.
»Wenn du eine ruhige Kugel schieben willst, solltest du dein Leben lang irgendwo schwarz als Hausmeister arbeiten!«, vernahm ich Lass' Worte. Sein Fahrzeug setzte sich in Bewegung, die Bürsten kreisten munter, und er drehte seine Runden über den Asphalt. Der Hof, ohnehin sauber, nahm im Handumdrehen ein steriles Aussehen an. Hast du Töne! Was bedeutete das? Arbeitete Lass als Hausmeister im Assol?
Ich versuchte, mich leise davonzustehlen, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen. Doch Lass hatte mich bereits entdeckt, winkte mir fröhlich zu und fuhr mir entgegen. Die Bürsten brummten jetzt leiser.
»Einen wunderschönen Morgen!«, rief Lass und steckte den Kopf zum Fenster des Fahrerhäuschens raus. »Willst du's mal probieren?«
»Du arbeitest hier?«, fragte ich. Urplötzlich malte ich mir die phantastischsten Bilder aus: Lass wohnte überhaupt nicht im Assol, sondern hatte sich nur in einer der vorübergehend leeren Wohnungen eingenistet. Schließlich würde jemand, dem in einem solchen Luxusschuppen eine Wohnung gehörte, nicht den Hof kehren!
»Ich verdien mir was zu«, erklärte Lass ruhig. »Das ist ziemlich cool, musst du wissen! Morgens fährst du ein Stündchen über den Hof, als Frühsport sozusagen - und dafür bekommst du auch noch Geld. Und zwar nicht zu wenig!« Ich hüllte mich in Schweigen.
»Gefallen dir die Sachen beim Rummel?«, fragte Lass. »Diese Skooter, bei denen du für drei Minuten zehn Dollar zahlst? Und hier kriegst du sogar noch was dafür. Für dein eigenes Vergnügen. Oder nehmen wir mal die Computerspiele ... Du sitzt da, fuhrwerkst mit dem Joystick herum...«
»Alles hängt davon ab, ob sie dich zwingen, den Zaun zu streichen ...«, murmelte ich.
»Eben!«, triumphierte Lass. »Mich zwingt niemand. Mir macht es Spaß, den Hof zu fegen. Genau wie damals Lew Tolstoi das Heumähen. Nur muss mir niemand hinterherfegen, im Unterschied zum Grafen, bei dem die Bauern immer noch mal nachschneiden mussten ... Ich bin hier eh gut angesehen und bekomme regelmäßig eine Prämie. Was ist nun, willst du 'ne Runde drehen? Ich kann dir übrigens auch was organisieren, wenn du willst. Professionelle Hausmeister kommen mit dieser Technik einfach nicht klar.«
»Ich denk drüber nach«, antwortete ich und beäugte die Bürsten, die sich munter drehten, das Wasser, das aus vernickelten Düsen spritzte, das funkelnde Fahrerhäuschen. Wer von uns
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