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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Moos. Gleichsam als falle die Erstarrung nun von den Jungen ab, rannten sie panisch zu dem Wolf hin, krochen unter seinen Bauch. Drei Kräuter und Birkenrinde, Dazu Wolfsbeeren, nicht gelinde, Ein paar Tropfen Blut, ein paar Tränen Und Ziegenfell, der Haare Strähnen... Gerührt, geknetet, einerlei - Mein Sud steht mir noch später frei. Der Wolf wich zurück, seine Jungen taten es ihm nach. Feierlich fuhr die Frau fort: Für dich da heißt's jedoch, Dass jeder Zauber sich aus dir verkroch! Wie vier graue Blitze - ein großer und drei kleine - schossen die Tiere von der Lichtung fort ins Gebüsch. Durch die Luft wirbelten Büschel grauen Fells. Es roch so stark nach Hund, als sei hier nach einem Regenguss ein ganzes Rudel vorbeigekommen. »Si-sind Sie eine He-hexe, Tante?«, fragte Romka ganz leise.
    Die Frau lachte. Sie trat an ihn heran und nahm seine Hand. »Gehen wir.« Die Hütte stand durchaus nicht auf Hühnerbeinen, was Romka sehr enttäuschte. Ein ganz normales Holzhäuschen mit kleinen Fenstern und einem winzigen Flur.
    »Wo ist Ihr Da-dampfbad?«, fragte Romka, während er den Kopf in alle Richtungen drehte.
    »Wozu brauchst du ein Dampfbad?«, lachte die Frau. »Möchtest du dich waschen?«
    »Sie mü-müssen erst das Da-dampfbad anheizen, dann uns füt-füttern, und erst danach können Sie uns aufessen«, erklärte der Junge völlig ernst.
    Xjuscha packte ihn bei der Hand. Doch die Frau war nicht gekränkt. »Verwechselst du mich mit der Hexe Baba-Jaga?«, fragte sie lachend. »Aber vielleicht erlässt du es mir, das Dampfbad anzuheizen? Ich habe sowieso keins. Und essen werde ich euch auch nicht.« »G-gut«, freute sich Romka.
    Auch im Haus erinnerte nichts an das Zuhause der von sich selbst so eingenommenen Baba-Jaga. An der weißen Wand tickte eine Uhr, an der Decke hing eine prachtvolle Lampe mit Samttroddeln, auf einem wackeligen Regal stand ein Fernseher der Marke Philips. Es gab einen russischen Ofen, der jedoch derart mit allerlei Krimskrams zugestopft war, dass kein Zweifel aufkommen konnte: Hier wurden schon seit langer Zeit keine tapferen Recken und kleinen Kinder mehr gebacken. Das Einzige, was solide und geheimnisvoll aussah, war der große Bücherschrank mit den alten Bänden. Xjuscha ging zum Schrank und betrachtete die Rücken. Ihre Mutter sagte stets, ein intelligenter Mensch müsse sich in einer fremden Wohnung zunächst die Bücher des Gastgebers und erst danach den Rest ansehen.
    Die Bücher waren abgenutzt, die Titel kaum zu lesen. Und das, was Xjuscha lesen konnte, war zwar auf Russisch geschrieben, aber trotzdem völlig unverständlich. Ihre Mutter hatte ebenfalls solche Bücher: Helminthologie, Ethnogenese ... Xjuscha seufzte und ging vom Schrank weg.
    Romka hatte sich bereits an den Tisch gesetzt, die Hexe goss ihm gerade mit Wasser aus einem weißen Elektrokessel Tee auf.
    »Möchtest du einen Tee?«, fragte sie freundlich. »Der ist lecker, ich mache ihn aus Waldkräutern...«
    »Le-lecker«, bestätigte Romka, obwohl ihm eher daran gelegen war, einen Kringel in Honig zu stippen, als Tee zu trinken. »Ss-setz dich, Xjucha.« Xjuscha setzte sich, ließ sich höflich eine Tasse geben.
    Der Tee schmeckte in der Tat gut. Die Hexe trank ebenfalls davon. Lächelnd betrachtete sie die Kinder.
    »Und wir verwandeln uns auch nicht in Ziegen, wenn wir den Tee trinken?«, fragte Romka plötzlich. »Warum solltet ihr das?«, wunderte sich die Hexe.
    »Weil Sie uns verzaubern«, erklärte Romka. »Weil Sie uns in Ziegen verwandeln und dann aufessen.«
    Allem Anschein nach brachte er der geheimnisvollen Retterin kein uneingeschränktes Vertrauen entgegen.
    »Und warum sollte ich euch erst in stinkende Ziegen verwandeln, bevor ich euch esse?«, empörte sich die Hexe. »Wenn ich euch essen wollte, dann würde ich euch auch ohne jede Verwandlung essen. Du solltest dir weniger von Rou ansehen, mein Junge!«
    Romka blähte die Wangen und trat Xjuscha mit dem Fuß. »Wer ist Rou?«, flüsterte er.
    Xjuscha wusste es nicht. »Trink deinen Tee und halt den Mund!«, zischte sie. »Das ist irgendein Zauberer...«
    Sie verwandelten sich nicht in Ziegen, der Tee schmeckte gut, der Honig und die Kringel noch besser. Die Zauberin befragte Xjuscha nach ihren Leistungen in der Schule. Sie pflichtete ihr bei, dass die vierte Klasse einfach grauenvoll war, mit der dritten überhaupt nicht zu vergleichen. Sie schimpfte Romka aus, weil er seinen Tee schlürfte. Und sie wollte von Xjuscha wissen, seit wann

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