3 - Wächter des Zwielichts
Romka schon stotterte. Dann erzählte sie, dass sie keine Zauberin sei. Sie sei Botanikerin und sammle im Wald allerlei seltene Kräuter. Und natürlich wisse sie, welche Kräuter Wölfe wie das Feuer fürchteten.
»Und warum hat der Wolf gesprochen?«, fragte der misstrauische Romka.
»Er hat doch nicht gesprochen«, widersprach die Zauberin oder Botanikerin aufs heftigste. »Er hat gebellt, und euch ist es nur so vorgekommen, als habe er etwas gesagt. Meint ihr nicht auch?«
Xjuscha überlegte kurz und kam dann zu dem Schluss, es müsse in der Tat so gewesen sein.
»Ich bringe euch bis zum Waldrand«, erklärte die Frau. »Von dort aus könnt ihr das Dorf schon sehen. Kommt nicht mehr in den Wald, sonst fressen euch die Wölfe doch noch auf!«
Romka dachte nach und schlug der Frau vor, ihr bei der Kräutersuche zu helfen. Damit die Wölfe sie dabei nicht anrührten, müsste die Frau ihm ein spezielles Kraut gegen Wölfe geben. Und vorsichtshalber auch noch gegen Bären. Und vielleicht auch noch gegen Löwen, denn der Wald hier sei ganz genauso wie der in Afrika.
»Du bekommst keine Kräuter!«, widersprach die Frau streng. »Das sind seltene Kräuter, die ins Rote Buch eingetragen sind. Die darf man nicht einfach ausreißen.«
»Ich weiß, was das Rote Buch ist«, freute sich Romka. »Sagen Sie doch bitte...«
Die Frau sah auf die Uhr und schüttelte den Kopf. Unverzüglich meinte die gut erzogene Xjuscha, es sei jetzt wohl Zeit für sie zu gehen.
Für den Rückweg bekamen die Kinder eine Honigwabe. Die Frau brachte sie bis zum Waldrand, den sie so schnell erreichten, als renne der Pfad ihnen in unter den Füßen davon.
»Setzt keinen Fuß mehr in den Wald!«, schärfte die Frau ihnen noch einmal ein. »Wenn ich nicht in der Nähe bin, frisst euch der Wolf.«
Als sie den Hügel zum Dorf hinunterkletterten, blickten die Kinder mehrmals zurück.
Am Anfang stand die Frau noch da und schaute ihnen hinterher. Dann war sie verschwunden. »Es ist doch eine Hexe, oder, Xjucha?«, wollte Romka wissen.
»Sie ist Botanikerin!«, verteidigte Xjuscha die Frau. Und dann fiel ihr etwas auf. »Du stotterst nicht mehr!«
»Do-do-doch!«, alberte Romka. »Ich konnte auch früher schon ohne zu stottern sprechen, das habe ich nur zum Spaß gemacht!«
Eins
Wer hat eigentlich behauptet, frisch gemolkene Milch sei lecker?
Das geht anscheinend schon in der ersten Klasse los. Mit der Ersten Fibel, in der die ach so leckere frische Milch gepriesen wird. Und die naiven Stadtkinder glauben das dann.
Tatsächlich schmeckt frisch gemolkene Milch höchst eigenwillig. Ja, nach einem Tag im Keller, kalt geworden, da sieht die Sache schon anders aus. Dann können sie sogar die Geschlagenen trinken, die an einem Mangel an Verdauungsenzymen leiden. Von denen es im Übrigen gar nicht so wenige gibt. Nach Dafürhalten von Mütterchen Natur bräuchten erwachsene Menschen nämlich keine Milch zu trinken, sondern nur Kinder... Doch die Menschen hören selten auf die Meinung der Natur. Noch seltener tun es die Anderen.
Ich langte nach dem Krug und goss mir ein weiteres Glas ein. Kalte Milch, mit Schaum ... Warum der Schaum durch das Erhitzen wohl so eklig wird, während er bei frischer Milch am besten schmeckt? Ich nahm einen großen Schluck. Genug, für Swetka und Nadjuschka musste auch noch was übrig bleiben. Im ganzen Dorf - keinem kleinen Dorf, sondern einem mit fünfzig Häusern! - gab es nur eine Kuh! Aber immerhin gab es eine ... Und ich hatte den starken Verdacht, dass die alleinstehende Kuh ihren reichen Ertrag Swetlana zu verdanken hatte. Tante Sascha, eine vierzig Jahre alte Bäuerin, Besitzerin der Kuh Raika, des Ebers Borka, des Ziegenbocks Mischka und einer kleinen namenlosen Vogelschar, bildete sich grundlos etwas darauf ein. Swetlana wollte einfach, dass unsere Tochter richtige Milch trank. Deshalb blieb die Kuh von allen Krankheiten verschont. Tante Sascha hätte sie mit Sägespänen füttern können - Raika wäre nichts passiert!
Nein, richtige Milch, das ist schon was Feines. Selbst wenn die Reklamehelden mit Tetrapacks ins Dorf fahren und mit strahlendem Funkeln in den Augen immer wieder »echte Milch!« sagen. Das müssen sie. Dafür bekommen sie ihr Geld. Und auch die Bauern, die schon seit langem und unwiderruflich vergessen haben, wie man Vieh hält, haben es jetzt leichter. Sie können auf Demokraten und Städter schimpfen, brauchen aber keine Kühe zu weiden.
Nachdem ich das leere Glas abgestellt hatte,
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